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Mitten in der großen Krise. Ein »New Deal« für Europa (German Edition)

Mitten in der großen Krise. Ein »New Deal« für Europa (German Edition)

Titel: Mitten in der großen Krise. Ein »New Deal« für Europa (German Edition)
Autoren: Stephan Schulmeister
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ermöglichen die Wachstumseffekte des »New Deal« eine nachhaltige Konsolidierung des Staatshaushalts, da die Arbeitslosigkeit sinkt und die Steuereinnahmen steigen.
    Im Folgenden sollen nur knapp einige konkrete Maßnahmen angeführt werden, die den Kriterien einer Haushaltskonsolidierung bei einer expansiven Politik (»New Deal«) entsprechen und kurzfristig realisiert werden können (vorausgesetzt, der politische Wille ist vorhanden):
Einführung einer generellen Finanztransaktionssteuer (siehe Abschnitt 14.4).
Erhöhung der Besteuerung von Finanzkapitalerträgen an der Quelle auf 35 Prozent.
Abgabe auf die in Wertpapierdepots liegenden privaten Finanzvermögen in Höhe von einem Prozent.
(Temporäre) Erhöhung des Spitzensteuersatzes für Jahreseinkommen über 100.000 Euro auf 60 Prozent.
Aufhebung der Höchstbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung.
Einführung bzw. Erhöhung einer allgemeinen Vermögenssteuer sowie der Erbschaftssteuer für Nettovermögen über eine bestimmten Grenze, bei einer Familie mit zwei Kindern 250.000 Euro (siehe dazu ein einfaches Konzept in Schulmeister, 2006).
    All diesen Maßnahmen ist gemeinsam, dass sie auf rasche und einfache Weise die Einnahmen »unseres Vereins« erheblich erhöhen und ihm damit die Möglichkeit geben, die Hauptprobleme Arbeitslosigkeit, Staatsverschuldung, Armut und Klimawandel gemeinsam und nachhaltig zu bekämpfen.
    Gleichzeitig würden diese Maßnahmen – egal, welche Kombination von der Politik gewählt wird – die Gesamtnachfrage, insbesondere den Konsum – nicht nennenswert dämpfen.
    Die Verteilung der Konsolidierungslast ist in dem Sinn »unfair«, als sie die Einkommensstärksten und Reichsten überproportional trifft, genau deshalb ist sie aber in einem anderen Sinn »fair«: Diese Personen haben in den vergangenen zwanzig Jahren die höchsten Einkommenszuwächse erzielt, sie haben am meisten von der Bankenrettung profitiert und sie können sich höhere Beiträge an »unseren Verein« am ehesten leisten. Konkret mögen die Leistungsträger folgende Gedanken in Erwägung ziehen:
Wer von jenem Teil, um den sein Einkommen 100.000 Euro (Bemessungsgrundlage!) übersteigt, 60 Prozent in die »Vereinskasse« zahlt, kann das verkraften.
Noch leichter ist ein Beitrag von einem Prozent vom Finanzvermögen oder von 0,5 Prozent vom Gesamtvermögen über 300.000 Euro zu tragen. Allein an Ausgabeaufschlägen bei Investmentfonds und sonstigen Transaktionskosten verrechnet der Finanzsektor ein Mehrfaches – ganz zu schweigen von den Verlusten, die einem der freie Markt beschert und die man ja auch schluckt.
Auch für die Wohlhabenden lebt es sich besser in einer Gesellschaft, in der Ungleichheit und Armut in Grenzen gehalten werden, in der man jede(n) in Not grundversorgt weiß, und zwar auch (und gerade) dann, wenn man dafür etwas mehr zum Gemeinschaftlichen beiträgt.
Anders gesagt: Solidarität ist auch eine Form von Eigennutz, nämlich in unserer Eigenschaft als soziale Wesen, und das sind wir ja auch, nicht nur Einzelne (»unseres Unglücks Schmiede«).
Konkret erinnert: In den 1960er und 1970er Jahren war zwar der »Gesamtkuchen« ( BIP ) viel kleiner als heute und die Wohlhabenden mussten etwas mehr beisteuern, aber auch ihnen ging es damals besser. Man musste sich nicht so große Sorgen machen um so viel Geld, auch macht es das Leben annehmlicher, wenn man nicht alle 50 Meter einem Bettler begegnet.
    Alles Wirtschaftliche, die Herausforderungen der Konkurrenz und die Mühen des Überlebens, die Freude über den Erfolg und die Bitterkeit über die Entlassung, die Suche nach Ausgleich zwischen Arbeit und Realkapital und die Kämpfe zwischen ihren Interessen, die individuelle Entfaltung und die Organisation des Gemeinschaftlichen, all dies ist nicht Selbstzweck. Auch hohes Wirtschaftswachstum, Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit oder innovative Dynamik sind keine eigenständigen Ziele.
    Letztlich dient ökonomisches Handeln als Unternehmer, als Arbeitnehmer und als Politiker nur einem Zweck: Die Bedingungen zu Schaffen, dass »gut Leben« gelingen kann, als Individuum wie als soziales Wesen. Derzeit ist die Bekämpfung der Hauptprobleme Arbeitslosigkeit, Staatsverschuldung, Armut und Klimawandel das wichtigste Zwischenziel in Europa.
    Das zweite Zwischenziel: die gesellschaftliche Identität als Europäerinnen und Europäer stärken. Wir sind keine (Ein-)Wanderungsgesellschaft, »Jeder ist seines Glückes Schmied« kann nicht unser Leitmotiv sein,
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