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Menschenfänger

Menschenfänger

Titel: Menschenfänger
Autoren: F Steinhauer
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jetzt Richtung Drachhausen und gucken nach, ob er dort ist.«
    »Hast du Emile Bescheid gesagt?«
    »Nein. Aber das mit der Gesprächsvorbereitung scheint noch zu dauern. Als ich an der Tür vorbeikam, habe ich nur gehört: ›So geht das nicht, Herr Brusching! Wenn Sie bei jedem zweiten Satz drohen und die Fäuste schwingen, wirkt der Rest unglaubwürdig!‹ Da ist noch viel Vorarbeit zu leisten.«
     
     
    Die Schritte hatten jetzt das Untergeschoss erreicht.
    Offensichtlich war auch der Entführer davon überrascht, dass sie Besuch bekamen, es musste sich also um einen Retter handeln. Paula Brusching arbeitete weiter an der Ablösung des Klebestreifens. Schaffte sie es nicht, ihn zu entfernen, kam für den Retter jede Hilfe zu spät. Der Unbekannte hatte sich mit der Taschenlampe in der Hand hinter der Tür in Position gebracht und lauerte dort mit angehaltenem Atem.
    Die Schritte erreichten die Tür.
    Leise quietschend gab die Klinke nach.
    Dann schob jemand von außen die Tür einen Spalt breit auf.
    »Frau Brusching?«, fragte eine angenehme Bassstimme, und der Fremde stieß die Tür weit auf.
    Paula Brusching konnte außer »Hmmm. Hmmmm« nichts herausbringen und erreichte damit das Gegenteil von dem, was sie beabsichtigte. Der Retter stürmte herbei und fiel neben ihr auf die Knie.
    »Du lieber Himmel, Frau Brusching! Wie gut, dass ich Sie gefunden habe. Machen Sie sich keine Sorgen, ich bringe Sie zum Arzt«, erklärte er ihr, während er ungeschickt versuchte, den Klebestreifen von ihrem Mund zu zerren. Sie hatte die Augen weit aufgerissen und erkannte in dem finsteren Dämmerlicht, wie der andere aus seiner Ecke immer näher heranschlich. »Hmmm, hmmmm!«, brummte sie warnend und versuchte, ihn durch Kopfbewegungen auf die drohende Gefahr aufmerksam zu machen, doch der Fremde verstand sie nicht.
    »Ist ja gut. Das wird alles wieder! Ich …«
    Damit sackte der schwere, große Mann zur Seite. Der Entführer leuchtete erneut sein Gesicht von unten an und grinste. »Tja, Männer und Frauen sprechen eben nicht dieselbe Sprache. Es gibt keine sinnvolle Kommunikation zwischen den Geschlechtern«, lachte er dann, überzeugte sich davon, dass der Mann bewusstlos war und holte aus einem Nebenraum einen Stuhl herbei.
    Unter gewaltigem Ächzen gelang es ihm, Peter Nachtigall auf den Stuhl zu setzen und dort zu fesseln.
    Paula Brusching ließ ihren Tränen freien Lauf.
    Nun gab es tatsächlich keine Hoffnung mehr.
     
     
    Albrecht Skorubski fand das Ferienhaus ohne Schwierigkeiten.
    Am Waldrand parkte Peter Nachtigalls Wagen. Er hatte also richtig vermutet.
    Michael Wiener lief zum Grundstück hinüber, und Skorubski folgte ihm.
    An der Rückseite fanden sie die offene Hintertür und betraten das Haus.
    »Hier ist er nicht«, stellte Skorubski nach einem schnellen Gang durchs Erdgeschoss fest. »Rauf oder runter?«
    »Runter«, beschloss Michael Wiener. »Wenn ich jemanden entführen wollte, würde ich ihn in den Keller stecken. Obergeschoss ist viel zu gefährlich. Wenn er auf den Boden trampelt oder anders Geräusche macht, wird er sofort entdeckt.«
    »Gut. Hast du eigentlich eine Waffe mit?«
    Wiener nickte. »Und meine Taschenlampe.«
    »Kluger Junge«, lobte Skorubski, »ich nämlich nicht.«
    Vorsichtig nahmen sie die Treppe nach unten. Obwohl sie beide ungleich leichter waren als Nachtigall, konnten sie ein gequältes Stöhnen der alten Stufen nicht verhindern.
     
    Peter Nachtigall tauchte aus dem Dunkel der Bewusstlosigkeit auf und versuchte sich zu erinnern, wie er in diese missliche Lage gekommen war. Leicht benommen fiel ihm ein, wie er sich neben Frau Brusching gekniet hatte und dann … dann musste er einen Schlag über den Kopf bekommen haben! Es war also noch jemand hier.
    »Na, Herr Hauptkommissar. Ausgeschlafen?«, höhnte eine Stimme.
    Nachtigall wollte sich an den Hinterkopf greifen, doch seine Arme waren an die Lehnen des Stuhls gefesselt. Vorsichtig versuchte er, die Beine zu bewegen, doch auch das war unmöglich. Selbst der Oberkörper war mit einem Seil an der Lehne festgezurrt.
    »Lassen Sie Frau Brusching gehen! Sie braucht ihre Medikamente.«
    »Sie halten mich wohl für komplett schwachsinnig, wie?«
    Peter Nachtigall hatte diese Stimme schon gehört, aber wo?
    Sie war ihm schon bei einem Gespräch aufgefallen, etwas überhaucht und doch melodisch. Zu wem gehörte die nur? Es war erst kürzlich.
    »Sie haben doch jetzt mich. Wenn Sie Lösegeld erpressen wollen, reicht doch eine
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