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Media Control

Media Control

Titel: Media Control
Autoren: Noam Chomsky
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interpretieren, Behauptungen der Regierung unkritisch wiedergeben und die Argumentation störende Tatsachen beiseite lassen, während ihre Moral darauf hinausläuft, praktisch jede Greueltat gegen Zivilisten zu rechtfertigen, sobald der Staat entsprechende Befehle erlassen hat. 78 Unter Hinweis auf die »Grundregeln«, ohne die der Markt der Ideen nicht funktionieren kann, versichert Lewy der Leserschaft, daß er Meinungsfreiheit und freien Austausch von Ideen befürwortet, um dann auseinanderzusetzen, wie er diese Werte versteht. Er geht davon aus, daß angesichts drohender Subversion, der Schwächen privat organisierter Überwachungsmechanismen und der Beschränkungen staatlicher Autorität der Staat neue Mittel finden muß, um die Öffentlichkeit vor subversiven Elementen schützen und »die demokratischen Kräfte stärken« zu können. Wenn es dem Staat nicht gelingt, den Marktplatz sauber und den Wettbewerb fair zu halten, fehlt, so meint er, den »demokratischen Kräften« des Mainstream die Möglichkeit, den »von extremistischen Gruppen propagierten Unwahrheiten gegenzusteuern«. 79
    Die Probleme, die Lewy Sorgen bereiten, entstanden in den fünfziger Jahren, als die Auswirkungen der Nachkriegsrepression schwächer wurden. Das Land »verlor völlig das Interesse am Problem kommunistischer Subversion«, der Kongreß gar »forderte dazu auf, den Terminus ›Subversion‹ fallenzulassen« und »Generalstaatsanwalt Edward H. Levi beschränkte die innenpolitische Geheimdienstfunktion des FBI auf Aktivitäten, die eine Verletzung des Bundesrechts beinhalten«. Lewy meldet Zweifel an, ob das FBI noch »auf angemessene Weise die Spur von Gruppen [außerhalb der Kommunistischen Partei] verfolgt, die direkt oder indirekt unter der Leitung von Kuba, Nicaragua, Rotchina oder anderer feindlicher Staaten agieren« (er beruft sich dabei auf einen »gut informierten Kenner dieses Themas«).
    Seit den sechziger Jahren, fährt er fort, »müssen die Vereinigten Staaten es mit der Neuen Linken aufnehmen«, wobei er die »Neue Linke« sehr weit faßt und offensichtlich nicht für einen Bestandteil der USA hält; vielmehr scheinen diese mit den staatlichen Autoritäten identisch zu sein, die es mit unangemessenem Gedankengut »aufnehmen« müssen und dafür die geeigneten Mittel benötigen.
    Der Staat muß sich also entschlossen den Problemen stellen, die aus der Toleranz und dem naiven Liberalismus der Zeit nach McCarthy erwuchsen und gegen »die fortwährend in Wandlung begriffene Szene lose organisierter Gruppen«, aus denen sich die Neue Linke zusammensetzt, vorgehen. Diese Organisationen, so versichert Lewy, besitzen einen »verborgenen Handlungsplan«, der sie »subversiv und damit intolerabel« macht. »Statt ihre Vorliebe für den Kommunismus ä la Kuba oder ihre Solidarität mit den Marxisten-Leninisten in Mittelamerika zuzugeben, tut die Neue Linke so, als verteidige sie Frieden und Gerechtigkeit und spricht von einer fortschrittlichen sozialen und wirtschaftlichen Ordnung. Manche reden von marxistischen Paradigmen, obwohl sie faktisch dem Kommunismus (oder, was harmloser klingt, dem Marxismus-Leninismus) verpflichtet sind.« Die offene Neigung zum Marxismus-Leninismus ist für eine demokratische Gesellschaft natürlich »unannehmbar«, und wer seinen darauf beruhenden »Handlungsplan« verbirgt, ist noch gefährlicher. Es könne sein, räumt Lewy ein, daß einige Angehörige der Neuen Linken »eher aus einer tiefen Entfremdung heraus handeln als aufgrund ihrer Verpflichtung dem Kommunismus gegenüber, aber das ist vom Standpunkt der Überwachung aus irrelevant«. Undenkbar, daß diese subversiven Kräfte andere Motive haben könnten als seelische Entfremdung oder eine verborgene Neigung zum Kommunismus. Offenkundig müssen Neu-Linke, die den Marxismus-Leninismus in Theorie und Praxis sehr viel ernsthafter und begründeter ablehnen als Lewy, ihren subversiven »Handlungsplan« besonders gut zu verbergen wissen.
    Solche Interpretationstechniken à la Leo Strauss, die verborgene Handlungspläne aufdecken, was immer der Text auch besagen mag, sind ein nützliches Mittel für die Wächter von Autorität und Eigentum. Diese Methoden lassen den Beweis für praktisch jeden erwünschten Schluß zu. Wenn die Texte ihn nicht hergeben oder sogar widerlegen, zeigt das nur, daß die Autoren noch schlimmere Verbrecher sind als angenommen, weil sie ihre bösen Absichten hinterhältigst zu verschleiern wissen. Anhand dieser Logik wäre
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