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Mira und das Buch der Drachen (German Edition)

Mira und das Buch der Drachen (German Edition)

Titel: Mira und das Buch der Drachen (German Edition)
Autoren: Margit Ruile
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dort wich die Dunkelheit und etwas Helles und Freundliches nahm von ihr Besitz.
    Die Schwärze und der Schwindel verschwanden, und Mira war, als wäre sie kurz vor dem Ertrinken gewesen und könnte nun plötzlich mit den Zehenspitzen den Grund des Sees berühren.
    Mira sah sich um. Das Zimmer um sie herum war wieder klar zu sehen. Was hatte der Drache gemacht? Hatte er den Fluch der Hexe aufgehoben?
    »Danke!«, sagte Mira.
    Der Drache wankte einen Augenblick. »Ich habe mich bei dir zu bedanken! Du hast dich tapferer geschlagen, als ich es je von einem Menschen erwartet hätte. Und ich weiß nun, dass es richtig war, dir den Spruch anzuvertrauen.«
    »Welchen Spruch?«, rief die schwarze Hexe ungeduldig. Sie hatte Miras Genesung mit dem allergrößten Missfallen verfolgt.
    Der weiße Drache drehte sich um und sah die schwarze Hexe lange an, ohne auf ihre Frage einzugehen.
    »Die Kugeln, das Buch, mich! Jetzt also hast du alles, was du dir immer gewünscht hast. Bist du nun zufrieden?«
    »Ha, zufrieden? Wann ist man schon zufrieden?«, rief die Hexe. »Die Zufriedenheit ist kein Gefühl, das ich anstrebe!«
    »Und die Liebe?«, fragte der Drache unvermittelt.
    Die Hexe sah ihn überrascht an. »Ausgerechnet du willst mit mir über die Liebe sprechen?«
    Das Feuer knisterte im Kamin und die Winde heulten. Mira sah draußen weiße Schneeflocken in der dunklen Nacht aufwirbeln.
    Als die Hexe nach langer Zeit wieder sprach, war ihre Stimme kaum mehr als ein heiseres Flüstern. »Ich bin jenseits der Liebe. Ich habe sie überwunden, in den langen Tagen und Nächten, als ich auf dich gewartet habe.« Sie hielt ihre Augen auf den Drachen geheftet. »Ich habe gelernt, dass es besser ist, ohne die Liebe zu leben. Sie lenkt einen nur ab.«
    »Wovon?«
    »Das Richtige zu tun.«
    »Und was ist nun das Richtige?«, fragte der Drache. Täuschte sich Mira oder sah er plötzlich schwächer aus. Die Hexe wirkte so mächtig neben ihm.
    »Ich habe alles geplant. Ich habe sie alle hier versammelt. Du wirst nun hinaustreten und sagen, dass die schwarzen Zauberer gewonnen haben. Du wirst allen klarmachen, dass es sinnlos ist, sich weiter zu verwandeln, und wie wichtig es ist, endlich erwachsen zu werden. Dann wirst du mir den Spruch verraten und ich werde den schwarzen Drachen beschwören.«
    Der weiße Drache lachte laut auf. »Das sind aber viele Forderungen!«
    »Ich kann sie stellen, denn ich habe gewonnen!«
    Der Drache seufzte. »Nun, ich gratuliere dir!« Er klappte seine Flügel zusammen und lief an den drei Kugeln vorbei. »Es muss schön sein zu gewinnen.«
    Die schwarze Hexe schwieg und beobachtete, wie der Drache die Kugeln umrundete. Er strich mit seinem Flügel über die Marmorkugel und stupste mit seinem Maul die durchsichtige Fernsichtkugel an. »Wie lange ich gebraucht habe, um diese Kugeln zu finden!«
    Schließlich blieb er vor der Spiegelkugel stehen und betrachtete sich in ihr. Die Kugel warf ihm zunächst sein Ebenbild zurück. Doch dann spiegelte sich in ihr Cyril de Montignac, wie Mira ihn schon gesehen hatte. Er trug einen Spitzenkragen, eine auffällige Samtkappe und einen Pelz um die Schultern und sah traurig und verloren aus. Dann tauchte in der Kugel ein junger Gaukler in einem Drachenkostüm auf, der vor einem großen Publikum Feuer schluckte. Und zuletzt war ein sehr alter Mann in einem Turmzimmer zu sehen, der sich über seine Papiere beugte.
    Der Drache drehte sich um und sah zur Hexe auf. Das Spiegelbild verschwand.
    »Hast du sie je benutzt?«, fragte er.
    Die Hexe nickte. »Ich habe Mira meinen Blick fühlen lassen.«
    »Vielleicht willst du ihn mir auch leihen!«, sagte der Drache.
    Die Hexe sah den Drachen misstrauisch an. »Ich werde mit dir in dieser Kugel nicht die Blicke kreuzen!«
    »Wovor hast du Angst?«
    »Ich fürchte mich nicht. Du bist derjenige, der Angst haben sollte. Denn ich kann dich nur als den sehen, der mich verraten hat«, sagte die Hexe bitter.
    »Ist das alles? Mehr siehst du nicht in mir?«
    Die Hexe vermied es, den Drachen anzusehen. Sie zitterte.
    Der Drache schlug schwach mit den Flügeln. Er betrachtete sein Abbild in der Kugel und senkte dann den Kopf. »Und du?«, fragte er leise. »Willst du nicht wissen, wie ich dich sehe?«
    Die Hexe schüttelte den Kopf. »Ich werde mich hüten! Duwirst ein Monster aus mir machen, aus Rache, weil ich gewonnen habe. Oder du willst mich demütigen, wie damals, als du nicht gekommen bist.«
    Der Drache blickte sie traurig an. »So denkst
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