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Mit 12 fühlt man ganz anders

Mit 12 fühlt man ganz anders

Titel: Mit 12 fühlt man ganz anders
Autoren: Tina Caspari
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groß und kräftig gebaut, „ein Bündel Energie für ihre siebzig Jahre“, wie Mami stets halb bewundernd, halb seufzend feststellte, denn Tante Otti konnte einfach nicht stillsitzen. Immer mußte sie etwas zu tun haben, und wenn sie absolut nichts zu arbeiten fand, dann schleppte sie die Kinder auf kilometerlangen Spaziergängen oder zu einem Einkaufsbummel von fünf bis sechs Stunden mit, bei dem sie sämtliche Kaufhäuser von unten bis oben nach günstigen Gelegenheiten durchstöberte, um am Schluß festzustellen, daß das Zeug doch alles nichts tauge und sein Geld nicht wert sei.
    Natürlich hatte Tante Ottis Arbeitswut auch ihre guten Seiten, denn wenn Mami und Papi mal für ein paar Tage allein verreisen wollten, dann erschien Tante Otti auf der Bildfläche und „schmiß den Laden“, wie sie es nannte. Hinterher brauchte Mami eine gute Woche, um sich in ihrem Haushalt wieder zurechtzufinden und alles an seinen gewohnten Platz zu stellen, denn Tante Otti begann immer mit einem Großputz der Wohnung, um anschließend dem Haushalt das zu verpassen, was sie eine „vernünftige Ordnung“ nannte. So wurden die Bücher in den Regalen nicht mehr nach Autoren und Sachgebieten geordnet, sondern der Größe nach eingeräumt. Kaffee, Tee, Kakao und Marmelade standen dort, wo vorher die Töpfe gewesen waren, das Schuhputzzeug fand sich im Bad wieder, das Bügeleisen im Wäscheschrank, statt im Korb mit der Bügelwäsche, und das Vogelfutter entdeckte Mami nach Wochen in der Schublade des Küchen-tischs, in der sie Bindfäden, Pack- und Geschenkpapier und bunte Bänder aufbewahrte.
    Daß Tante Otti pünktlich auf die Minute war, verstand sich von selbst, und sie ließ auch bei anderen keine Entschuldigung für eine Verspätung gelten. Dabei war sie ein fröhlicher Mensch, mit einer Stimme, die einem alten Seemann alle Ehre gemacht hätte, und mit einem dröhnenden Lachen.

    Immerhin fürchtete sogar Mami Tante Ottis Stirnrunzeln, und so herrschte am Sonntag morgen hektischer Betrieb in der Küche, um bis zu Tante Ottis Ankunft alles fix und fertig zu haben. Die Zwillinge waren in ihr Zimmer verbannt worden mit der Ermahnung, nicht allzuviel Unordnung zu machen und sich möglichst ruhig zu verhalten.
    „Malt ein schönes Bild für Tante Otti“, hatte Mami vorgeschlagen, „darüber freut sie sich bestimmt sehr!“
    „... und gibt uns ‘ne Mark mehr“, hatte Markus sachlich festgestellt und sich sofort an die Arbeit gemacht.
    Celia hatte den Auftrag, den Tisch in der Eßecke des Wohnzimmers zu decken und mit Blumen zu schmücken. Katja half Mami in der Küche, während Papi Tante Otti von der Bahn abholte.
    „Sie müssen gleich da sein“, sagte Mami und öffnete das Fenster, um ihren hochroten Kopf abzukühlen. „Wenn sie klingeln, stellst du die Kartoffeln auf die Schnellkochplatte, und die Suppe kannst du auf der kleinen Platte hinten warm halten. Ich geh schnell, mich ein bißchen zurechtmachen. Verd..., sie sind schon da! Hoffentlich hält Papi sie noch ein bißchen unten auf!“
    Mami flitzte aus der Küche, warf im Vorübergehen Katja die Schürze zu und fuhr sich im Flur mit dem Kamm durch die Haare.
    „Mach dir nichts draus, du siehst sehr hübsch aus!“ rief Katja hinter ihr her. „Bloß nicht die Nerven verlieren!“ Papi klingelte Sturm, und gleich darauf hörten sie Tante Ottis dröhnendes Lachen im Treppenhaus. Mami setzte ihr strahlendstes Lächeln auf und öffnete die Tür. Hinter ihr stürzten die Zwillinge aus ihrem Zimmer und rasten an ihr vorbei zur Treppe, dem Besuch entgegen. Aus den Augenwinkeln sah Mami gerade noch, daß die himmelblauen T-Shirts, ein Geschenk Tante Ottis beim letzten Besuch, mit den Farben auf dem Bild, das Markus wie eine Fahne schwenkte, an Buntheit wetteiferten. Es war wohl doch keine so gute Idee gewesen, sie zum Malen zu animieren.
    „Wie seht ihr denn aus, ihr Räuber?“ dröhnte Tante Ottis Baß fröhlich. „Ihr seid ja schon wieder gewachsen!“
    „Wir haben dir ein Bild gemalt“, krähte Fips und hüpfte an Tante Otti hoch, daß sie auf der obersten Treppenstufe bedenklich ins Wanken geriet.
    „Ein Bild! Ach wie schön! Ein Pferd in einer Regentonne!“
    „Aber das bist doch du! Da ist dein Kopf, das ist der Bauch und das sind die Beine“, klärte Markus auf.
    Tante Otti lachte herzlich, obgleich das Bild wirklich nicht sehr schmeichelhaft war. Dann begrüßte sie Mami, Celia und Katja.
    Celia in ihrem Schottenrock mit der weißen Rüschenbluse fand
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