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Mein Leben für dich

Mein Leben für dich

Titel: Mein Leben für dich
Autoren: Loewe
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Blond, aber ich habe mich nie dazu durchringen können. Meine braunen Locken sind mir heilig, weil ich sie von meiner Mutter geerbt habe. Im Geist sehe ich noch oft vor mir, wie sie sich mit großer Hingabe ihren langen, haselnussbraunen Haaren widmet und sie so lange knetet, bis sie ein Megavolumen haben und richtig toll glänzen. Wenn sie endlich trocken waren, hatten sie immer einen ganz leichten Rotschimmer, und ich habe mir gewünscht, dass ich später auch einmal so wunderschönes Haar bekomme. Der Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Meine bis dahin spiegelglatten Haare begannen sich in der Pubertät zu locken und sind jetzt das, was ich am meisten an mir liebe.
    Chris hat mir nie ein Kompliment zu meinen Haaren gemacht, sondern mich höchstens Medusa oder Wetterhexe genannt, um mich zu ärgern. Einmal, als er mit einer Lockensträhne spielte und dabei prahlte, wie er irgend so einen Arsch aus der gegnerischen Mannschaft nach Spielschluss auf dem Eis vermöbelt hatte, dass der zwei Zähne verlor, bekam ich eine Gänsehaut und drehte mich von ihm weg. Ich wollte nicht, dass er währenddessen meine Locken berührt. Das war ein paar Wochen bevor er mit mir Schluss machte. Ich glaube, ihm hätte ich wasserstoffblond tatsächlich besser gefallen.
    Seufzend streiche ich mein Kleid glatt, in dem ich als Beatrice durch das Hotelzimmer gewandelt bin. Ich habe mich entschieden, es für die Theatermatinée anzulassen. Es ist lang, schmal und lindgrün, hat zarte Flügelärmelchen und ist unterhalb der Brust etwas gerafft. Ich habe es letztes Jahr von einer Freundin aus dem Internat zum siebzehnten Geburtstag bekommen. Sie hat es selbst entworfen und von ihrer Mutter, die Modedesignerin ist, anfertigen lassen. Es ist ein echter Traum. In der Öffentlichkeit hatte ich es allerdings bisher noch nie an, denn eigentlich ist es mir ein ganzes Stück zu lang. Ich muss zehn Zentimeter hohe Absätze tragen, und selbst dann reicht es noch bis zum Boden. Linda meinte, das habe sie extra so kalkuliert, weil ich mich immer darüber beschwere, dass ich nur eins dreiundsechzig bin. Auf diese Weise, meinte sie, werde ich gezwungen, hohe Schuhe zu tragen. Leider tun mir in High Heels immer viel zu schnell die Füße weh. Aber heute im Theater werde ich ja hauptsächlich sitzen und anschließend höchstens ein bisschen herumstehen, sodass ich es hoffentlich aushalten werde.
    Ich trage noch einen Hauch von hellgrünem Lidschatten und etwas Lipgloss auf und tusche meine Wimpern, bis sie schön lang und dicht sind. Danach betrachte ich mich eingehend.
    Heute früh, nachdem mein Vater mir unterbreitet hat, dass er wieder mal keine Zeit für mich hat und leider, leider, leider das ganze Wochenende mit irgendwelchen Geschäftspartnern aus Japan beschäftigt ist, habe ich nämlich einen Entschluss gefasst: Ich will zwar keine zweite Paris Hilton werden, denn allein dieses harmlose Foto von mir und dem abgekämpft aussehenden Zwerg hat mir vor Augen geführt, dass ich mit angriffslustigen Schlagzeilen nicht besonders gut klarkomme. Aber es wird trotzdem höchste Zeit, dass ich endlich anfange, unter Leute zu gehen und mir ein neues Leben aufzubauen. Und jetzt, wo der Zwerg hinterm Berg ist, wird es mir hoffentlich leichter fallen, eigene Wege zu gehen. Ich werde mich unglaublich bezaubernd auf dieser Matinée geben und allen zeigen, dass ich meinen Platz in Hamburgs High Society verdiene! Und was die Klatschreporter betrifft, vor denen mich mein Vater gewarnt hat: Sie sollen ruhig kommen. Ich werde ihnen keine Skandale liefern wie die üblichen It-Girls, die man so kennt, sondern ich werde mir einen Ruf kreieren, bei dem Niveau das Schlagwort ist. Ich werde sozusagen ein It-Girl der Nobelklasse sein, intelligent, witzig, sozial engagiert und mit Sinn für Kunst und Kultur. Und irgendwo unter meinen vielen neuen Fans und Freunden, die mich schätzen und lieben, werde ich vielleicht sogar jemanden finden, in den ich mich ebenfalls verliebe und dem ich mein Herz schenken möchte. Jemanden, der anders ist als Chris. Zärtlich und feinsinnig. Meinen Traummann.

Simon
    Ohne ein weiteres Wort schleift mich der verrückt gewordene Falkenstein in ein kleines Zimmer hinter der Rezeptionstheke.
    »Renate, bringen Sie uns doch bitte Kaffee, das werden Sie hoffentlich trotz des ereignisreichen Wochenendes noch auf die Reihe kriegen!«
    Aus den Augenwinkeln erkenne ich gerade noch, wie die Dame hinter die Rezeption huscht, wo einer dieser sauteuren
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