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Mit Arabella fing alles an

Mit Arabella fing alles an

Titel: Mit Arabella fing alles an
Autoren: John Holgate
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gute Nacht und ging hinaus.
    »Keiner kennt Kühe besser als dieser Mann«, meinte Griff beim Gläsertrocknen. »Der biegt dich schon zurecht.«
     

5
    Kuhspezialisten
     
    D urch Ellis wurde ich mit der Gattung der Kuhspezialisten bekannt. In der Landwirtschaft sind sie eine Rasse für sich: durch und durch Profis mit geschickten Händen, einem instinktiven Gefühl für Rinder und der Begabung, einige Extraliter aus der Herde herauszulocken. Ob Sommer, Winter oder Frühling stehen sie bereits zu jener schrecklichen Zeit im Morgendämmern auf, wenn normale Sterbliche noch in tiefem Schlaf liegen; auch halten sie es für eine unverzeihliche Sünde, mit der Milch zu spät dran zu sein und so das Milchauto aufzuhalten, das die Kannen zur Zentrale fährt. ‘,
    Als ich für meine erste Unterrichtsstunde bei ihm eintraf, hantierte mein Lehrer bereits inmitten seiner geliebten Viehcher. In dem länglichen Stall standen in zwei Reihen zwanzig schwarz-weiß gefleckte Friesenkühe. Jedes Tier war mit einer Halskette festgemacht, paarweise abgetrennt voneinander durch rohrförmige Stahlbarrikaden. Vor jeder Kuh befand sich ein Futtertrog aus Beton sowie eine Tränke, die dann funktionierte, wenn das Kuhmaul gegen eine Metallplatte drückte.
    Eine breite Vertiefung lief von einem Ende des Stalles zum anderen zwischen den beiden Reihen entlang. Man nannte sie charmanterweise Mist-Passage. Diese Bezeichnung erklärt sich durch die Tatsache, daß die Kühe mit ihrem Hinterteil zu ihr standen und die größeren von ihnen darüber ragten. Das Ausmisten wurde so etwas leichter gemacht.
    Zum ersten Mal wußte ich die Größe der Friesenkühe zu schätzen. Jede von ihnen wiegt etwa fünfhundert bis sechshundert Kilo. Von da, wo ich stand, wirkten sie wirklich enorm, elefantenartig auf mich. Irgendwie sank mir der Mut. Wo waren nur jene Reklamekühe geblieben, die so aussahen, als kämen sie gerade aus einem Schaumbad? Und wo jene zauberhaften Wesen, die ständig in durchsichtigen Gewändern und mit schmachtendem Blick zwischen ihnen zu schweben schienen?
    Auch mit dem besten Willen von der Welt war der gute ehrliche Ellis dafür kein Ersatz. Er trug Gummistiefel und — schürze zum Schutz seiner Kleidung. Außerdem hatten sich die Kühe, die seit dem letzten November im Stall standen, nicht immer an den Zweck der Mist-Passage erinnern können. Manchmal hatten sie in ihre Boxen gemacht und sich dann glücklich hineinplumpsen lassen mit dem Ergebnis, daß jetzt kurz vor Frühlingsanfang ihre Hintern mit dicken Placken von Kuhmist gepanzert waren. Es sah tatsächlich alles ganz anders aus als im Fernsehen.
    »Bin gleich bei dir«, sagte Ellis. Er befestigte gerade die Melkmaschine an einer Kuh, die Rippen hatte in der Größe einer Hutablage und Beine mit dem Durchmesser eines Einmannbunkers. Wäre ich ihr auf einer Weide begegnet, hätte ich das Weite gesucht.
    »Kann ich helfen?« erkundigte ich mich. Diese Frage hielt ich für angebracht.
    Er sah mich eigenartig an. »Ich dachte, du weißt nicht, was man tun muß.«
    »Stimmt. Aber ich wollte wenigstens fragen.«
    Ellis grinste. »Bleib ganz ruhig. Guck mir ‘ne Weile zu. Du wirst bald sehen, wie man das macht.«
    Es gibt viele verschiedene Melksysteme, doch im Prinzip sind sie alle gleich. Ellis arbeitete mit einem Eimersystem: von Kuh zu Kuh trug er der Reihe nach die beiden Melkmaschinen, indem er sie jedesmal an einen zischenden Vakuumschlauch kuppelte, der oberhalb der Kuhrücken um den ganzen Stall lief. Die Vakuumpumpe und der elektrische Motor, welcher sie antrieb, waren in einer winzigen Abseite des Hauptgebäudes untergebracht.
    Wenn der zwanzig Liter fassende Stahleimer voll war, leerte er ihn in eine der Fünfzig-Liter-Kannen, die an einem Ende des Stalles aufgereiht standen, wobei er die warme, schäumende Milch durch einen feinen Wegwerffilter goß. Zum Schluß kühlte er die Milch ab, indem er sie über eine >Waschbrett<-Kühlanlage laufen ließ, durch die unablässig kaltes Wasser rann.
    Einige der Kühe drehten dem Fremden den Kopf zu, aber die meisten waren viel mehr an Ellis interessiert. Sie gierten nach dem Futterkonzentrat, das sie dann immer bekamen.
    In dieser Gegend, und wahrscheinlich woanders auch, sagte man, daß die Kühe für ihre Milch bezahlt werden. »Du darfst sie nicht bestehlen noch betrügen«, sagte Ellis zu mir in vollem Ernst. »Sie wissen ganz genau, wenn du ihnen zu wenig gibst.« Ich hatte die Vorstellung einer Kuh mit Taschenrechner, der
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