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Meagan McKinney

Meagan McKinney

Titel: Meagan McKinney
Autoren: VA1 - Der Gigant und die Lady
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eisernen Räder sich ein Stück bewegten. Die Anzahl der
Pferde hatte sich verdoppelt, und das Geklirre von Zaumzeug und das Knarren der
Sättel war nun viel lauter. Zeke ließ seine Bullenpeitsche knallen, doch es war
offenbar nur zur Einschüchterung gedacht, denn keiner der anderen Fahrgäste
schrie auf. Dennoch zerschnitt das Geräusch die Stille der Prärie wie ein
Revolverschuß.
    Christals
Herz hämmerte vor Furcht. Sie trug eine kleine Muffpistole in ihrer Börse –
eine winzige Waffe, die so genannt wurde, weil die Ladies in London diese in ihrem
Muff versteckten, wenn sie durch weniger anheimelnde Gegenden gehen mußten.
Doch sie hatte sie sich nur leisten können, weil sie schon sehr alt war und,
anders als die modernen Repetierwaffen, bloß einen Schuß hatte. Sie hätte
schon eine Närrin sein müssen, um die Pistole hier in der Kutsche, umgeben von
bewaffneten Outlaws zu ziehen. Ihr blieb nichts anderes, als ihre Angst zu
unterdrücken und abzuwarten. In diesem Moment ging die Tür auf.
    Der
Verbrecher namens Cain sprang mit seinem Gewehr hinein. Er zog die Tür
geräuschvoll zu, hämmerte dann zweimal mit dem Gewehrkolben gegen das Dach und
die Kutsche zog an. Ohne ihre Gegenwart zur Kenntnis zu nehmen, warf er sich
auf die andere Bank, trat Mr. Glassies Miniaturkommode zu Boden und legte die
Beine auf das geschätzte Stück.
    Sie starrte
ihn durch den Schleier an, während ihr das Blut vor Furcht in den Ohren
rauschte. Er hatte das Gewehr über die Knie gelegt und zog damit ihren Blick
auf die langen kraftvollen Beine. Er trug Chaps, deren Leder an den Innenseiten
der Schenkel von den vielen Stunden im Sattel blankgescheuert war. Die
Messingsporen, die an seinen Stiefeln befestigt waren, zerkratzten das Holz
von Mr. Glassies Möbel. Der Mann war dreckig. voller Staub und schweißverklebt.
Er strömte einen Geruch von Schwarzpulver aus, das seine Hände und sein Hemd
befleckt hatte. Christal erwartete. daß nun ein übler Tiergeruch in ihre Nase
dringen würde. von der Art. wie der erste Verbrecher mit den verrotteten Zähne
ausgedünstet hatte. Statt dessen nahm sie einen moschusartigen männlichen Duft
wahr. der sie gleichzeitig abstieß und anzog.
    Es war heiß
in der Kutsche. Die Sonne stand im Zenit, und der Staub wehte in das offene
Fenster. Christal sehnte sich danach. sich den Schweiß abzutupfen, aber sie traute
sich nicht. Sie hielt die Hand an ihrer Börse. preßte sie von außen gegen den
Pistolengriff und beobachtete den Mann im Schutz ihres Schleiers. Die
Schweißtropfen perlten ihre Schläfen hinunter und fielen zwischen ihre
eingeschnürten Brüste.
    Cain starrte
aus dem Fenster. während er sich mit Zeigefinger und Daumen den Schweiß von den
Augenlidern rieb. Schließlich löste er den Knoten seines Halstuches, damit er
damit sein Gesicht abwischen konnte.
    Sie keuchte
vor Schreck auf. Der Hals des Mannes war rundherum mit einer häßlichen.
schlechtverheilten Narbe umgeben. Und sie konnte sich nur eine Ursache für
eine derartige Wunde vorstellen.
    Der kalte,
stahlharte Blick wandte sich ihr zu. Er berührte die Narbe und lächelte sie
zynisch an, wobei er starke, weiße Zähne entblößte.
    Dann beugte
er sich vor. »Haben Sie schon mal die Schlinge um den Hals gespürt, Ma'am?«
Sein Lachen war polternd und rauh.
    Instinktiv
wanderte ihre Hand zu ihrem Hals. Die andere Hand, unter deren Handschuh
ebenfalls eine Narbe verborgen war, ballte sich zusammen, als wollte sie sie
vor Blicken schützen. Sie schluckte und zwang sich, nicht an ihre
Vergangenheit, nicht an Baldwin Didier zu denken. Ihr Onkel wollte ihren Tod.
Wenn er nach ihm gegangen wäre, hätte er sie hängen sehen. Doch statt dessen
hatte man sie nur ihrer Jugend beraubt. Bis vor drei Jahren war sie in der
Park View Anstalt eingesperrt gewesen.
    Der Räuber
setzte sich nun in den Polstern zurück und musterte ihre schwarzgewandete
Gestalt. Ohne Warnung riß er sein Gewehr hoch und zielte auf sie. Christals
Herz setzte aus. Sie wartete darauf, daß er den Hahn zog. Doch statt dessen
schob er den Lauf unter ihren Schleier und hob ihn an.
    Ihre Hände
griffen nach dem Lauf, um ihn aufzuhalten. Sie brauchte den Schutz des Schleiers.
Wenn sie in seine Augen sah, wußte sie, daß es sein mußte. Er durfte ihr
Gesicht nicht sehen. Er durfte sie nicht so verletzbar machen.
    Sie
versuchte, das Gewehr wegzuschlagen, aber er hielt es fest. Plötzlich wurde sie
sich sehr deutlich des schwarzen, glänzenden Laufes bewußt, und
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