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Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Titel: Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge
Autoren: Michael Connelly
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hielt. Aber Kurlen überraschte mich. Er zog sein Handy vom Gürtel und drückte eine Schnellwahltaste. Entweder nahm er mich auf den Arm, oder er tat tatsächlich, worum ich ihn gebeten hatte. Ich war für Kurlen kein Unbekannter. Wir waren schon bei einigen Gelegenheiten aufeinandergetroffen, und ich hatte mehr als einmal versucht, im Zeugenstand seine Glaubwürdigkeit zu untergraben. Auch wenn mir das nie besonders gut gelungen war, hatte es nicht zur Herzlichkeit unseres Verhältnisses beigetragen. Trotzdem tat er mir jetzt einen Gefallen, und mir war nicht klar, warum.
    »Ich bin’s«, sagte Kurlen ins Telefon. »Bring sie wieder her.«
    Er lauschte kurz.
    »Weil ich es sage. Und jetzt bring sie schon endlich.«
    Er klappte das Handy ohne ein weiteres Wort zu und sah mich an.
    »Jetzt sind Sie mir was schuldig, Haller. Ich hätte Sie ein paar Stunden aufhalten können. Früher hätte ich das auch getan.«
    »Ich weiß. Danke.«
    Er ging zum Bereitschaftsraum zurück und winkte mir, ihm zu folgen.
    »Als sie uns gesagt hat, dass wir Sie anrufen sollen«, ließ er beiläufig fallen, »hat sie erzählt, Sie würden sie wegen ihrer Zwangsversteigerung vertreten.«
    »Das stimmt.«
    »Meine Schwester hat sich scheiden lassen, und jetzt steckt sie in einer ähnlichen Klemme.«
    Da hatten wir es. Das Quid pro quo.
    »Möchten Sie, dass ich mit ihr rede?«
    »Nein, ich will bloß wissen, ob es besser ist, sich dagegen zu wehren oder es einfach hinter sich zu bringen.«
    Der Bereitschaftsraum sah aus, als wäre er in einer Zeitschleife. Stilechter Siebziger-Jahre-Retrolook. Linoleumboden, die Wände in zwei verschiedenen Gelbtönen gestrichen und graue Einheitsschreibtische mit Gummileisten an den Kanten. Kurlen blieb stehen, während er wartete, dass seine Partnerin mit meiner Mandantin zurückkam.
    Ich zog eine Visitenkarte aus der Hosentasche und reichte sie ihm.
    »Sie haben eine Kämpfernatur gefragt, deshalb ist das meine Antwort. Allerdings könnte ich den Fall wegen des Interessenkonflikts zwischen Ihnen und mir nicht selbst übernehmen. Aber sie kann gern in der Kanzlei anrufen, dann empfehlen wir sie an einen guten Kollegen weiter. Und sie soll sich unbedingt auf Sie beziehen.«
    Kurlen nickte und nahm eine DVD-Hülle von seinem Schreibtisch und reichte sie mir.
    »Dann sollte ich Ihnen vielleicht auch das noch mitgeben.«
    Ich schaute auf die Diskette.
    »Was ist das?«
    »Die Vernehmung Ihrer Mandantin. Darauf ist deutlich zu sehen, dass wir sofort aufgehört haben, mit ihr zu reden, sobald sie die magischen Worte gesagt hat: Ich will einen Anwalt.«
    »Das werde ich mir auf jeden Fall ansehen, Detective. Würden Sie mir vielleicht sagen, warum Sie sie verdächtigen?«
    »Klar. Wir haben sie als Verdächtige eingestuft und werden auch Anklage gegen sie erheben, weil sie es war und die Tat in gewisser Weise auch schon zugegeben hat, bevor sie nach einem Anwalt verlangt hat. So leid es mir tut, aber wir haben uns an die Spielregeln gehalten.«
    Ich hielt die DVD hoch, als wäre sie meine Mandantin.
    »Soll das heißen, sie hat zugegeben, Bondurant umgebracht zu haben?«
    »Nicht mit so vielen Worten. Aber sie hat Eingeständnisse und widersprüchliche Aussagen gemacht. Mehr will ich dazu mal nicht sagen.«
    »Hat sie vielleicht mit so vielen Worten auch gesagt, warum sie es getan hat?«
    »Das musste sie nicht. Das Opfer wollte ihr das Haus wegnehmen. Das reicht locker als Motiv. Was das angeht, haben wir keine Probleme.«
    Ich hätte ihm sagen können, dass er da falschlag, weil ich gerade dabei war, die Zwangsversteigerung zu stoppen. Aber ich hielt den Mund. Meine Aufgabe war, Informationen zu sammeln, nicht zu verteilen.
    »Was haben Sie sonst noch, Detective?«
    »Nichts, was ich Ihnen im Moment verraten möchte. Was alles Weitere angeht, müssen Sie schon warten, bis Sie Akteneinsicht erhalten.«
    »Das werde ich. Wurde der Fall schon einem DA zugeteilt?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    Kurlen deutete mit dem Kopf ins hintere Ende des Raums, und als ich mich umdrehte, sah ich, wie Lisa Trammel zur Tür eines Vernehmungszimmers geführt wurde. Sie hatte den typischen Reh-im-Autoscheinwerfer-Blick.
    »Sie haben fünfzehn Minuten Zeit«, sagte Kurlen. »Und auch das nur, weil ich mal nett sein will. Ich halte es nicht für sinnvoll, uns gegenseitig zu bekriegen.«
    Zumindest noch nicht, dachte ich, als ich auf das Vernehmungszimmer zuging.
    »Halt, nicht so schnell«, rief mir Kurlen hinterher. »Ich muss
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