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Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Titel: Merkels Tochter. Sonderausgabe.
Autoren: Hammesfahr Petra
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Füße fesseln.
    Dann schleifte er sie noch ein Stück in die Halle hinein. Dort ließ er sie erst einmal liegen, ging rasch zur Lagerhalle und schaute kurz nach Ohloff. Der schlief. Merkel legte ihm eine Hand auf die Stirn. Die Haut fühlte sich immer noch heiß an, aber ganz so rot war sie nicht mehr. Merkel zog die Decke über Ohloffs Schultern zurecht und ging zurück.
    Marina Zeiss war bereits wieder bei Bewusstsein und schaute ihm mit einem Blick entgegen, den er nicht deuten konnte. Furcht oder Wut. Sie fauchte ihn an wie eine Katze:
    «Was soll das? Was wollen Sie von mir? Wer sind Sie überhaupt?»
«Der Schwiegervater von Brandes», antwortete Merkel.
«Das heißt, ich war sein Schwiegervater. Jetzt, wo meine Tochter tot ist, bin ich euer Richter und Henker. Wir machen das ohne Verhandlung, erst du, dann er. Ihn hole ich mir, wenn ich mit dir fertig bin. Er soll sich ganz genau anschauen, was ich von dir übrig gelassen habe. Mal sehen, wie ihm das gefällt. Gar nicht, schätze ich. Aber vielleicht begreift er dann, wie mir zumute war, als ich sah, was du von meiner Tochter übrig gelassen hast.»
Er redete zu viel, fand er, ging neben ihr in die Hocke, hob den Dolch und fuhr fort, obwohl er eigentlich gar nichts mehr sagen wollte: «Dann wollen wir mal, ganz langsam. Bei meiner Tochter hat es eine halbe Stunde gedauert, meinen die in der Gerichtsmedizin. Aber Strafe muss sein, nicht wahr? Also sagen wir, bei dir wird’s eine Stunde dauern, vielleicht auch zwei.»
Sie trug einen kurzen Rock, der sich weit nach oben verschoben hatte und ihre Beine der Länge nach freigab. Merkel setzte die Klinge hoch oben an, zog sie fast ohne Druck Richtung Knie. Sie schrie auf, verfolgte mit weiten Augen seine Hand, die zum rechten Bein hinüberwechselte.
«Das Brüllen kannst du dir sparen», sagte er ruhig, völlig ruhig. Er fühlte keinen Triumph, keine Genugtuung, spürte gar nichts, während er die Klinge erneut ansetzte. «Hier hört dich kein Mensch außer mir. Und was ich von dir hören will, ist kein Geschrei. Ich will wissen, wer von euch beiden auf die Idee gekommen ist.»
Solange er sich mit ihren Beinen beschäftigte, erreichte er gar nichts. Er war vorsichtig, achtete darauf, dass es ihm mit ihr nicht so erging wie mit Ohloff, ritzte die Haut nur mit der Dolchspitze, achtete peinlich genau darauf, dass sie nicht weiter als einen Millimeter eindrang. Und während der ganzen Zeit sprach er auf sie ein. Erklärte ihr, was er noch alles mit ihr vorhatte. Ihr die Finger abschneiden, einen nach dem anderen, weil sie damit den Hammer und das Messer geführt hatte. Ihr am gesamten Körper die Haut in Streifen schneiden und abziehen, schön langsam. Und während er das aussprach, glaubte er auch, es tun zu können.
Er sagte ihr auch, dass er kein Geständnis von ihr brauche, dass er ihr mit der Dolchspitze auf den Rücken schreiben wolle: «Ich habe Irene Brandes erstochen.»
Als er sie auf den Bauch drehte, ihr die Bluse zerschnitt, schrie sie noch lauter, schrill und durchdringend, aber es war ja niemand in der Nähe, der sie hätte hören können. Niemand außer ihm – und Ohloff.
Merkel hatte ihn fast schon vergessen, als er plötzlich beim Hallentor auftauchte wie sein eigener Geist. Schwankend kam Ohloff näher, hielt sich an einem der Pfeiler fest.
«Was machst du denn, Hein? Das kann man ja nicht mit anhören.»
«Das musst du gerade sagen», fuhr Merkel ihn an. «Hat die Frau damals nicht gebrüllt, die du mit dem Messer bearbeitet hast? Wenn du’s nicht hören kannst, stopf ihr was ins Maul. Reden will sie ja doch nicht.»
Mit Ohloffs Erscheinen hatte Marina Zeiss anscheinend Hoffnung geschöpft, sie drehte den Kopf in seine Richtung und keuchte: «Helfen Sie mir, er ist verrückt.»
Ohloff beachtete sie vorerst nicht, hatte nur Augen für Merkel. «Willst du sie wirklich umbringen, Hein?» Ohloffs Stimme klang rau und gehetzt.
Eigentlich wollte Merkel das, aber nur eigentlich. Wie er da neben ihr am Boden kniete und absolut nichts fühlte. Es hatte ihm ja nicht einmal etwas gegeben, diese Grausamkeiten aufzuzählen. Er betrachtete den nackten Rücken, so schutzlos, den verdrehten Nacken, das verzerrte Gesicht, gar nicht mehr arrogant, nur voller Panik, das Blut von ihren Beinen an seinen Händen. Eine Genugtuung war das nicht.
Mit Ohloff war es ganz anders gewesen. Vielleicht weil er ihn kannte und die ganze Zeit hatte denken müssen, dass Ohloff nur deshalb an Irene herangekommen war. Und das Mädchen
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