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Maskenball

Maskenball

Titel: Maskenball
Autoren: Arnold Kuesters
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»Ich will nur ein Wasser.« Carina Bommels musste fast schreien.
    »Kein Problem, Carina. Bist du alleine?« Seine Stimme klang wie immer heiser.
    »Nee. Hanna, Monika und Gisela sitzen vorne. Oder auch nicht. Vielleicht sind sie ja auch schon zum Klo. Ich werde gleich mal nachsehen.«
    Hubert Heutz stellte ein Glas mit Mineralwasser auf die mit Kondenswasser beschlagene Kühlung der Zapfanlage und schob es in ihre Richtung. »Geht auf meine Kosten. Ich bin es vielleicht satt, kann ich dir sagen. Heute morgen erst um fünf Uhr ins Bett und dann wieder seit heute Nachmittag im Zelt. Mir tun die Beine weh. Ich glaube, ich werde langsam zu alt dafür. Gerti muss mich ablösen.«
    Bevor Carina Bommels ihrem Vetter antworten konnte, wurde sie von einem feisten Sträfling beiseitegeschoben, der gleichzeitig Hubert Heutz seine Bestellung zurief. »Keine Zeit für Quatschen. Ich bin dran. Fünf Pils, zwei Alt, ein Wasser, drei Fanta, drei Cola. Ich hab schließlich nicht den ganzen Abend Zeit.«
    Carina Bommels wurde von der Schlange hinter ihr einfach am Tresen weitergeschoben und konnte ihrem Cousin gerade noch zunicken. Hubert Heutz zwinkerte ihr aus seinem fast zugewachsenen Gesicht zu und widmete sich dann sichtlich unfreundlich seinem ungeduldigen Kunden. In seinem gelben Hemd und der großen blauen Schürze sah Hubert Heutz aus wie ein gemütlicher urgesunder Bierkutscher, den es aus alter Zeit unversehens in das närrische Wölese-Zelt verschlagen hatte, dachte seine Cousine.
    Sie sah sich um. Es war immer noch viel Bewegung im Zelt. Aber langsam strömten die Besucher zurück zu ihren Plätzen. Nicht mehr lange, und die Wölese-Band würde wieder das »Doa komme se ›de Wölese‹« anstimmen. In diesem Jahr waren offenbar Vogelscheuchen angesagt, dachte Carina Bommels, als sie etwas abseits der Theke an ihrem Wasserglas nippte. Sie hatte in der kurzen Zeit schon mehr als ein Dutzend dieser Kostiime gezählt. Die Buchhalterin musste schmunzeln. Sie wusste von ihrer Freundin Monika aus Brüggen, dass das Venloer Einkaufszentrum »Maxis« in diesem Jahr einen Sonderposten Vogelscheuchen in der riesigen Karnevalsabteilung aufgebaut hatte. So füllten die geschäftstüchtigen Holländer mit ihrem reichhaltigen Angebot nicht nur die Vorratskammern der Niederrheiner mit Lebensmitteln, sondern prägten mit ihren preiswerten Kostümen auch noch das Brauchtum entlang der ehemaligen Grenze. Was würden die niederländischen Händler, wären sie zufällig ins Zelt am Quellensee geraten, angesichts der deutschen Bataillone gleich aussehender Vogelscheuchen nur denken? Sie würden sich auf jeden Fall die Hände reiben über das gelungene Geschäft, dachte Carina Bommels nicht eben freundlich über die Nachbarn.

    Sie hielt weiter Ausschau nach ihren Freundinnen. Aber sie waren nirgends zu sehen. Vielleicht hatten die drei auf dem Weg zum Klo Bekannte getroffen. Sie trank ihr Glas leer und stellte es achtlos auf die Theke. Apropos. Bevor es im Programm weiterging, wollte sie auch noch mal kurz zur Toilette.
    Draußen fegte dichter Schneeregen fast waagerecht und eiskalt zwischen dem Zelteingang und der Treppe zum Restaurant hindurch. Carina Bommels sah nur kurz an der Aluminiumwand des Zelts entlang über den Asphalt, auf dem breite Pfützen standen, und hastete dann die Backsteinstufen zum Quellensee hinauf. Fast wäre sie mit dem Geschäftsführer des Fördervereins Alter Lambert zusammengestoßen, der ihr mit seiner Frau entgegen kam.
    »Hoppla.«
    Aber Carina Bommels hatte das Paar nicht weiter beachtet und war schon an den beiden vorbei. Sie wollte möglichst schnell aus der Kälte wieder ins Warme zurück.
    Kaum hatte sie die Glastür zum Restaurant hinter sich zugezogen, kam sie nicht weiter. Die Schlange vor den Toiletten im Untergeschoss des Ausflugslokals wand sich bereits in Zweierreihen über die Kellertreppe hinauf bis an den Eingang. Dadurch wurde der Rückweg für die Toilettenbesucher fast unpassierbar eng. Na, prima, dachte Carina Bommels, das kann ja noch heiter werden. Ungeduldig trat sie von einem Bein auf das andere. Warum hatte sie nicht schon früher daran gedacht? Denn es war natürlich wie jedes Jahr. Die für das Tagesgeschäft des Restaurants ausreichend dimensionierte Toilettenanlage des Quellensee war angesichts der Menschenmassen hoffnungslos überfordert.
    Im Restaurant war es nicht weniger laut als im Zelt. Aus der Musikanlage dröhnte Zehn nackte Friseusen. Luftschlangen und Luftballons
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