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Matrjoschka-Jagd

Matrjoschka-Jagd

Titel: Matrjoschka-Jagd
Autoren: Marijke Schnyder
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eigentlich vor?
    Keine Ahnung von Indiana Jones, glaubte jedoch diesen ganzen Unfug um das wiedergefundene Bernsteinzimmer.
    Nicht die russische Mafia war hier im Spiel, sondern die Abteilung für Kunst des KGB, falls es so etwas gab, machte sich im Simmental oben mit einem kulturellen Auftrag breit. Das also war der Ursprung des Gerüchts um die Russen-Mafia.
    »Also sind wir in Sicherheit. Bis die Alpen auseinanderbrechen.«
    Er staunte. Offenbar begriff sie die Tragweite dieser Geheimaktion nicht. »Ach, vergiss es. Das wäre das Beste. Ich wollte dir nur sagen, dass wir von nun an nie mehr dort oben intervenieren werden. Ab heute haben wir im Tal oben nichts mehr zu suchen. Du schon gar nicht. Das ist ein Befehl von ganz oben. Basta.«
    »Und Bucher weiß davon?«
    »Der hatte von Anfang an den Auftrag, sich diskret zu verhalten und uns zu informieren, wenn etwas los ist.«
    »Und warum musste ich da hinauf?«
    »Bärfuss sagte mir, Nore Brand solle mal zum Rechten sehen dort oben. Du hast deine Arbeit gut gemacht, was die gemeingefährliche Hochstaplerin betrifft …« Er dachte nach. »Doch, das hast du gut gemacht, das muss man sagen. Aber manchmal bist du zu neugierig, dein Problem.«
    Nein, nicht mein Problem, dachte sie, deines.
    »Der Chef des Nachrichtendienstes wollte dich verhaften lassen. Das Militär hat sich auch eingeschaltet. Keiner von uns hat mehr gut geschlafen. Vor allem Bärfuss nicht.«
    Also wenigstens das.
    Ein paar Minuten später brachen sie auf. Der Chef verabschiedete sich und eilte mit energischen und ausholenden Schritten über die Nydeggbrücke – wie ein Mann mit einer Aufgabe von globaler Tragweite sich eben so fortbewegte.
    Nore Brand blieb vor der Brasserie stehen. Sie dachte an die Familie von Wyberg, die vor langer Zeit an Sonntagen hierher pilgerte, der Vater voran, Frau und Töchter im Schlepptau, um den Bären die Ehre zu erweisen. Klara, die lustigere, sollte nach einem langen und herzhaften Leben von einer geldgierigen Hochstaplerin ermordet werden. Ein himmeltraurigeres Ende konnte man sich nicht vorstellen. Nur weil eine Betrügerin um ihr erschlichenes Geld fürchtete.
    Und hinter dieser traurigen Geschichte frohlockten die Mächtigen dieser Welt, legten einen Hochzeitstanz auf das Tannenparkett des Simmentals. Der Riese hatte einen Zwerg geheiratet, denn der Zwerg war schlau und vor allem wusste er, wie man die Berge hütete und seine Geheimnisse. Aber das ging nur gut, solange der Zwerg das Geheimnis kannte. Wusste der Zwerg dieses Mal, worum es ging? Vielleicht kamen nun Zeiten, in denen auch die schlausten Zwerge auf Freunde angewiesen waren. Auf starke, verlässliche Freunde.
    Nore Brand hob schnuppernd die Nase.
    Es war so weit. Schnee lag in der Luft. Der erste Schnee. Ihr Blick glitt über die Dächer der Altstadt und zurück zum Bärengraben.
    Sie nahm den nächsten 12er Bus. Beim Bahnhof stieg sie aus, überquerte die Tramgleise und bog in die Markthalle ein.
    Bei der Bar sah sie zwei lange Arme in der Luft herumfuchteln.
    »Hast du deine Stelle noch?«
    »Natürlich.«
    »Wie hast du das gemacht?«
    »Der Chef würde es nie wagen. Aber egal. Da ist noch etwas. Anwalt Merian hat geschrieben. Wir müssen oder besser gesagt, wir dürfen am 24. Dezember den Scheck in einen Sammeltopf der Heilsarmee werfen und zwar auf dem Waisenhausplatz. Arbeitest du an Weihnachten?«
    Nino Zoppa nickte. »Halb so schlimm. Mona arbeitet auch.«
    »Willst du das Christkind spielen?«
    »Ich? Christkind spielen?«
    »Ja, sicher. Das passt zu dir.«
    Er wurde rot.
    »Es passt sogar immer öfter«, fügte sie bei. »Am 24. Dezember, morgens um halb zehn, kommt ein Kurier der Basler Kantonalbank. Der begleitet dich zum Sammeltopf am Waisenhausplatz. Dort werdet ihr den Scheck einwerfen. Anonym. So wollte es Frau Ehrsam haben und genauso wird es gemacht.«
    »Und was ist mit dem Geld für Jelena Petrovic?«
    »Merian hat ihre Familie gefunden. Das Geld ist bereits auf einer kroatischen Bank. Auf dem Konto ihrer Eltern.«
    »Und du? Was machst du an Weihnachten?«
    »Ich fliege nach St. Petersburg. Ich will den Katharinenpalast sehen.«
    »Den Katharinenpalast?«
    »Ja, bevor er im Meer versinkt.«
    »Versinkt? Im Meer?« Er starrte sie mit offenem Mund an. »In welchem Meer denn?«
    »Geh hin und google. Das kannst du selbst herausfinden, du Wunderkind.«
    »Schickst du mir eine Karte?«
    »Ja. Sicher. Vom Bernsteinzimmer. Vom nachgebauten Bernsteinzimmer«, präzisierte
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