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Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Sophie Heeger
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Fällen üblich, mit dem Hinweis auf eine unklare Todesursache, und die weitere gerichtsmedizinische Untersuchung wurde angeordnet.« Sie nickte Kommissar Bender zu, der den Bericht fortsetzte. »Nichts in der Wohnung deutete auf eine Gewalttat hin, und die äußere Unversehrtheit der Toten wies ebenfalls nicht in eine solche Richtung. Also, ein plötzlicher Tod natürlicher Ursache … oder ein Selbstmord. Auch wenn wir die Ergebnisse der gerichtsmedizinischen Untersuchungen abwarten müssen, halten wir einen natürlichen Tod für nicht sehr wahrscheinlich, da nach Angaben ihres Bruders Frau van der Neer bei guter körperlicher Gesundheit war.«
    »Bleibt Selbstmord«, gab Frau Kurz das nächste Stichwort. »Genau daran aber will der Bruder der Toten nicht glauben.«
    Lea nickte. Sie kannte dieses Phänomen. Ein Selbstmord in der Familie konnte selten akzeptiert werden. Dem ersten Schock folgten die Schuldgefühle. Diese überfielen die nächsten Angehörigen jedes Mal, wenn es zu einer solchen Tat kam, und machten den Schicksalsschlag doppelt schwer. Die Frage, warum niemand aus der nächsten Umgebung gespürt hatte, dass Sohn, Mutter oder Schwester in einen seelischen Abgrund gestürzt waren, aus dessen quälender Tiefe nur Selbstmord als Ausweg erschien, war selten zu beantworten.
    »Was möchten Sie von mir wissen?«, fragte Lea, bei allem Verständnis für die Angehörigen, in der Hoffnung, dass die Fragen nach Depressionen, Suizidgefahr, Psychose oder Medikamentenabhängigkeit in diesem Fall schnell zu beantworten waren. Ihr Praxisalltag war auch ohne Stechuhr streng getaktet.
    »Fangen wir am besten bei den Fakten an«, schlug Kommissar Bender vor, während seine junge Kollegin sich mit geschultem Blick in Leas Sprechzimmer umsah. »Frau van der Neer hatte am Freitag, den 10. Oktober, um 10 Uhr einen Termin bei Ihnen. An diesem oder dem folgenden Tag ist sie gestorben.« Franz Bender zückte seinen Kugelschreiber und schlug einen schon etwas ramponierten Notizblock auf. »In welcher Verfassung war Frau van der Neer an jenem Morgen, und worüber haben Sie gesprochen?«
    Lea schaute auf die Karteikarte mit der Terminübersicht. »Über gar nichts«, beantwortete sie die Frage.
    »Wieso über nichts, was war denn ihr Anliegen?« Bender hob seinen Kugelschreiber, den er schon zum Schreiben aufgesetzt hatte, wieder hoch.
    »Die Patientin ist nicht zum Termin erschienen.«
    »Hat sie ihn abgesagt?«
    »Nein, sie ist einfach nicht erschienen.«
    Kommissar Bender machte sich eine Notiz, während Lea fortfuhr: »Dabei hatte Frau van der Neer ihren Terminwunsch erst kurz vorher auf dem Anrufbeantworter der Praxis hinterlassen.« Lea überflog die Eintragungen. »Sie hat am Donnerstagabend – die Daten werden gespeichert – um 22 Uhr 50 auf den Anrufbeantworter der Praxis gesprochen und um einen Termin für den darauffolgenden Tag gebeten.«
    »Zu dem sie dann nicht erschienen ist?«
    »Genau.«
    Kommissar Bender notierte die Fakten. Er benutzte offensichtlich eine Art Kurzschrift, denn nach wenigen Zeichen schaute er auf.
    »Wann und wo sind Sie Frau van der Neer zum ersten Mal begegnet? Kannten Sie sie nur als Patientin oder auch privat?«
    »Ich kannte sie nur als Patientin.«
    »Erzählen Sie uns bitte von Ihrem ersten Kontakt mit ihr.«
    Lea erinnerte sich recht gut an diesen Katastrophenvormittag vor einem Jahr. Ihr Nesthäkchen Frederike, damals gerade 9 Jahre alt, hatte am Morgen über Bauchweh und Kopfschmerzen geklagt. »Ich kann nicht zur Schule, Mama«, hatte sie gejammert. Statt Kakao hatte sie nach Fencheltee verlangt. Da dies ein sicheres Indiz für »echte« Bauchschmerzen war, hatte Lea in der Schule angerufen und ihre Tochter entschuldigt. Die Termine in der Praxis konnten so kurzfristig nicht verschoben werden, und so hatte Lea das Kind samt Wärmflasche und Thermoskanne mit Fencheltee in ihren Passat gepackt. Als sie von der Rheinstraße in die Holzstraße abgebogen war, hatte sie Frederikes leidende Stimme vom Rücksitz vernommen: »Mama, ich glaube, ich muss mich übergeben.« – »Moment, mein Schatz, ich suche eine Tüte, schaffst du es solange?« Im Handschuhfach fand Lea eine leere Hundekeks-Tüte. »Hier, halt dir die vor den Mund!« Keinen Augenblick zu spät, denn Frederike erbrach sich, glücklicherweise zielsicher, in die Tüte.
    Als sie zehn Minuten später zusammen und samt Gepäck die Praxis betreten hatten, war zu allem Überfluss am Empfangstresen eine lautstarke
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