Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Name ist Eugen

Mein Name ist Eugen

Titel: Mein Name ist Eugen
Autoren: Klaus Schädelin
Vom Netzwerk:
grässlich, huck. Er habe die ganze Nacht kein Auge, gluggs, zugetan, und kein Mittel, hipp, könne ihm helfen.
    Jeder rechtdenkende Mensch sah ihm an, wie er litt.
    Bloss der Herr Klameth, unser Deutschlehrer, nicht.
    Noch keine fünf Male hatte der Wrigley unfreiwillig Laut gegeben, da fragte der Klameth, wer da hinten Schabernack treibe. Der Wrigley rief empört:
    «Herr Klameth, das ist kein Schaberhucks, sondern eine schwere Krankhiggs!»
    Doch kaum hatte er diesen Satz geprägt, warf ihn der Lehrer unbesehen vor die Tür.
    Auch die nächsten zwei Lehrer am selben Vormittag erkannten nicht die Tiefe seines Leidens, und erst, als der Klameth mit uns die letzte Stunde hielt, kam er ob Wrigleys Hartnäckigkeit auf den Gedanken, es könnte etwas an der Sache sein. Nicht dass ihn dieser Gedanke zum Erbarmen reizte. So etwas gehört nicht zum Lehrerberuf. Wohl aber schickte er ihn zum Schularzt mit der Bemerkung, man wolle doch einmal sehen, was dem Früchtchen fehle.
    Und so begleiteten wir den halbtoten Wrigley am schulfreien Nachmittag aufs Schularztamt an der Bundesgasse. Wir mussten eine Stunde lang warten.
    Ich muss sagen, in einem solchen Wartezimmer, wo es so sehr nach Vergänglichkeit und nach Naphtalin riecht, wird der stärkste Mann krank. Auch wir Begleiter fühlten uns schwach und schwächer werden, besonders als eine dicke Frau mit ihrem Buben auf dem Schoss für Wrigleys Leiden Interesse zeigte und sagte:
    Mit so etwas sei nicht zu spassen. Der Schluckauf sei zwar nichts. Wenn er aber Tage dauere, dann lasse das auf einen Gehirntumor schliessen. Hin und wieder könne eine zwölfstündige Operation noch helfen, aber meistens sei es schon zu spät.
    So schwatzte sie — man kann schon sagen: Auf fruchtbarem Boden! Der Wrigley begann zu zittern, tastete sich den Kopf ab, schluckte und würgte und fragte, ob denn gar kein Mittel mehr helfen könne.
    Über diesem Bangen und Fragen geschah etwas Unerhörtes: Das Glucksen hörte auf! Nicht nur für eine Minute, sondern für immer! Ich muss schon sagen, im blödesten Augenblick, denn trotzdem der Wrigley vor Freude glänzte, ahnte ich Böses.
    Richtig, da ging auch schon die Türe des Untersuchungszimmers auf, und der Wrigley wurde hereingerufen, und erst jetzt merkte auch er, dass seine Heilung mindestens eine Viertelstunde zu früh erfolgt war.
    Mit blödem Ausdruck ging er hinein; mit noch blöderem aber kam er bald darauf heraus, denn in der Hand hielt er ein Arztzeugnis, das er dem Herrn Klameth zu überreichen hatte, und man konnte sich ausdenken, was der Schularzt über dieses schwere Glucksen geschrieben hatte.
    Wie sollten wir uns mit diesem Papier in der Schule wieder zeigen? Wie sollten wir uns vor diesen Klameth stellen? Sorgenschwer

    Lieber Leser! Mit Verwunderung stellst du fest, dass dieser Roman mitten im Satz ein jähes Ende nimmt. Du kannst nicht erraten warum. Du kannst mit keiner Einfühlungsgabe dahinterkommen, was mir die Feder so barsch aus der Hand geschlagen hat.
    Lass dir die Katastrophe erklären:
    Auf der ersten Seite habe ich geschrieben, ich sei dreizehn Jahre alt.
    Das stimmt leider nicht mehr: Übermorgen werde ich vierzehn!
    So lange habe ich an diesem Buch geschrieben. Ich rate dir: Schreibe nur ja nie ein Buch! Du bekommst nicht nur den Krampf in der Hand. Nein, du verdüsterst dir noch deinen Alltag.
    Ein Jahr lang haben mir der Wrigley und der Eduard eingeblasen, ich solle schreiben und schreiben. Ich sei das der Menschheit und der leidenden Jugend schuldig. Ich werde berühmt. — Aber ich merke mehr und mehr:
    Der Wrigley wollte berühmt werden! — Weil er es bitter nötig hat. Wenn er es nicht bald wird, so geht er unter ohne Sang und Klang. Denn wiederum droht die Promotion. Und wenn er fliegt, so will er zum wenigsten ein Romanheld sein.
    Also, ich habe geschrieben. Von Schweiss zu Schweiss. Alle die bitteren Tragödien habe ich zu Papier gebracht, wie man dem sagt.
    Aber schliesslich, man ist auch nur ein Mensch. Wer will mir zumuten, am Tisch zu sitzen, während der
    Wrigley, der Eduard und der Bäschteli der Freiheit huldigen? Darum erfand ich nach einem halben Jahr ein neues System: Ich fing an, in der Schule zu schreiben. Besonders während der Stunden des Klameth, unseres Deutschlehrers. Der ist ja kurzsichtig. Und verfehlt habe ich inzwischen wahrhaftig nicht viel. Ich möchte wetten, dieses Buch wäre fertig geworden, ohne jene Katastrophe vor zwei Wochen.
    Damals sass ich also und schrieb just von jenem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher