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Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie

Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie

Titel: Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie
Autoren: Bud Spencer
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Weltkriegs die Fabrik meines Vaters völlig zerstörte.
    Mehr als einmal mussten meine Eltern im Laufe ihres Ehelebens wieder ganz von vorn anfangen und sich einem wechselhaften Schicksal fügen. Meine Schwester und ich merkten von alldem nichts: Uns ging es gut, da wir durch unsere kindliche Ahnungslosigkeit und die fürsorgliche Pflege der Eltern beschützt waren. Zweifellos ist meine Familie stets das Fundament meiner Erfolge gewesen. Das mag phrasenhaft anmuten - aber die Wahrheit klingt umso rhetorischer, je wahrer sie ist.
    Meine Mutter Rosa stammte gebürtig aus Chiari in der Nähe von Brescia und hieß in Wahrheit Rina, wurde aber von allen Rosa gerufen. Als Ehefrau eines vermögenden neapolitanischen Industriellen war sie gut versorgt - später im Leben aber, gleich nach dem Zweiten Weltkrieg, musste sie notgedrungen in Rom Taschentücher mit dem Motiv des Kolosseums für die Amerikaner besticken.
    Papa, Alessandro Pedersoli, war ein Industrieller, der aus einer Familie von Industriellen stammte. Er hatte sein Vermögen geerbt und gab sich Mühe, es auch zu bewahren. Er war Mitglied im »Club Savoia« in Neapel, einem sehr exklusiven Ort, wohin er mich einmal mitnahm, als ich etwa zehn Jahre alt war und der kurz bevorstehende Krieg bereits in der Luft lag. Ich erinnere mich, als wäre es heute, wie er ich einmal in seine Fabrik und in seine Läden mitnahm, noch bevor alles zerstört war. Er war ein sehr ehrlicher Mann, der mich lehrte, unseren Familiennamen voller Stolz zu tragen. Er betonte immer, dass ein Pedersoli noch nicht einmal einen Strafzettel erhalten hätte und dass es keinen materiellen Grund gäbe, für den ein Mann seine eigene Würde aufs Spiel setzen müsste. Heute würde man sagen, dass er aus einer anderen Zeit stammte. Tatsächlich wurde er vor mehr als einem Jahrhundert geboren, aber solche Prinzipien gelten für alle Zeit und waren mir immer eine innere Richtung für mein Handeln.
    Meine Großmutter mütterlicherseits kam aus Brescia und wurde »Sciùra Ninni« (»Signora Ninni«) gerufen. Wenn wir sie besuchten, öffnete sie, kaum dass sie mich erblickte, die Arme und rief in ihrem Dialekt, der für mich kaum verständlicher als Chinesisch war: »Herrgott, ist das möglich! Komm her, mein patanflùm !«
    Wer konnte sie eigentlich verstehen?! Dieser Dialekt-Ausdruck »patanflùm«, der etwa so viel wie »Dickerchen« bedeutet, klingt mir heute noch in den Ohren nach. Erst später ging mir auf, dass ich in ihren Augen jedes Mal, wenn wir uns nach langer Zeit wiedersahen, unglaublich gewachsen war. Am Anfang hob sie mich auf den Arm, einige Jahre später vertauschten wir die Rollen.
    Diese kuriose Mischung aus verschiedensten Dialekten, Bräuchen und »vermischtem Blut« zwischen Norden und Süden innerhalb meiner Familie (und da sind wir sicher nicht die Einzigen) hat mich von klein auf gelehrt, Italien als geschlossene Einheit anzusehen. Darum finde ich es unsinnig, die einzelnen Landesteile nach starren »regionalistischen« Raster aufzuteilen.
     
    *
     
    Andererseits stimmt es natürlich auch, dass ein jeder von uns auf  seine Herkunft stolz sein und seine eigenen Wurzeln nicht zu verraten sollte. Die Literatur, das Theater und der Film haben uns zwar mir der Vorstellung vertraut gemacht, dass die neapolitanische Identität ein Vermächtnis der Armut, der tagtäglichen Konfrontation mit Hunger und Tod sei – was sicherlich auch einen wahren Kern hat, auch wenn es nicht auf mich zutrifft. Doch bin ich Neapel vielleicht stärker verbunden als viele jener Landsleute, die einen plakativen und karikaturistischen »Neapolitanismus« zur Schau stellen. Denn für mich ist Neapel nicht bloß ein geografischer Ort: Neapolitaner zu sein ist aus meiner Sicht ein Geisteszustand.
    Ich sage es voller Stolz: Mein Neapel lebt in meinem Inneren und ist weniger nach außen sichtbar, nicht nur, weil ich diesen extremen Hunger als Kind nie erleiden musste, sondern vor allem, weil ich den größten Teil meines Lebens in der Fremde verbracht habe. Aber jedes Mal, wenn ich nach Neapel zurückkehrte, schöpfte ich nach kürzester Zeit mit vollen Händen aus der neapolitanischen Stereotypen-Quelle und fing wieder an, wie Totò zu sprechen. Totò (1898-1967) war ein Künstler aus NEapel, der als Komödiant internationalen Ruhm erlangte  An ihn habe ich eine sehr traurige Erinnerung, weil er damals, als ich die Gelegenheit hatte, ihn kennenzulernen, schon sehr alt und fast blind war. Der Fürst Antonio De
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