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Mit Familienanschluß

Mit Familienanschluß

Titel: Mit Familienanschluß
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kommen rund 1.500 Mark sogenanntes Bewegungsgeld, also Bier, Wein, Eis, Schokolade, das Strandcafé, zweimal der Tanzabend im Kurhaus, Manfreds Milchbar-Orgien …«
    »Immer ich!« rief Manfred beleidigt. »Dabei hat Gabi einen neuen Bikini gekriegt!«
    »Das ist Posten Nummer drei – die Anschaffungen. Es sind rund 1.300 Mark. Gabis Bikini, Mamis Strandkleid mit den grün-gelben Streifen, Walters dämliche bedruckte Jeans, ein Seidenschal für Mami, für mich einen Leinenhut … Es summiert sich, meine Lieben. Die Gesamtsumme der letzten Ferien läßt uns erschaudern: DM 8.860,-!« Wolters richtete sich auf und blickte in die Runde. »Ich frage: Welcher Studienrat kann sich das leisten?«
    »Du!«
    »Nur unter jährlichen großen Sparmaßnahmen und unter Zuhilfenahme der Zinsen aus den Aktien, die mir mein Vater vererbt hat. Aber das nächste Jahr sieht trüber aus. Walter wird nach dem Abitur studieren – es sei denn, er geht nach Moskau! Dann wären wir gerettet!«
    »Ich studiere Soziologie in Berlin, das steht fest!«
    »Also wird es bei uns knapper, meine Lieben. Wir müssen einen Demonstranten mehr ernähren! Das wirkt sich schon auf den kommenden Urlaub aus. Im übernächsten Jahr wird Gabi studieren – da wird es noch knapper. Wir singen dann das alte Lied: Ein Vater kann zehn Kinder ernähren, aber zehn Kinder keinen Vater.«
    »Wie doof!« stellte Manfred fest. »Also doch wieder Nordsee?«
    »Nein!« Wolters lehnte sich zurück und blickte mit strahlenden Augen auf seine Familie. »Das ist meine große Überraschung. Wir fahren ans Mittelmeer. Nach Italien. An die Riviera del Fiori. Nach Diano Marina …«
    »Wo ist denn das?« fragte Walter erschrocken.
    »Erdkunde mangelhaft, Herr Abiturient! Diano Marina liegt zwischen Imperia und Alassio. Sandstrand, klares Wasser, keine Verschmutzung, hinter uns die Via Aurelia. Schon die Römer genossen das paradiesische Klima, und in den Paläolithischen Grotten von Toirano können wir sehen, daß …«
    »Und das ist billiger als im vorigen Jahr die Nordsee?« fragte Gabi. Die Riviera, dachte sie. Da gibt es schicke, schwarzgelockte Männer. Das kann ein Abenteuer werden. Die Idee ist gar nicht schlecht, Paps.
    »Die neue Rechnung ist verblüffend.« Wolters blätterte eine Seite im Schnellhefter weiter. »Als ich alles durchgerechnet hatte, kam ich mir vor, als hätte ich den Stein der Weisen entdeckt. Ich habe in Diano Marina ein ganzes Haus gemietet …«
    »Was hast du?« Es war der erste Satz, den Dorothea jetzt sagte. Ihre Hände lagen wie schützend über dem Strickzeug. Es sollte ein Pullover für Manfred werden.
    »Ein Haus gemietet. Ein italienisches Bauernhaus, umgebaut als Feriendomizil. Fließend Wasser, allerdings nur kalt, aber was soll's! Wir wollen uns abhärten und erholen und liegen sowieso die meiste Zeit am Strand, wo es warm ist! Für jeden ein eigenes Zimmer, außerdem ein Speisezimmer, ein Wohnraum mit Kamin, eine große Terrasse mit Blick aufs Meer und die Weinberge, außerdem ein Stall mit vier Schafen und drei Ziegen …«
    »Was?« fragte Gabi erschrocken.
    »Die müssen wir pflegen. Eine Kleinigkeit! Darum ist das Haus auch so billig. Die guten Bauersleute wollen in diesen fünf Wochen eine Rundreise durch die skandinavischen Länder machen.«
    »Fünf Wochen?« stammelte Walter und starrte seine Mutter hilfesuchend an. »Wir alle zusammen? Und das soll erholsam werden?«
    »Was heißt denn das nun wieder!« Streng musterte Wolters jedes Familienmitglied.
    »Gefällt euch das auch nicht? Ich bemühe mich verzweifelt, meiner Familie einen schönen Urlaub zu verschaffen, einen wunderschönen Urlaub, den wir uns auch leisten können – und was ernte ich? Opposition! Dumme Reden! Ablehnung! Anstatt dankbar zu sein – nur meckern! Meckern! Aber was kann man anderes erwarten? Zum Meckern gehört nur ein Ziegengehirn, und mehr habt ihr nicht!«
    Er trank sein Glas aus, lehnte sich zurück und klappte gekränkt den Schnellhefter zu. Dorothea legte ihr Strickzeug auf einen kleinen Beistelltisch und fing die Blicke ihrer fast erwachsenen Kinder auf. Von Verzweiflung bis Ratlosigkeit war alles darin enthalten. Nur der kleine Manfred nuckelte an seiner Cola und war beleidigt, daß man den Western abgeschaltet hatte, um über solch einen Scheiß wie die Ferien zu diskutieren.
    »Du hast das Haus schon fest gemietet?« fragte Dorothea. Eigentlich war diese Frage Verschwendung, sie kannte die Antwort im voraus. Wenn man 20 Jahre lang
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