Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Name ist Eugen

Mein Name ist Eugen

Titel: Mein Name ist Eugen
Autoren: Klaus Schädelin
Vom Netzwerk:
er uns schüchterne Knaben für ein paar Tage zu sich ein, und am Kaminfeuer spielte er uns abends auf seinem Handörgelchen und erzählte uns aus jener Zeit, wo sich die Jugend noch auf Streiche verstand: Wie sie zum Beispiel im Monbijou ein Tram und ein andermal einen Commestibler zum Entgleisen brachten. Er erzählte, wie er in späteren Jahren als Skilehrer in den Saanenmöösern die Einheitstechnik erfand; wie er hierauf in England Steuermann und Schiggen lernte; und wie er anschliessend in London ohne Vorkenntnisse Kinooperateur wurde, so dass das staunende Publikum jeweilen den ersten, dann den vierten, hierauf den dritten und zuletzt den zweiten Akt zu Gesicht bekam, weil er hinten oft die Rollen verwechselte. — Diese Reihenfolge muss manchmal sehr spannend gewesen sein: Einmal habe der Film mit einem Kuss begonnen, und erst drei Minuten vor Schluss habe dann der Held die Liebeserklärung nachgeholt, und die Kritiker schrieben, in jenem Kinotheater sei ein herrlicher Film zu sehen: So ganz modern und ohne allen Zusammenhang. Es war ein Bombenerfolg.
    Über diesem Erzählen war es spät und später geworden, aber wir hätten freiwillig unsere Bärte durchs Tischblatt wachsen lassen, wenn nicht der Bäschteli, dieser Säugling plötzlich schlafend vom Stuhl gefallen wäre.
    So erhoben wir uns denn notgedrungen, und der Fritzeli, der im obersten Stock einer feudalen Mietkaserne wohnt, wollte uns hinauf in die Mansarde geleiten.
    Zu diesem Zweck musste er mit uns ins Treppenhaus.
    Es war ungefähr eine halbe Stunde nach Mitternacht.
    --Und draussen im Gang begann es, das grosse, das grösste und beinahe das schönste, aber am Ende das schrecklichste Abenteuer unseres Lebens.
    Im Treppenhaus empfing uns nämlich ein beizender Rauch, und sogleich ahnten wir, dass uns das gnädige Schicksal eine echte Feuersbrunst in die Hände gespielt hatte.
    In diesen kritischen Augenblicken zeigte sich der Fritzeli in seiner ganzen alten, überragenden Grösse!
    Kühn stieg er mit uns von Stockwerk zu Stockwerk durch das schlafende Haus hinunter. Leider wurde der Rauch gegen das Parterre hin immer dünner, und das rührte daher, dass Rauch nach oben steigt.
    Aber immerhin, Rauch blieb Rauch, und wir wandten unsere Aufmerksamkeit dem Keller zu, aus dem er offensichtlich kam.
    Und richtig, dort unten fanden wir den Herd. Wir betraten einen jener modernen Zementkeller mit den vielen Türen für die einzelnen Parteien, und aus einer dieser Türen drang ein feiner Rauch, der den Rahmen schon ein wenig geschwärzt hatte.
    Der Fritzeli riss die Türe auf.
    Eine Sekunde blieb alles dunkel, aber dann plötzlich — wwumm — loderte drinnen ein richtiger Brand auf, sobald genügend Luft hereingedrungen war.
    Misslich war bloss, dass er sogleich wieder erstickte, wenn man den Raum wieder verschloss: Dann schwelte es aus Sauerstoffmangel bloss noch weiter.
    Es war für uns daher nicht leicht, das Feuer richtig zu regulieren.
    Der Fritzeli bewahrte vollkommene Ruhe. Sachlich stellte er fest:
    Weder für Leben noch für Gut bestehe die geringste Gefahr, denn in jenem Abteil seien nur Buchenscheiter ohne namhaften Wert gestapelt, und der übrige Keller sei aus handfestem Beton.
    Nachdem wir uns an dieser Sache fast eine halbe Stunde herrlich amüsiert hatten, dachten wir Anfänger allgemach ans Löschen und wollten dem Brandherd mit Wasser zu Leibe rücken.
    Aber der Fritzeli, nun ganz in seinem Element, war strikte dagegen.
    So mache man das nicht. Das sei nicht fachgemäss.
    Ohne jede Eile führte er uns wieder in seine Wohnung hinauf, öffnete seinen Schrank und überreichte einem jeden von uns einen französischen Stahlhelm, den er aus dem letzten Krieg gerettet hatte.
    Von nun an sahen wir schon viel gefährlicher aus, und mit Stolz in der Brust kehrten wir in den Keller zurück.
    Wir sahen sofort: Eile war nun geboten, denn wenn wir nicht sofort einschritten, drohte der Brand vollends zu ersticken. Weil einem nicht jedes Jahr eine solche Occasion in den Schoss fällt, beschloss der Kriegs- oder besser gesagt der Feuerrat, die Sache auszubauen.
    Wo Ruhm winke, da dürfe man nicht müssig bleiben, belehrte uns der Fritzeli.
    Wagemutig öffnete er die gebräunte Kellertür so lange, bis ihm seine Augenbrauen fehlten, und der Erfolg wäre uns bei einem Haar über den Kopf gewachsen.
    Mit letzter Anstrengung warf er die Türe ins Schloss.
    Ungefähr eine weitere halbe Stunde hielten wir auf diese Weise mit Öffnen und Schliessen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher