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Mein irischer Held

Mein irischer Held

Titel: Mein irischer Held
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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Verhalten nicht das Misstrauen der Wachen wecken. Zum Glück war deren Aufmerksamkeit auf anderes gerichtet, unbemerkt konnte Genevieve in den Schatten hinter der Leiter treten. Nun galt es, geduldig zu warten.
    Das war aus mehreren Gründen nicht leicht: Die Wachen schienen überhaupt nicht schläfrig zu werden, und vor Mac-Egan hatte Genevieve ihr Versteck nicht geheim halten können. Ab und zu fühlte sie, wie er seinen Blick zu ihr lenkte. Der Junge, den er Ewan genannt hatte und der auch in Ketten gelegt worden war, suchte immer wieder vergeblich nach einer einigermaßen erträglichen Stellung, was lautes Klirren der eisernen Fessel zur Folge hatte. Außerdem fror Genevieve erbärmlich.
    Dann hörte sie von oben Schritte, und gleich darauf stieg Hugh die Leiter hinunter. „Ich will allein mit den Gefangenen sprechen“, sagte er zu den Wachen.
    Genevieve presste sich noch fester an die kalte Wand.
    Gehorsam zogen Marstowes Männer sich zurück, und Hugh trat, mit einem Messer spielend, vor MacEgan. „Ihr hättet sie nicht berühren sollen. Sie gehört mir, und wer sie bedroht, muss sterben.“
    Ewan wurde blass, doch Bevan erklärte ruhig: „So ist Euch als Erstem der Tod gewiss, denn Ihr wart es, die der Dame alle möglichen Verletzungen zugefügt habt.“
    Die Hand des Normannen schnellte vor, und die Spitze seines Messers ritzte MacEgans Wange.
    Dieser rührte sich nicht.
    Hugh, der vor Wut keuchte, stach nun in die verletzte Schulter des Iren.
    Genevieve war sicher, dass niemand das ertragen konnte, ohne einen Schmerzenslaut von sich zu geben. Aber MacEgan presste nur die Lippen fest aufeinander und starrte dem Angreifer ins Gesicht.
    In diesem Moment wurde Genevieve klar, dass sie handeln musste. Wenn sie nichts unternahm, würde ihr Verlobter dem irischen Krieger gleich die Kehle durchschneiden. Sie umklammerte den großen Krug fest mit beiden Händen, trat lautlos aus ihrem Versteck und schlug Hugh das Tongefäß mit aller Kraft auf den Kopf. Der Krug zersprang in hundert Stücke, Hugh schwankte, hielt sich jedoch aufrecht. Und ehe Genevieve zurücktreten konnte, hatte er ihren Arm gepackt. Mit der anderen Hand holte er aus und gab ihr eine so heftige Ohrfeige, dass sie meinte, ihr Kopf würde explodieren. Ein spitzer Schrei löste sich von ihren Lippen.
    Hugh hatte erneut ausgeholt. Diesmal traf seine Faust ihre ver letzten Rippen. Sie schnappte nach Luft. Einen Moment lang empfand sie Todesangst, dann sank sie zu Boden.
    Bevan erkannte seine Chance. Als Hugh sich über Genevieve beugte, hob der Ire beide Arme. Die Kette, mit der er gefesselt war, spannte sich, und mit einem leisen Klirren legte sie sich um Marstowes Hals.
    Ein paar Sekunden lang war Hugh zu überrascht, um zu reagieren.
    MacEgan taumelte. Die Schmerzen in seiner Schulter waren beinahe unerträglich. Doch er konzentrierte sich ganz auf sein Ziel, blendete die Qualen aus, zog die Kette so fest wie nur möglich.
    Er wusste, was er zu tun hatte. In dem Augenblick, da Hugh Genevieve geschlagen hatte, war die Erinnerung an seine verstorbene Frau mit aller Macht über Bevan hereingebrochen. Deutlich sah er sie vor sich, wie sie um Hilfe rufend über das Schlachtfeld geflohen war, verfolgt von normannischen Reitern, die sie schließlich erreicht hatten – lange ehe Bevan, der sich mit dem Schwert einen Weg zu ihr erkämpfen musste, bei ihr sein konnte. Damals hatte er versagt. Heute würde er dafür sorgen, dass nicht wieder ein Normanne über eine unschuldige Frau herfiel.
    Hugh schlug um sich, zerrte an der Kette, stieß unartikulierte Laute aus. Doch nach und nach wurden seine Bewegungen schwächer. Er verlor das Bewusstsein.
    Aus den Augenwinkeln sah MacEgan, das jemand die Leiter hinunterstieg. Vermutlich hatten die Wachen etwas gehört, was ihr Misstrauen geweckt hatte. Nun kehrten sie zurück. Schwer atmend ließ Bevan von Marstowe ab. Der Mann hatte den Tod verdient. Jeder, der sich nicht schämte, Unschuldigen Gewalt anzutun, hatte ihn verdient. Doch im Moment gab es Wichtigeres, als diesen Feigling zu töten. Bevan musste sein eigenes Leben ebenso wie das seines Bruders Ewan und das der Normannin schützen.
    Metall blitzte auf. Einer der Wachen versuchte, den Iren mit dem Messer zu treffen. Dieser sprang zur Seite. Er war ein geübter Kämpfer, schnell, geschickt, ausdauernd. Aber er war verwundet, und er stand vier oder fünf Feinden gegenüber. Wie lange würde er sich erfolgreich gegen diese Übermacht wehren können?
    Dann
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