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Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)

Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)

Titel: Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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Erwachsenenbildung zu ihren Teilnehmern, für die Verkäufer(innen) zu ihren Kunden. – Dasselbe gilt für das Privatleben: Vor allem dadurch, dass viele Frauen angefangen haben, ihre Stimme selbstbewusster zu erheben, ist das Kommunikationsverhältnis der Geschlechter dabei, sich auffällig zu verändern. Die alte «Arbeitsteilung»: der gefühlsmäßig distanzierte Mann dominiert mit überlegener Verstandesbetonung und belehrender Herablassung, seine Oberhand notfalls mit Imponiergehabe und Aggressivität sicherstellend – die Frau nimmt beipflichtend und voller Hingabe die unterlegene Position ein, sich selbst zurücknehmend und den Partner aufbauend, gelegentlich durch den Ausdruck von Gefühlen für Lebendigkeit und Intimität sorgend –, diese traditionelle Arbeitsteilung «läuft» nicht mehr. Und die neuen Formen der Partnerschaftlichkeit funktionieren oft noch nicht, da sie nicht tiefgreifend genug verinnerlicht sind: Bei dem Holz, aus dem wir beide, Frau und Mann, geschnitzt (worden) sind, kommt unter dem neuen Firnis immer wieder die alte Maserung durch.
    Infolgedessen hat die Kommunikationspsychologie ihren Siegeszug durch die Erwachsenenbildungseinrichtungen gehalten, und ob ich es nun mit einem Verkehrspolizisten oder einer Postbeamtin, mit einer Stewardess oder mit einem Vorgesetzten zu tun habe – die Wahrscheinlichkeit, mit einem/r «Geschulten» zu sprechen, ist sehr hoch. Ein ungutes Gefühl, das uns hier beschleicht? Ist der zwischenmenschliche Kontakt längst eine Domäne der Professionalisierung, Psychologisierung, Perfektionierung geworden? Oder ist hier ein aussichtsreicher Weg zur besseren menschlichen Verständigung eingeschlagen worden, deren es im Privaten, Beruflichen und Politischen dringend bedarf?

    Ich hatte 1981 in «Miteinander reden» (Band 1) die kommunikationspsychologischen Angebote verschiedener Schulen zu einer Gesamtschau integriert und für die Praxis formuliert. Unter der Leitidee «Von der Verhaltenskosmetik zur Entwicklung der Person» habe ich deutlich zu machen versucht, dass die Humanistische Kommunikationspsychologie nicht «eine neue Art zu reden», sozusagen eine Perfektionierung der Sprechblasen, will, sondern eine Anleitung bereithält, die inneren Voraussetzungen des Dialogs zu erweitern. Was ist nun dabei herausgekommen? Sind wir ehrlicher, verstehender, dialogischer geworden? Haben wir zuzuhören gelernt und sind wir fähig geworden, hinter dem Gesagten das Gemeinte zu erspüren und darauf einzugehen? Haben wir mehr Mut bekommen, zu uns selber zu stehen und klar auszudrücken, was wir denken, fühlen und wollen? Oder haben wir einfach ein paar neue Musterschüler gezüchtet, die das «Psychodeutsch» als neue Fremdsprache beherrschen und mit der alten Prunksucht im Alltag zelebrieren?
    Überwiegt vielleicht doch das Elend der Geschulten , das darin besteht, dass mangelnde persönliche Substanz mit in Schnellkursen andressierten «Gesprächstechniken» überdeckt wird?
    Eine groß angelegte empirische Untersuchung darüber steht noch aus. Nach meinem Eindruck trifft in einer ambivalenten Mischung dies alles gleichzeitig ein wenig zu. Man wird dann hinsichtlich der Menschen und der gesellschaftlichen Kontexte differenzieren müssen.

    Schon jetzt scheint es mir aber möglich und nötig, die Kommunikationspsychologie selbst einer Teilrevision zu unterziehen. Aus der richtigen Einsicht heraus, dass die Aufgabe der Kommunikationspsychologie nicht nur im Erklären besteht (zum Beispiel wie es zu typischen Störungen kommt), sondern auch im Gestalten (wie man denn besser miteinander «klarkommen» kann), hatte sie klassische Wegweiser angeboten: Ich-Botschaften, aktives Zuhören, Sach- und Beziehungsebene voneinander trennen, Metakommunikation, Feedback, Selbstoffenbarung usw. Mit solchen Empfehlungen schien sie ein Kommunikationsideal zu proklamieren, dem man nun nacheifern konnte. Dabei hat sie teilweise einer neuen «Schönheitskonkurrenz» Vorschub geleistet, bei der die ideale Redeweise manchmal mehr wog als die Substanz des zu Sagenden. Sosehr die oben genannten Kategorien dazu taugen, die Wahrnehmung für zwischenmenschliches Gesprächsverhalten zu schärfen, so begrenzt und manchmal zweifelhaft ist ihre Tauglichkeit als Komponenten eines Kommunikationsideales. Ich meine damit nicht, dass der Gedanke an ein Ideal überhaupt fallen gelassen werden sollte, sondern ich glaube an die Notwendigkeit einer doppelten Differenzierung:
    1. Es wird nötig sein, das
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