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Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)

Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)

Titel: Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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Art von «instrumenteller Hingabe», verbunden mit persönlichem Ehrgeiz, beobachte ich bis jetzt fast nur an Männern. Trotzdem, oder sagen wir besser: gerade deshalb ist es an der Zeit, dass auch Frauen in den höheren Etagen ankommen. Eine grundlegend veränderte Produktions- und Lebensweise, die angesichts des bedrohten Erdballes ohnehin ansteht, wäre aber Voraussetzung und Folge zugleich.

    Wenden wir uns wieder dem Aspekt der Kommunikationsbarrieren zu. Ihre Überwindung wird zur großen Herausforderung für beide Geschlechter, bei der beide gewinnen können, beruflich wie privat. Und wie? Sollen die Unterschiede erhalten bleiben, weil gerade darin etwas Wertvolles liegt? Oder sollen sich Frauen und Männer in ihrer Persönlichkeitsentwicklung annähern? Beides!
    Die Vorstellung sich überkreuzender Entwicklungsrichtungen, wie sie im Wertequadrat wieder und wieder zur Anwendung kam, liefert uns Wegweiser und Starthilfen für den zweiten Weg. Aber das eigentliche Ziel dabei ist nicht, dass Männer den Frauen und Frauen den Männern ähnlicher werden, sondern dass beide menschlicher werden in dem Sinne, dass sie ihre Beziehungen in Übereinstimmung mit ihren Werten und Wünschen gestalten können. Dabei werden Unterschiede gewiss erhalten bleiben, sogar noch deutlicher zutage treten. Denn erst wenn die Frau über Möglichkeiten der (weiblichen) Selbstbehauptung verfügt, wird sie mit allem, was in ihr steckt, wirksam nach außen treten und sichtbar werden können. Und erst wenn der Mann sich «ganz» geben kann, mit allem, was er auch an Weichheit, Feinfühligkeit, Berührbarkeit und Bedürftigkeit in sich hat, wird er in seiner (männlichen) Einzigartigkeit wirklich zutage treten.

    Vieles davon hat schon angefangen, sich zu bewegen. Nach meinem Eindruck liegt der Hauptunterschied in der Kommunikation gar nicht mehr zwischen Männern und Frauen, sondern zwischen den Angehörigen verschiedener Berufsgruppen. Der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Joseph Huber (1988) spricht von einer Zwei-Kulturen-Gesellschaft, in der wir leben: Besonders in der Arbeitswelt stünden sich auf der einen Seite die Angehörigen der kaufmännisch-technischen, auf der anderen Seite die der sozialen Berufe gegenüber: Hier die Ingenieure, Kaufleute, Juristen, Naturwissenschaftler, EDV-Spezialisten (überwiegend männlich dominiert) – dort die Sozialarbeiter, Berater, Lehrer, Psychotherapeuten, Geisteswissenschaftler (weiblich und männlich etwa halb und halb verteilt). Die einen hätten es mit den «Sachen» zu tun (Maschinen, Computern, Zahlen), die anderen mit den Menschen (Familien, Kindern, Jugendlichen, Alten, Kranken, Behinderten); die einen sehen sich dem «rauen Wind» des Marktes und der Konkurrenz ausgesetzt, bedroht von Hektik und Entfremdung, die anderen eher geschützt im «Hinterland» des Sozialstaates und des öffentlichen Dienstes, aber bedroht von Kürzungen des Sozialbudgets und zu wenig Stellen; die einen wollten, um es journalistisch pointiert auszudrücken, das Geld für Mondraketen, die anderen für Mütterzentren ausgeben (so die Überschrift des Artikels in der ZEIT: «Mondraketen gegen Mütterzentren», Huber 1988). Ein vereinfachendes Modell, sicher – aber es trifft meines Erachtens zu, dass wo immer wichtige Fragen der Gesellschaft strittig diskutiert werden, diese beiden Strömungen mit ihrer unterschiedlichen Weltsicht und Lebenseinstellung aufeinander prallen. Und mit ihren verschiedenen Kommunikationsstilen! Aufgrund meines häufigen Kontaktes mit Vertretern beider Subkulturen habe ich die unterschiedlichen Gesprächsformen und Kontaktmuster kennengelernt. Die «Sozialen» können meist gut zuhören und auf den Gesprächspartner eingehen, auch auf das, was an Gefühlen zwischen den Zeilen mitschwingt. Auch was in ihnen selbst vorgeht, können sie ausdrücken und werden so als Mensch greifbar (und angreifbar). Hingegen tun sie sich auf den Bühnen der beruflichen Begegnungen oft recht schwer, ein klares Rollenbewusstsein zu entwickeln und entsprechend zu kommunizieren; das heißt zu unterscheiden, was sie etwas angeht und was nicht, wo die Gefühle wichtig sind und wo nicht, was mit ihrer Rolle im Einklang ist und was nicht. Meist fällt ihnen die Akzeptanz leichter als die Konfrontation und die Authentizität leichter als die wirkungsbedachte Rhetorik – sie müssen lernen, für ihre Ziele kämpferisch einzutreten, zu überzeugen und sich wirkungsvoll darzustellen, ferner mit Themen wie Geld,
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