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Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)

Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)

Titel: Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)
Autoren: Ulrich Ott
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hoher Achtsamkeit auch Verläufe der Hirnaktivität stabilisieren.
    Einen anderen relevanten Bereich für die neurowissenschaftliche Meditationsforschung stellen Forschungsansätze dar, die versuchen, neuronale Korrelate für das »Selbst« zu identifizieren. Ausgangspunkt sind dabei meist psychische Störungen, die mit einer tiefgehenden Störung des Selbsterlebens einhergehen, wie die Schizophrenie, oder mit einer übermäßigen, negativ geprägten Beschäftigung mit dem eigenen Selbst bei depressiven Erkrankungen (Northoff, 2007; Sass & Parnas, 2003).
    Bei der Suche nach einer neuronalen Signatur des »Selbst« und seiner Störungen wird deutlich, dass es viele Aspekte der Selbstbewusstheit und Identität gibt und nicht eine Hirnregion alleine verantwortlich sein kann, sondern das Zusammenspiel mehrerer Regionen. In der Zukunft wird eine wichtige Aufgabe der Forschung darin bestehen, aufzuklären, wie Meditationstechniken die Verbindungen zwischen verschieden Netzwerken im Gehirn beeinflussen, die bei psychischen Störungen charakteristische Abweichungen zeigen (nur schwach ausgebildete oder übermäßig starke Verbindungen).
    Was geschieht mit neuronalen Repräsentationen der eigenen Person und der Umwelt während mystischer Erlebensweisen? Kommt es zu einer gleichlaufenden Aktivierung separater Netzwerke, die normalerweise gegenläufig ist? Wenn wir ganz bei uns sind, blenden wir die Umgebung aus und umgekehrt. Je besser das komplexe Zusammenspiel neuronaler Netzwerke, die das Selbst bilden, verstanden wird, desto klarer kann man Hypothesen ableiten und überprüfen, wie sich durch Meditationsübungen die Selbstbewusstheit verändern lässt, bis hin zu einer Aufhebung der Ego-Zentrierung während mystischer Erfahrungen, in denen sich das gewohnte abgegrenzte Selbst aufzulösen scheint (Metzinger, 2008).
    Die Beschäftigung mit diesen Forschungsfragen steht in der langen Tradition der Selbsterforschung des Menschen und kann einen wichtigen Beitrag zum philosophischen Projekt der Aufklärung leisten.

Resümee und Ausblick
    Im Mittelpunkt dieses Buches steht ein individueller Zugang zur Entwicklung des eigenen Bewusstseins mit Hilfe von Meditationstechniken, bis hin zu tiefen Einsichten in die konstruktive Natur der Selbst- und Weltwahrnehmung, die unser Gehirn uns vermittelt. Gerade für skeptische Menschen, die die eigene Weltsicht kritisch hinterfragen möchten, ist Meditation als Methode attraktiv und zugleich eine Herausforderung, die Behauptungen mystischer Traditionen über eine erweiterte Selbsterkenntnis in mystischen Bewusstseinszuständen zu überprüfen (Vivekananda, 1988).
    Sie benötigen keine komplizierten und teueren Geräte, um Ihrem Gehirn bei der Arbeit zusehen zu können. Ihr eigenes Erleben ist die subjektive Seite der Aktivitäten in Ihrem Gehirn, zu der Sie einen exklusiven Zugang haben. Mittels systematischer Innenschau können Sie selbst die Arbeitsweisen und Möglichkeiten dieses Organs erforschen. Alles, was Sie benötigen, sind etwas Zeit, Motivation und Selbstdisziplin beim Üben der vorgestellten Meditationstechniken.
    Aufgrund ihrer vielfältigen Wirkungen ist Meditation für mehrere wissenschaftliche Disziplinen von Relevanz und findet in den USA bereits vielerorts Eingang in die akademische Ausbildung. Als Methode der systematischen Introspektion ist sie ein wichtiges Instrument, um psychologische Vorgänge zu untersuchen und philosophischen Fragen über die Natur von Selbst und Wirklichkeit nachzugehen. Achtsamkeitsbasierte Meditationsprogramme werden zunehmend als alternative und ergänzende Behandlungsverfahren in der Verhaltensmedizin und klinischen Psychologie eingesetzt. In der Theologie und der Religionswissenschaft kann Meditation genutzt werden, um spirituelle Erfahrungen aus erster Hand zu machen, die eine wichtige Voraussetzung für ein echtes Verständnis der mystischen Zweige der Religionen sind. Studierende können durch Meditationstraining nicht nur professionelle Kompetenzen erwerben, sondern auch lernen, den Stress des Studiums besser zu bewältigen und im späteren Berufsleben einem Burnout vorzubeugen.
    Durch die wissenschaftliche Beschäftigung mit Meditation werden überlieferte Techniken nüchtern und objektiv auf ihre Wirkungen hin überprüft. Religiöse Weltanschauungen und Interpretationen werden dabei zunehmend ersetzt durch psychologische und neurophysiologische Erklärungsmodelle, die durch die offene und kritische Diskussion innerhalb der
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