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Menschenfänger

Menschenfänger

Titel: Menschenfänger
Autoren: F Steinhauer
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geräuschlos und Conny kam herein.
    Sie unterdrückte einen leisen Aufschrei, als sie ihren Peter so am Bett sitzen sah.
    »Was war denn heute los?«, flüsterte sie dann.
    »Mord und Entführung, eine Schießerei, vier Verletzte, eine kranke Geisel, mehrere Festnahmen. Möchtest du noch mehr hören?« Er zog sie an sich und küsste sie innig.
    »Ja«, antwortete sie, als er ihre Lippen wieder frei gab, »allerdings möchte ich das. Wer hat dich so zugerichtet?«
    »Zum Teil habe ich das selbst geschafft, den Rest hat ein Entführer besorgt. Aber der Fall ist gelöst und wir haben den Täter.«
    Zärtlich strich sie ihm über den Kopf, sparte aber die verpflasterte Stelle aus.
    »Nach diesem Schlag hat sich bei dir vielleicht noch mehr verwirrt – ich werde deine Entwicklung kritisch beobachten.«
    »Ich liebe dich. Kaum kommst du, fühlt sich die Gehirnerschütterung gar nicht mehr so schlimm an.«
    »An Wunderheilungen glaube ich nicht – und im Handauflegen bin ich eigentlich gar nicht gut. Das muss ich wohl noch üben.«
    »Ich stelle mich als Übungsobjekt zur Verfügung. Jederzeit.«
    Tante Ernas Augen blieben geschlossen.
    Sie atmete flach und unruhig.
    »Wird sie wieder zu uns zurückkehren?«, fragte Nachtigall leise.
    Conny beugte sich zu ihm hinunter und flüsterte ihm eindringlich zu: »Sie kehrt nicht zurück! Sie kann aber auch nicht gehen, weil ihr beide so klammert. Sie wird wohl auch nicht gehen, solange ihr sie immerzu zum Bleiben auffordert. Dabei würde sie gerne in Würde sterben. Hat sie nicht immer gesagt, sie habe ein erfülltes Leben gehabt, und ihr sei nicht bange davor, sterben zu müssen?«
    Peter Nachtigall sah Conny unglücklich an.
    Sie hatte ja recht.
    Es war einfach nicht fair, Tante Erna so ans Leben zu ketten.
    Aber da war noch etwas, was er mit ihr zu klären hatte, unter vier Augen.
    Conny spürte, dass er allein sein wollte.
    Langsam entzog sie ihm ihre Hand, strich der alten Dame liebevoll über die eingefallenen Wangen und ging zur Tür.
    »Lass sie gehen, Peter«, flüsterte sie noch einmal, dann war sie verschwunden.
     
    »Ich habe lange über deine Entscheidung nachgedacht und ich glaube, ich war deshalb so wütend auf dich, weil ich mich ein wenig schuldig gefühlt habe. Aber manchmal nützt das Denken sogar bei einem unbeweglichen Riesen wie mir. Es war deine Entscheidung. Und es steht mir nicht an, sie zu kritisieren. Ich möchte nicht im Streit von dir Abschied nehmen müssen.«
    Er holte tief Luft.
    »Conny hat vielleicht recht und wir sind nicht fair. Zwei erwachsene Waisenkinder, die einfach nur Angst davor haben, ganz verlassen zu werden. Dabei hast du immer dafür gesorgt, dass wir wussten, dass nichts geschehen kann, so lange wir beide einander haben. Triff deine Entscheidung. Wir werden dich nicht mehr halten! Versprochen!«
    Damit erhob er sich leise stöhnend, beugte sich vor und küsste Tante Erna auf die Stirn.
    Täuschte er sich oder hatte sich ihr Gesichtsausdruck tatsächlich verändert? Fast kam es ihm vor, als lächle sie.
    Er verließ das Zimmer und hatte noch keine zehn Schritte gemacht, da setzte Tante Erna ihre Entscheidung in die Tat um.
     
     
    Conny fuhr mit ihm nach Hause.
    Beim Aussteigen ertönte plötzlich ein seltsames Geräusch von der Rückbank.
    »Du hast einen blinden Passagier!«
    Peter Nachtigall hob seine Jacke an.
    Darunter hatte sich die zierliche schwarze Katzendame vom Kämmererhaus versteckt.
    »Na, du bist mir ja eine! Hat es dir denn auf dem Gelände dort nicht mehr gefallen?«
    Er schob seine Pranke unter den kleinen Körper und hob das Tierchen aus dem Auto. Als es zu zittern begann, schob er es unter die Jacke und trug es ins Haus.
    »So eine schreckliche Zeit. Mord und Entführung und Tante Erna! Ich sollte mir ein paar Tage frei nehmen.«
    Conny drückte sich an ihn und sah ihn an.
    »Ich bleibe heute Nacht hier und vertreibe die finsteren Gedanken. Einverstanden?«
    Nachtigall nickte glücklich und setzte die schwarze Kätzin im Flur auf den Boden.
    Casanova betrachtete den Neuzugang kritisch.
    »Wie wollen wir die kleine Dame denn nennen?«
    »Hm – Domina würde doch ganz gut zu Casanova passen«, schlug Conny augenzwinkernd vor.
    »Sicher – und ich stelle mich abends in den Garten und rufe laut ›Domina‹! Das führt zu Missverständnissen mit den Nachbarn.«
    »Zur Zeit Casanovas trugen Frauen, die zu einem Maskenball gingen, einen Domino. Das ist unverfänglicher.«
    »Gut. Einverstanden. Domino kann ich rufen
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