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Mittagessen Nebensache

Mittagessen Nebensache

Titel: Mittagessen Nebensache
Autoren: Mary Scott
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ich das
voraussehen müssen. Tim war sein alter Freund, mit dem er den Krieg und noch so
manche Wechselfälle des Lebens durchgestanden hatte. Wir hatten schon öfter
resigniert festgestellt, daß diese drei — Paul, Sam und Tim — sich miteinander
gegen die ganze Welt verschwören würden, wenn sich die Notwendigkeit dazu
ergeben sollte. Sogar gegen die eigenen Frauen.
    »Welches Recht hatte sie, sich
derartig zu benehmen? Tim ist der beste Kerl auf der Welt und auch der beste
Ehemann. Einfach so davonzulaufen und ihn im Ungewissen zu lassen! Schließlich
ist es ja sein Kind, das demnächst geboren werden soll.«
    »Vielleicht darf ich darauf
hinweisen, daß es auch ihr Kind ist. Im Augenblick vielleicht mehr als seins.«
    »Mir jedenfalls erscheint diese
Haltung sehr egoistisch. Ausgerechnet Anne! Wie sehr man sich doch in einem
Menschen täuschen kann!«
    »Du scheinst vergessen zu
haben, wie sie sich damals benahm, als sie den Wünschen ihres Vaters zum Trotz
Tim heiratete.«
    »Das war doch etwas völlig
anderes.«
    »Natürlich, das, was damals
geschah, war ja zu Tims Gunsten. Aber laß es dir gesagt sein, auch was sie
heute getan hat, geschah zu Tims Gunsten. Schließlich mußte sie endlich dieser
erstickenden Atmosphäre ein Ende machen. Sie hofft, daß ein ordentlicher Krach
die beiden Männer zur Vernunft bringen wird.«
    »Aber ich finde es
unvernünftig, ganz einfach unvernünftig. Sie hat sich benommen, wie — nun ja,
eben völlig hysterisch. Ich begreife überhaupt nicht, wieso. Schließlich lag
für eine solche Handlungsweise wirklich kein Grund vor.«
    Das gab mir den Rest. Ich
rauschte hinaus, schloß mich in mein Zimmer ein und warf mich aufs Bett. Ich
hatte alles restlos satt, ganz besonders satt aber sämtliche Ehemänner. Die
Grippe plus die Aufregung der letzten Tage plus die eigenen aufgestauten
Gefühle — es war einfach zuviel .
    Aber als Paul eine halbe Stunde
später mit der unvermeidlichen Tasse starken schwarzen Tees an meine Tür
klopfte, konnte ich ihm versichern, daß es keine Hysterie war. Mit Hysterie
hatte es wirklich rein gar nichts zu tun.
    Als ich ihm alles erzählt
hatte, wurde er sehr demütig und sehr zärtlich.
     
     

19
     
    »Da soll einer behaupten, daß
man auf dem Lande ein friedliches Leben führt«, brummte Paul am Abend. »In den
letzten Tagen ging es ja drunter und drüber. Du siehst aus wie ein
ausgewrungener Putzlappen. Das geht so nicht weiter.«
    Ich nickte, obwohl ich
wünschte, daß er nicht immer so abscheuliche Vergleiche ziehen würde. Aber
dieser Tag war bestimmt alles andere als friedlich gewesen.
    Wir hatten uns kaum zu einem
späten und ziemlich hastig zubereiteten Mittagessen niedergelassen, als Tim
erschien. Er kam ohne jedes Wort hereinmarschiert und übersah völlig die
leidenschaftliche Begrüßung meines Sohnes.
    »Habt ihr sie gesehen? Ich habe
gerade den Zettel gefunden. Sie ist weg.«
    »Ja, ich habe sie gesehen. Es
geht ihr gut. Nun starre mich nicht so an, Tim. Ich habe nichts damit zu tun,
und ich möchte dir nochmal versichern, daß es ihr gut geht.«
    »Was hat sie denn gesagt? Was
ist mit ihr los? Oh, Tag Paul. Entschuldige, Christopher, alter Knabe. Ei, hast
du aber ein leckeres Mittagessen. Nun sei schön brav und iß alles auf.«
    Dieser Versuch, seinem kleinen
Gast von neulich mit Höflichkeit zu begegnen, mußte ihn eine enorme Anstrengung
kosten. Ich war gerührt. Tim tat mir überaus leid, noch viel mehr leid als
Anne. Paul warf mir einen besorgten Blick zu. »Hör mal, Tim, wie wär’s, wenn du
ein paar Bissen mitißt ? Dann können wir alles in Ruhe
besprechen. Du weißt ja, Susan ist noch nicht ganz auf der Höhe.«
    Er wollte sich nicht hinsetzen.
    »Ich kann es nicht verstehen«,
murmelte er. »Ich bin wie vor den Kopf geschlagen. Was ist eigentlich passiert?
Was ist in ihrem Kopf vorgegangen? Sie hat doch immer gesagt, daß sie alles
hat, was sie sich wünscht, und daß sie mit niemandem tauschen möchte. Und nun
ist sie auf und davon. Gerade in dem Augenblick, in dem sie zu mir gehört.«
    »Ich kann gut verstehen, was du
gefühlt hast, und es wäre natürlich ein Segen gewesen, wenn der Colonel sich
anders verhalten hätte. Aber er ließ sie nie allein, und dadurch verdarb er
alles. Du weißt doch, wie sehr sie sich auf das Kind gefreut hat. Aber sie
wollte kein Aufhebens darum gemacht haben, sie wollte nicht dauernd
verhätschelt und bewacht werden, so, als ob sie nicht imstande sei, das
fertigzubringen, was für uns
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