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Matzbachs Nabel

Matzbachs Nabel

Titel: Matzbachs Nabel
Autoren: Gisbert Haefs
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grollte es dumpf; einen Moment bebte der Boden. Die Beleuchtung flackerte. Gleichzeitig schloß sich die Tür des Schotts. Genenger fluchte, drückte dagegen, konnte sie aber nicht offenhalten.
    »Jorinde!« rief Matzbach.
    Rau III zündete sich in aller Ruhe eine Zigarette an; die Hände zitterten kaum merklich.
    »Ich weiß, wo der Gang anfängt. Unser Gang«, sagte Jorinde kläglich. »Aber mehr krieg ich nicht raus.«
    Wieder erfolgte eine Explosion, die den Boden erschütterte. Diesmal klang es näher als zuvor.
    »Wir müssen raus hier.« Matzbach sah sich um. »Wo fängt der Gang an? Bergner, los, beeil dich, Ossi.«
    »Kein Problem, Junge.« Der Ex-Major ließ die schwere, ausgebeulte Sporttasche von der Schulter gleiten. Er stellte sie in den Eingang zur Kontrollkabine und zog einen kleinen schwarzen Apparat aus der Jackentasche.
    »Los.« Jorinde hielt sich einen Moment an der Wand fest, als der Boden erneut bebte. Es klang nun sehr nah. »Erste rechts, dann dritte rechts.«
    Matzbach stieß Rau III an. »Rennen Sie, Mann, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist.«
    »Mein Leben?« sagte Rau III. »Sonst nichts?« Aber er beschleunigte und folgte Jorinde und Yü durch die Tür, diehinter der Kontrollkabine rechts vom Gang fortführte. Bergner war der letzte; er zog die Tür hinter sich zu.
    Sie hasteten durch einen langen kahlen Gang. Keuchend sagte Matzbach irgendwann, in Raus Rücken:
    »Wir sind unter dem Regierungsbunker, ja? Wissen die da oben, was hier läuft?«
    »Nur die Obersten. Aber …«
    Jorinde erreichte die nächste Tür; sie war versperrt. »Hier müssen wir durch«, sagte sie. »Dahinter ist eine Halle, laut Plan, und von der geht unser Gang ab.«
    Bergner drängelte sich an den anderen vorbei, nahm Jorinde den leichten Rucksack ab und fuchtelte mit der Uzi.
    »Los, zurück, mindestens zehn Meter, schnell!«
    Er holte irgend etwas Weißliches aus dem Rucksack, warf ihn sich über die linke Schulter, preßte das weiße Zeug gegen das Türschloß, dann ein schwarzes kleines Objekt, drehte sich um, kam zu den anderen gerannt und ließ sich fallen.
    »Los, Kinder, auf den Bauch. Tempo. Tempo!«
    Er richtete das schwarze Kästchen auf die Tür und rückte einen Knopf. Nichts.
    »Scheiße.«
    Bergner drehte an irgendwelchen Rädchen, drückte den Knopf erneut. Eine Stichflamme, ein betäubender Knall; Splitter sausten durch den Gang. Fast unmittelbar darauf schüttelte sich die halbe Erde, als hinter ihnen die nächste Detonation erfolgte.
    »Wir verlieren zu viel Zeit.« Bergner sprang auf. »Los, durch. Ich muß hinter uns sprengen. Dann müssen wir aber weiter weg sein. Die sind gleich da.«
    Die Tür war offen; wo das Schloß gewesen war, schien alles geschmolzen wie Softeis in der Sonne. Sie liefen in die große Halle, wo mehrere Stahlschotts nebeneinander lagen. Kamerasrichteten sich auf den kleinen Trupp; irgendwo jaulte eine Sirene. Ein Schott weiter rechts schloß sich schmatzend: zwei Hälften, die aus der Wand fuhren.
    »Das dritte!« schrie Jorinde.
    Bergner lief hin, fummelte an der scheinbar glatten Stahlfläche, drehte sich zu ihnen um.
    »Das wird knapp. Zurück in den Gang!«
    Sie flohen förmlich. Hinter ihnen krachte wieder eine Detonation; offenbar war durch welche Schaltungen auch immer alles blockiert, so daß die Verfolger – von der »Entsatztruppe« – sich ebenfalls den Weg freisprengen mußten.
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße«, sagte Genenger mit zusammengebissenen Zähnen.
    Yü holte geräuschvoll Luft. »Wie kann man in dieser Lage an so etwas denken. Pfui.«
    Rau III bemühte sich um ein Grinsen.
    Bergner hechtete in den Gang, landete, fuhr herum und drückte wieder seinen Sendeknopf.
    Diesmal hatte Matzbach das Gefühl, die Welt ginge unter. Als Lärm, Luftdruck und Geprassel endeten, sprang Bergner auf, spähte in die Halle und winkte.
    »Los, kommt, der Weg ist frei!«
    In der Halle blieb er stehen, ließ die anderen an sich vorbei. Er hatte den kleinen schwarzen Kasten in der Hand.
    Matzbach hielt vor dem Loch im Schott, durch das die übrigen schon gekrochen waren. Es mochte vielleicht einen Meter durchmessen; die Ränder – ausgefranst und gezackt – waren heiß.
    »Wo wären wir ohne dich?« sagte er.
    »Nicht hier.« Bergner grinste. »Beziehungsweise du und Yü allein, mit den anderen auf dem Rückweg zur Klinik. Halt die Klappe, Mann, rein da mit dir.«
    Matzbach stieg durchs Loch. Und rannte. Die anderen waren schon weit voraus. Dann torkelte er, schlingerte,
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