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Milchmond (German Edition)

Milchmond (German Edition)

Titel: Milchmond (German Edition)
Autoren: Herfried Loose
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nichts ausgemacht zu haben. »No, Kinder, soat's ausg'schlafen? Seht's net so aus?«, dröhnte ihnen sein tiefer Bass entgegen. Er führte sie zu einem kleinen Ankerschlepplift links neben der Hauptpiste und sie fuhren eine kleine Etappe des Berges, der aus dieser Perspektive doch recht hoch aussah, empor.
   Dort begann er mit einfachen Übungen, um zu sehen, wo sie leistungsmäßig standen. Tobias überraschte es, wie schnell er das Gefühl für die Bretter wiederfand und freute sich. Am Ende der zwei Übungsstunden mit Schorsch fuhren sie bereits aus halber Berghöhe hinab, es ging schon ziemlich gut. Sie beschlossen, mit ihrem Skilehrer zusammen, an der Sportalmhütte eine kleine Mittagspause einzulegen.
   Dort drängten sich viele gut aufgelegte Menschen. Die Atmosphäre war belebend und heiter. Superwetter, dieses wunderbare Schneepanorama, die stimmungsvolle Musik, heute natürlich weihnachtlich getrimmt. Sie fanden einen Sonnenplatz, öffneten ihre Jacken und legten Schals, Brillen und Handschuhe ab. Schorsch kannte anscheinend jeden hier. Es war ein fortwährendes Hallo und Füat di von ihm zu vernehmen. Er war ein netter Bursche, nicht mehr ganz jung, Tobias schätzte ihn auf Ende vierzig. Seine mächtige Nase verlieh seinen markanten Gesichtszügen eine dominante Note. Schorsch schien die gute Laune gepachtet zu haben. Seine dunklen Augen blitzten, und seine Wangengrübchen ließen ihn ausgesprochen sympathisch erscheinen. Schorsch fragte sie, ob sie heute Nacht, nach der Bescherung ebenfalls wieder im Siglu sein würden. »Na klar!«, versicherte ihm Sylvia sofort, »oder Tobias, was sagst du?« Er fand die Idee auch gut, und so verabredeten sie sich für die Nacht.
   Das Hotel hatte sich für den Heiligen Abend einiges einfallen lassen. So gab es vor dem festlichen Fünf-Gänge-Menü einen Steh-Empfang mit Smalltalk, anschließend las die Hotelinhaberin eine weihnachtliche Geschichte aus den Bergen vor. Die Kellner trugen rote Weihnachtsmannmützen, und die Tische sowie das Restaurant waren weihnachtlich geschmückt. Das Dinner begann um neunzehn Uhr. Sylvia und Tobias hatten sich festlich gekleidet. Er trug seinen anthrazitfarbenen Anzug mit weißem Hemd und schmaler, dunkelroter Fliege. Sie hatte ihr langes rotes Kleid an. Die übrigen Gäste erschienen ebenfalls sehr elegant. Als sie nach dem Empfang am Tisch Platz nahmen, schenkte der Kellner jedem einen Champagnercocktail ein. Sie stießen an und wünschten sich ein Frohes Weihnachtsfest.
   Sylvia nutzte die günstige Gelegenheit und schob eine silbergrün verpackte Schachtel über den Tisch - ihr Weihnachtsgeschenk. Er machte es auf und blickte erfreut auf die darin enthaltene Digitalkamera, neuestes Modell.
   »Woher wusstest du, dass ich mich ausgerechnet für dieses Modell interessiere?«, fragte er sie erstaunt und küsste ihre Hand.
   »Ich habe den Prospekt bei dir in der Wohnung gesehen, dieses Modell hattest du angekreuzt.«
    »Stimmt«, er erinnerte sich. Den Prospekt hatte er in die Testzeitschrift gelegt und den Testsieger angekreuzt.
   »Raffiniert, ich muss schon sagen!«, zollte er ihrer Aufmerksamkeit Respekt. »Vielen Dank, genau ins Schwarze getroffen! Ich habe aber auch etwas für dich. Du musst die Augen schließen!« Sie folgte seiner Aufforderung unverzüglich.
   Er stand auf, trat von hinten an sie heran und legte ihr zärtlich den goldenen Halsreif um. Sie fühlte die Schwere des massiven Schmuckstücks auf ihrer Haut und sagte noch mit geschlossenen Augen: »Tobias, bist du wahnsinnig?« Er wunderte sich nicht mehr über ihre telepathischen Fähigkeiten. Sie wusste sofort, was es war, ohne auch nur die Augen geöffnet zu haben. Ihre rechte Hand fuhr tastend empor und ihr Zeigefinger glitt entlang des breiten Reifes. Sie öffnete die Augen und strahlte ihn überglücklich an.
   »Du Verrückter, das ist doch viel zu kostbar!« Sie entnahm ihrer kleinen Handtasche einen Schminkspiegel und besah bewundernd das Schmuckstück. »Das ist ja noch schöner, als das, was ich bei Hufnagel gesehen hatte. Wunderschön, Tobias, danke! Sie streichelte seine Hand und gab ihm einen Luftkuss über den Tisch. Tobias freute sich, dass er ihren Geschmack getroffen hatte. Wie gut, dass er sie so genau bei den Einkaufstouren in der Adventszeit beobachtet hatte. Er konnte sich an dem Schmuckstück an ihrem schönen Hals nicht satt sehen und lobte sich im Stillen, wegen seines guten Geschmacks.
   Er
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