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Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen

Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen

Titel: Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen
Autoren: Regina Weiser
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erzeugt: »Keiner versteht mich, ich verstehe mich selber nicht mehr. Ich bin nicht mehr die gleiche Person, die ich bisher war. Ich kann nicht mehr so weiterleben wie bisher.« Die alltäglichen Verrichtungen gelingen nicht mehr, so dass manchmal ein Psychiatrieaufenthalt eingeleitet wird, weil die Angehörigen sich überfordert fühlen mit diesem Menschen, der »plötzlich so ganz anders« ist. Eine psychiatrische Klinik ist natürlich nicht der geeignete Ort. Die Betroffenen brauchen Hilfe dabei, die Erfahrungen, die sie gemacht haben, zu verstehen, einzuordnen und sie langsam in ihr Leben zu integrieren. 66
    »Jeder spirituelle Weg, der nicht im Alltag endet, ist ein Irrweg.«
    Willigis Jäger
    In meiner Praxis sind mir Menschen begegnet, die plötzlich übernatürliche Fähigkeiten hatten. So wussten einige, was an entfernten Orten passiert, oder sie konnten Ereignisse voraussehen, wie z. B. den Unfall oder Tod eines Angehörigen, der dann auch tatsächlich eintrat. Anderen begegneten in der Einsamkeit Engel oder Naturwesen. Solche außergewöhnlichen Erfahrungen beunruhigen, sie passen nicht in das gewohnte Weltbild, auf dem unsere Alltagssicherheit aufbaut. Sie konfrontieren uns auch mit Ohnmacht, denn die Gesetze in der spirituellen Welt sind andere als die in der physischen, und sie wollen erst verstanden und gelernt werden.
    In einer mystischen Erfahrung kann ich mich voller Licht und Liebe mit allen und allem verbunden fühlen und die Polarität von Sympathie und Antipathie weit hinter mir lassen. »Raum« und »Zeit« lösen sich auf, und die Grenzen zwischen Ich und Du existieren nicht mehr. Im Straßenverkehr und am Bankschalter brauche ich jedoch wieder die klare Unterscheidungs- und Urteilsfähigkeit. Der vorübergehende Aufenthalt in der spirituellen Welt übt jedoch oftmals auch eine große Faszination aus, so dass Widerwillen und Verachtung gegenüber den »Belanglosigkeiten« des Alltags auftauchen. Je besser die betreffende Person spirituelle Elemente, wie z. B. Achtsamkeit, bereits in ihren Alltag integriert hat, desto leichter wird ihr die Verbindung zwischen diesen beiden Erlebnisebenen gelingen. Für den Prozess der Heilung und Integration ist es wichtig, zunächst die Verschiedenheit der beiden Welten anzuerkennen und sich bewusst für den Eintritt in die spirituelle Welt – z. B. durch eine ausgedehnte Yoga-Übung oder eine Meditation – und das Beenden der Meditation und die Rückkehr in den Alltag, entscheiden zu können, statt sich von ihr überfallen zu fühlen.
    Zum Glück verlaufen nicht alle Begegnungen dramatisch. So möchte ich dieses Kapitel mit dem Beispiel einer Patientin, nennen wir sie Frau Bergmann, beenden, die das Wirken einer spirituellen Kraft in sich zur Erweiterung Ihres bisherigen Selbstbildes nutzen konnte. Sie war eine Frau, die sich selbst meist als unfähig und ängstlich bezeichnete und auch so fühlte. Als sie einmal mit dem Bus fuhr, hörte sie, wie der Busfahrer abfällige, rassistische Bemerkungen gegenüber einem Farbigen machte, der in den Bus einsteigen wollte. Für sie selbst völlig überraschend ging sie in einem Moment klarer »Geistes«-Gegenwart ganz entschieden nach vorne und verteidigte den Schwarzen, indem sie zum Busfahrer sagte: »Dieser Mann kann genauso freundlich behandelt werden wie alle anderen Fahrgäste auch. Hängt es etwa von der Hautfarbe ab, ob er anständig behandelt wird?« Es gelang ihr, den Busfahrer und die Mitfahrenden zum Nachdenken zu bringen. Als sie mir die Geschichte erzählte, war sie noch immer erstaunt: »Bin ich das gewesen oder war das eine Kraft aus einer höheren Dimension?« Das Erlebnis hatte einen nachhaltigen Einfluss auf sie. In ihrer bisherigen Selbstdefinition sah sie sich als klein und hilflos. Indem sie von einer »großen« Aufgabe erfasst wurde – das Eintreten für allgemein gültige Menschenrechte – wuchs sie über die engen Grenzen ihres kleinen Ichs hinaus. Die Yogis nennen diese Eingrenzung der Fähigkeiten und Möglichkeiten Ahamkara – den Ich-Macher ; er redet uns ein: »Das bin ich, das kann ich, und das bin ich nicht, das kann ich nicht.« Menschen, die Karma-Yoga zu ihrem Lebensinhalt machen, denken nicht darüber nach, ob sie etwas können oder nicht, sie sind mit ihrer ganzen Aufmerksamkeit bei der Aufgabe, die getan werden will. Sie tun einfach, was ansteht. Für meine Patientin leitete diese Begebenheit eine Phase ein, in der sie immer mehr eine berufliche Tätigkeit anstrebte, die für
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