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Maurice, der Kater

Maurice, der Kater

Titel: Maurice, der Kater
Autoren: Terry Pratchett
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den
    Leuten, die die Lebensmittel verteilten. Maurice erkannte ihn sofort,
    denn er trug eine große Goldkette um den Hals. Seit er mit den Ratten
    zusammenarbeitete, war er vielen Bürgermeistern begegnet. Dieser
    unterschied sich von den anderen. Er war kleiner, wirkte besorgter und
    hatte eine kahle Stel e auf dem Kopf, die er mit drei Haarsträhnen zu
    tarnen versuchte. Er war auch viel dünner als die anderen Bürgermeister,
    die Maurice gesehen hatte. Er sah nicht aus, als hätte er ein großes Fass
    verschluckt.
    Nahrung ist knapp, dachte Maurice. So knapp, dass sie rationiert
    werden muss. Hier scheint dringend ein Flötenspieler gebraucht zu
    werden. Was für ein Glück, dass wir genau zur rechten Zeit gekommen
    sind…
    Er verließ das Gebäude, und diesmal ging er nicht, sondern lief, denn er
    hörte, dass draußen jemand Flöte spielte. Seine Befürchtungen
    bestätigten sich: Es war der Junge. So etwas machte er immer, wenn man
    ihn einige Zeit allein ließ. Er hatte seine Mütze umgedreht auf den Boden
    gelegt und sogar einige Münzen bekommen. Die Schlange der
    Wartenden bildete einen Halbkreis, damit die Leute ihm zuhören

    konnten, und einige Kinder tanzten.
    Maurice kannte sich nur mit dem Gesang von Katzen aus, der darin
    bestand, zehn Zentimeter vor einer anderen Katze zu stehen und zu
    schreien, bis diese aufgab. Aber die Menschen klopften mit den Füßen,
    wenn sie den Jungen spielen hörten. Und sie lächelten.
    Maurice wartete, bis der Junge die Melodie beendet hatte. Als das
    Publikum klatschte, trat er hinter ihn, rieb sich an seinem Rücken und
    flüsterte: »Bravo, Dummkopf! Wir sol en unauffäl ig sein! Komm jetzt,
    gehen wir. Oh, und nimm das Geld.«
    Er ging voraus über den Platz – und blieb dann so plötzlich stehen,
    dass der Junge fast gegen ihn gestoßen wäre.
    »Huch, da kommt noch mehr Regierung«, sagte er. »Und diese
    Burschen kennen wir, nicht wahr…?«
    Der Junge kannte sie tatsächlich. Es waren zwei Rattenfänger. Selbst
    hier trugen sie die langen, staubigen Mäntel und verbeulten Zylinder
    ihres Standes. Jeder von ihnen hatte sich eine Stange über die Schulter
    gelegt, und daran baumelten Fal en verschiedener Art.
    An der anderen Schulter hing ein großer Sack von der Art, in die man
    nicht hineinsehen wol te. Und jeder Mann hatte einen Terrier an einer
    Leine. Es waren magere, streitlustige Hunde, und sie knurrten Maurice an,
    als sie vorbeigeführt wurden.
    Die in der Schlange wartenden Menschen jubelten, als sich die beiden
    Rattenfänger näherten und dabei jeweils auf eine Hand vol von etwas
    zeigten, das für Maurice wie schwarze Schnüre aussah.
    »Zweihundert heute!«, rief ein Rattenfänger.
    Einer der beiden Terrier lief auf Maurice zu und zerrte an seiner Leine.
    Die Katze rührte sich nicht von der Stelle. Vermutlich hörte nur der
    dumm aussehende Junge, wie sie sagte: »Bei Fuß, Flohsack! Böser
    Hund!«
    Das Gesicht des Terriers verzerrte sich und zeigte den schrecklich
    besorgten Ausdruck eines Hundes, der versuchte, zwei verschiedene
    Gedanken gleichzeitig zu denken. Er wusste, dass Katzen nicht sprechen
    sol ten, doch diese Katze hatte gerade gesprochen. Woraus sich ein
    grässliches Problem ergab. Der Hund setze sich umständlich und jaulte.

    Maurice putzte sich, was auf eine tödliche Beleidigung hinauslief.
    Der Rattenfänger ärgerte sich über die Feigheit seines Terriers und zog
    ihn fort. Dabei fielen einige der schwarzen Schnüre zu Boden.
    »Rattenschwänze!« sagte der Junge. »Die Leute hier müssen wirklich ein Problem haben!«
    »Ein größeres, als du glaubst«, sagte Maurice und starrte auf die
    Schwänze hinab. »Heb sie auf, wenn niemand hinsieht.«
    Der Junge wartete, bis die Leute nicht mehr in ihre Richtung sahen,
    dann bückte er sich. Als seine Finger nach dem Schwanzbündel tasteten,
    trat ein großer schwarzer Stiefel darauf.
    »Die sol test du besser nicht berühren, junger Herr«, erklang eine
    Stimme von oben. »Von Ratten kann man die Pest kriegen. Dann
    explodieren einem die Beine.« Die Worte stammten von einem der
    beiden Rattenfänger. Er bedachte den Jungen mit einem breiten Lächeln,
    das al erdings nicht sehr freundlich wirkte und nach Bier roch.
    »Ja, das stimmt, junger Herr, und dann läuft einem das Gehirn aus der
    Nase«, sagte der andere Rattenfänger und trat von hinten an den Jungen
    heran. »Du würdest es nicht wagen, dein Taschentuch zu benutzen, wenn
    du die Pest hättest, junger Herr.«
    »Da hat
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