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Mein mutiges Herz

Mein mutiges Herz

Titel: Mein mutiges Herz
Autoren: KAT MARTIN
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Verbindung zu den Qualen, die er als Halbwüchsiger erlitten hatte. Aber könnten solche bitteren Erlebnisse einen Mann zum Mörder machen?
    „Was denkst du darüber?“, fragte Rudy bang.
    Lindsey straffte die Schultern. „Ich denke jedenfalls nicht, dass er diese Frauen getötet hat, nur weil du ihn vor Jahren in einer peinlichen Lage ertappt hast. Allerdings befürchte ich, er könnte nach seinem ersten Mord auf den Gedanken gekommen sein, sich an dir für die Schmach zu rächen, die du ihm damals zugefügt hast, indem er dir die Schuld an seinen weiteren Morden in die Schuhe schiebt.“
    „So etwas Ähnliches dachte ich mir auch.“
    „Die Sache mit den Seidentüchern und den Fesseln … ich glaube nicht, dass das nur Zufall ist.“
    Und dann berichtete sie von Stephens Kinderfrau Tilly Coote, die ihn als Kind mit einer Birkenrute züchtigte und sich später an dem Halbwüchsigen vergangen hatte.
    Rudy hob den Kopf. „Ich erinnere mich an sie. Ich konnte sie nicht leiden und Stephen auch nicht. Wenn du recht hast, wie kann mir das helfen? In wenigen Tagen stehe ich vor Gericht. Wie sollen wir beweisen, dass er der Täter ist?“
    Lindsey schüttelte ratlos den Kopf, das Herz lag ihr schwer in der Brust. Ihrem Bruder drohte das Todesurteil. „Ich weiß es nicht“, murmelte sie, nahm ihn bei der Hand und spürte sein Zittern. „Ich weiß es nicht, Rudy.“
    Dann straffte sie die Schultern. „Aber ich finde eine Lösung, das schwöre ich bei allem, was mir heilig ist.“
    Es war bereits dunkel, als Lindsey das Gefängnis verließ. Zu ihrer Erleichterung wartete die klapprige Kutsche auf sie. Der Kutscher hatte es sich im Wageninnern bequem gemacht und war eingeschlafen. Er schnarchte so laut, dass er selber davon aufwachte, sich benommen aufrichtete und blinzelte wie eine Eule. „Wird aber auch Zeit, dass Sie endlich kommen“, brummte er.
    „Vielen Dank, dass Sie gewartet haben.“ Er stieg aus und kletterte auf seinen Kutschbock.
    „Bitte fahren Sie mich in die Half Moon Street“, rief sie ihm beim Einsteigen zu. „Die Nummer weiß ich nicht, aber ich zeige Ihnen das Haus.“
    „In Ordnung, Miss.“ Er ließ die Zügel schnalzen; das alte Pferd hob den müden Kopf und trottete los. Lindsey wollte Thor berichten, was sie von Rudy erfahren hatte, und gemeinsam mit ihm die nächsten Schritte planen.
    Als die Kutsche am Haus vorfuhr, in dem Thor wohnte, warf sie einen Blick nach oben und sah, dass die Fenster seiner Wohnung dunkel waren. Es war noch nicht spät am Abend. Wenn er nicht zu Hause war, bestand die Chance, dass sie ihn bei Saber im Stall antreffen würde.
    „Ich habe es mir anders überlegt. Fahren Sie mich zum Mietstall am Green Park. Es ist nicht mehr weit“, sagte sie dem Kutscher, der bereitwillig nickte. Immerhin brachte ihm die Fahrt zusätzliche Einkünfte.
    Unterwegs wurde Lindsey unruhig und freute sich darauf, Thor zu sehen und ihm die Neuigkeiten zu berichten.
    Als die Kutsche vor dem Stall anhielt, sah Lindsey zu ihrer Erleichterung in einem kleinen Fenster neben dem großen Tor ein Licht brennen.
    „Vielen Dank noch mal“, sagte sie und händigte dem Kutscher das Fahrgeld und ein großzügig bemessenes Trinkgeld aus, bevor sie den Weg zu dem lang gestreckten Holzschuppen am Rande des Parks einschlug, nicht weit entfernt von dem Backsteinbau, in dem die Pferde ihres Vaters untergebracht waren.
    Sie huschte durch die halb offene kleine Tür, die im Tor eingelassen war, und blickte sich suchend um. Zu ihrer Enttäuschung war Thor nirgends zu sehen. Doch dann streckte Saber den Kopf aus dem Verschlag seiner Box und wieherte leise zur Begrüßung. Lächelnd raffte Lindsey die Röcke und näherte sich ihm.
    „Hallo, mein Hübscher. Wo ist denn dein Herr heute Abend? Ich war mir sicher, dass ich ihn bei dir finde.“
    Saber wieherte wieder leise.
    „Dann muss ich eben bis morgen warten.“ Sie warf noch einen Blick durch den Stall. Die anderen Pferde standen ruhig in ihren Boxen. Plötzlich fiel ihr auf, dass auch der junge Stallbursche Tommy Booker nicht da war. Sie war völlig allein in dem halbdunklen Stall, und ein unbehagliches Gefühl beschlich sie.
    In letzter Zeit war so viel geschehen, sie war in seltsame Verstrickungen geraten. Drei Frauen waren auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen. Vielleicht war auch Simon Beale etwas zugestoßen. Sie dachte daran, wie wütend Thor wäre, wenn er wüsste, dass sie nach Einbruch der Nacht ohne Begleitung durch die Gegend streifte.
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