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Mit dem Kühlschrank durch Irland

Mit dem Kühlschrank durch Irland

Titel: Mit dem Kühlschrank durch Irland
Autoren: Tony Hawks
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Veranstaltung entsprochen, irgendwie ausreichende Vorbereitungen zu treffen. Ich war der Meinung, dass es stattdessen das Beste wäre, wenn ich in den Wochen vor meiner Abreise den Gedanken an das, was vor mir lag, so weit wie möglich aus meinem Bewusstsein verbannen würde. Obwohl ich viel über mein Vorhaben redete und in der Achtung meiner Freunde und Kollegen stieg, die eine tief sitzende Bewunderung für solche ihrer Meinung nach romantischen Launen hegten, gelang es mir doch, alle grundsätzlichen Probleme logistischer Art zu ignorieren. Wie jeder Schüler, der auf sich hält, würde ich den Aufsatz erst in der Nacht vor dem Abgabetag schreiben, und es würde schlampiger Pfusch sein, aber gerade gut genug, um mir weitere Probleme vom Hals zu halten. Zumindest hoffte ich das.
    Ich hatte beschlossen, dass ich meine Reise im Mai unternehmen würde, einem Monat, in dem Irland, so hoffte ich, ein bisschen trocken und warm, aber noch nicht von Touristen überlaufen war. Mein Agent und ich hatten ein passendes Abreisedatum beschlossen. Man hatte mich um einen sechsminütigen Auftritt bei der Prince’s Trust Royal Gala in der Oper von Manchester gebeten. Der Plan war, dass ich vor Seiner Majestät, dem Prinzen von Wales, und einem Publikum von zweitausend Leuten bei einem der wichtigsten Bühnenereignisse des Jahres auftreten und mich am nächsten Morgen nach Irland verpissen würde, um mit einem Kühlschrank am Straßenrand zu stehen. Für einen Plan war das Ganze ziemlich durchdacht. Worte wie Hölle und grandios, Himmel und lächerlich fielen einem sofort ein, wenn auch nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.
    Als es nur noch zwei Tage bis zu der Royal Gala waren, wurde ich, anstatt meine Energien auf die Vorbereitung eines Auftritts zu konzentrieren, der meiner Karriere von großem Nutzen sein konnte, völlig von Sorgen über das, was am Tag darauf folgen würde, in Anspruch genommen. Meine Einbildungskraft machte Überstunden und erfand Bilder trostloser, windgepeitschter Straßenränder und mitleidloser Autofahrer. Ich begann etwas zu verspüren, das einem Gefühl von Panik sehr nahe kam.
    Was im Pub noch ziemlich amüsant geklungen hatte, wurde jetzt Wirklichkeit. Plötzlich telefonierte ich, um den Freund eines Freunds dazu zu bewegen, für mich in Dublin einen Kühlschrank zu kaufen, schaute mir verschiedene Sorten von Wägelchen an, die für den täglichen Transport des Geräts geeignet sein könnten, und starrte auf eine Landkarte von Irland, um zu entscheiden, ob ich im oder gegen den Uhrzeigersinn reisen sollte. Und ich hatte Angst. Ich hatte Angst davor, dass die Sache äußerst peinlich werden würde. Ich habe schon früher peinliche Situationen erlebt — wer nicht? — , aber ich hatte das Gefühl, dass das hier derart superpeinlich werden könnte, dass meine Psyche Narben davontragen und meine Nachtruhe nachhaltig beeinträchtigt werden würde.
    Als ich ungefähr zehn Jahre alt war, habe ich mir mit meinem Vater immer die Fußballspiele von Brighton and Hove Albion angesehen, und wir stellten uns bei jedem Heimspiel auf die East Terrace. Ich stand auf einer Kiste und war von dem ganzen Spektakel gefesselt. Ich war wie verzaubert, nicht nur vom Fußball (schließlich spielte Brighton and Hove Albion), sondern von den Anfeuerungsrufen, den Schlachtgesängen, den traditionell zur Schau gestellten Mannschaftsfarben und dem Rattern der Ratschen. Vor allem von den Ratschen. Ich glaube nicht, dass man sie noch sieht oder hört. Sie scheinen nicht mehr in Mode zu sein, aber damals war es bei Fußballfans sehr populär, hölzerne Ratschen wirbeln zu lassen, wann immer einem danach war.
    Dann bekam ich zu Weihnachten ein Maschinengewehr. Wenn man den Abzug betätigte, gab es genau das Geräusch einer Ratsche von sich. Ich beschloss, es zum nächsten Heimspiel mitzunehmen und es so zu benutzen wie die anderen ihre Ratschen. Ich weiß nicht warum, aber ich war fest dazu entschlossen, und mein Vater und ich machten uns auf den zwanzigminütigen Fußmarsch zum Stadion, und ich trug das Spielzeuggewehr in der Hand. Kurz bevor wir das Drehkreuz erreichten, entdeckten zwei viel größere Jungen mein Gewehr, hoben die Hände und riefen: »Nicht schießen! Nicht schießen!« Plötzlich schienen sich alle Blicke auf mich zu richten. Es wurde viel gelacht. Ich fürchtete mich und fühlte mich gedemütigt und bloßgestellt. Dieser Augenblick verging schnell, aber die Leute hinter uns in der Schlange machten noch ein paar
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