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Menschenfänger

Menschenfänger

Titel: Menschenfänger
Autoren: F Steinhauer
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ja? Ihr habt sie gefunden?«, fragte er lauernd mit lüsternem Unterton.
    Nachtigall ließ ihn in seine Zelle bringen, ohne diese Frage zu beantworten.

56
    Martin Lukas war sehr blass.
    Die Schwester hatte ihm ein dickes Kissen in den Rücken geschoben, und die Schulter war professionell verbunden.
    »Glatter Durchschuss. Sie mussten keine Kugel raus-operieren, und ich habe ein Loch im Schulterblatt. Schießt die Polizei jetzt schon mit Kanonenkugeln?«
    »Auf Entführer immer.« Peter Nachtigall war nicht zum Scherzen aufgelegt.
    »Was sollte diese Entführungsaktion? Wenn Frau Brusching doch noch stirbt, sind Sie wegen Mordes dran.«
    »Ich hatte gehofft, Sie würden die Entführung diesem Windisch in die Schuhe schieben. Warum Sie sich das dann anders überlegt haben, weiß ich doch nicht!« Der schmächtige Mann bewegte sich etwas ungestüm und verzog schmerzerfüllt das Gesicht.
    »Sie haben mir gesagt, Sie hätten es aus Liebe getan. Erklären Sie mir das genauer!«
    »Benno. Seine Frau hat das Geld, wissen Sie. Er stammt eigentlich aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, aber mit ihr hat er finanziell das große Los gezogen. Als sie krank wurde, lernten wir uns kennen und verliebten uns ineinander. Alles lief gut, bis seine Frau von ihm verlangte, das außereheliche Verhältnis zu beenden. Er traute sich nicht, ihr von mir zu erzählen. Verarmungswahn. Benno glaubte, ohne das viele Geld nicht durchs Leben zu kommen. Also trafen wir uns nur noch an geheimen Plätzen.«
    »Aber das war Ihnen nicht genug.« Hinter Nachtigalls Stirn hämmerte der Kopfschmerz.
    »Nein. Sehen Sie, wenn man jemanden wirklich liebt, möchte man doch die ganze Zeit mit ihm zusammen sein. Nicht nur ab und zu, an verschwiegenen Orten. Ich wollte ihm das Entscheidungshemmnis aus dem Weg räumen.«
    »Und das war ganz allein Ihre Idee?« Nachtigall zog die linke Augenbraue skeptisch hoch.
    »Na, ja. Im Grunde schon.«
    Erst als er die Tür hinter sich schloss und dem Polizisten zunickte, der eine Flucht Martin Lukas’ verhindern sollte, wurde ihm klar, wie seltsam diese Antwort war.
     
    In der Inneren Medizin traf er Herrn Dr. Brusching am Bett seiner Frau an.
    »Wie geht es ihr?«
    »Sie schläft, sie wird überleben. Die Ärzte werden versuchen, das Organ zu retten, aber es ist noch nicht sicher, ob es ihnen gelingen wird.«
    »Hoffen wir das Beste.«
    »Sie sind auch verletzt? Ist das bei der Befreiung passiert?«
    »Ich habe einen gefährlichen Beruf. Manchmal trage ich auch Blessuren davon. Aber wir konnten Ihre Frau retten, und das ist die Hauptsache.«
    »Ich habe gehört, dieser Windisch war gar nicht der Täter.«
    »Das stimmt. Er hatte mit der Entführung Ihrer Frau nichts zu tun. Ihr Freund Martin hat die Tat zugegeben.«
    Brusching wurde noch blasser.
    »Was? Er?«
    »Wie das im Einzelnen zusammenhängt, werden die Ermittlungen ergeben. Im Moment sieht es so aus, als habe er aus Eifersucht versucht, Ihre Frau zu töten. Er nennt es Liebe.«
    »Und woher haben Sie das gewusst?«
    Nachtigall schüttelte den Kopf, verabschiedete sich und ging.
     
    Die Ermittlungen würden ergeben, ob der Gatte in die Pläne Lukas eingeweiht war – im Moment konnte er ihm nichts nachweisen.
     
     
    Müde und zerschlagen beeilte er sich dennoch, an Tante Ernas Bett zu kommen.
    Sie schrumpft, dachte er erschrocken, jedes Mal, wenn ich komme, ist weniger von ihr übrig.
    Sabine warf ihm einen seltsamen Blick zu, räumte aber bereitwillig den Platz am Bett. Leise ächzend nahm Nachtigall auf dem unbequemen Besucherstuhl Platz und griff nach der klauenartigen Hand seiner alten Tante.
    »Na, willst du dir dein verwegenes Ziehkind nicht mal kurz ansehen?«
    Sabine unterdrückte ein Schluchzen und huschte auf den Gang hinaus.
    »Weißt du, es ist mir heute so viel passiert, dass ich gar nicht weiß, wo ich mit dem Erzählen anfangen soll. Aber ich kann dir sagen, mein ganzes Team ist lädiert. Albrecht wird wegen einer Schussverletzung an der Hand ausfallen und der arme Michael Wiener hat einen Schock erlitten und muss auch pausieren. Sieht so aus, als müsste ich ab morgen für drei arbeiten.« Er rieb die zarte Hand an seiner stoppeligen Wange.
    »Tante Erna, nun komm doch wieder zurück! Alle vermissen dich schmerzlich. Jule wird bestimmt bald ihren Emile heiraten und da braucht sie doch kompetenten Beistand. Schleich dich jetzt nicht einfach so davon! Bitte! Komm zurück!«
    Müde sank sein Kopf auf ihre Bettdecke.
    Die Tür öffnete sich fast
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