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Maskenball

Maskenball

Titel: Maskenball
Autoren: Arnold Kuesters
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kleine Höhle, die er mit seinen Händen geformt hatte. Aber es half nichts. Der Boden war zu kalt, und seine Hände längst bis auf ihr Innerstes klamm. Er sah sie an. Sie waren schmutzig. Nie mehr hatte er seit damals, beim Schanzen, nie mehr hatte er seither seine Hände schmutzig machen müssen. Erst heute spürte er zum ersten Mal wieder das eigenartige Gefühl, dass die klumpige Erde an seinen Fingern erzeugte. Das Gefühl mit der Erde verwachsen zu sein. Eins mit dem Grundelement des Daseins.
    Vorsichtig nahm er das metallene Kästchen in seine schmutzigen Hände und drehte es nach allen Seiten. Er konnte spüren, wie die Messer in seinem Inneren hin und her rutschten. Ohne es zu öffnen, legte er das Kästchen als Erstes in das Loch. Die Kamera legte er ohne zu zögern dazu.
    Er schrak auf. Hinter ihm hatte er ein deutliches Knacken vernommen. War er nicht allein? Er drehte sich um. Nichts und niemand war zu sehen. Abwartend und wachsam verharrte er in seiner Position und lauschte angestrengt. Nichts. Was, wenn er beobachtet würde? Was, wenn er sich doch noch so kurz vor dem Ende würde verteidigen müssen? Wo stand der Feind? Wo war Friedrich? Lehnert durfte sie nicht finden. Von Lehnert drohte Gefahr. Da war sie wieder, seine schäbige Angst zu versagen. Wütend auf sich selbst scharrte er mit schnellen Bewegungen das frisch gegrabene Loch zu. Die Zeremonie würde warten müssen. Dann doch erst zum Arzt. Hastig griff er nach dem Leinenbeutel. Er musste wachsam sein. Er würde wachsam sein. Schwerfällig stand er auf und fasste den Beutel fester. Die Pistole gab ihm Sicherheit. Er wusste, dass das Magazin noch nicht leer war. Wer auch immer in seiner Nähe lauerte, musste auf der Hut sein.
    Langsam zog er sich von der aufgelassenen Station zurück und bewegte sich auf das Hauptgebäude zu. Nach allen Seiten lauernd und sichernd, wählte er den Weg durch das Unterholz. Er blieb allein. Erst am Rand des Parks trat er auf den Weg und sah an sich herunter. So würde er dem Arzt nicht entgegen treten können. Er sah doch aus wie ein Landstreicher. Warum nur hatte er vorhin nicht mehr Acht auf seinen Mantel und seine Hose gegeben? Er legte den Beutel vorsichtig neben sich auf den Weg und strich mit beiden Händen über die verschmutzten Stellen. Er musste warten, bis der Stoff trocken war. Dann würde er sicher Hose und Mantel ausklopfen können. Er suchte eine Bank in der Nähe und setzte sich. Er hatte nun keine Eile mehr. Den Beutel mit seiner Pistole hielt er aber weiter fest an seinen Körper gedrückt.
    Er wusste nicht zu sagen, wie lange er so gesessen hatte, als er einen Streifenwagen vor das Hauptgebäude fahren sah. Aus dem Wagen stieg eine junge Frau in Zivil. Selbst auf die Entfernung konnte er ihr leuchtend rotes Haar erkennen. Er musste nun vorsichtig sein. Die Lage hatte sich geändert. Er musste auf der Hut sein. So kurz vor dem Ziel und so nahe am Scheitern. Er wollte es nicht glauben.

XXIX.
    »Großfahndung, was sonst.« Frank hatte den ersten Schock überwunden. Während er sich die Mail und das angehängte Foto ausdrucken ließ, versuchte er, Lisa zu erreichen. Aber sie meldete sich nicht. »Wir geben sein Foto sofort an die Presse. Ich ruf Wirtz an, er soll 90,1 und den WDR heiß machen und auch die anderen Lokalsender. Sie müssen bei der Fahndung helfen.« Frank wählte wieder Lisas Nummer. Aber es nahm niemand ab. »Scheiße.«
    Ecki hatte ihm nicht zugehört. Er war damit beschäftigt, die Leitstelle und die Kollegen der MK per Mail über die neue Lage zu informieren. »Ich werde auch Viola bitten, noch einmal mit den Kollegen in Whitby zu telefonieren. Wir brauchen unbedingt noch mehr Details.«
    Frank war in Gedanken mit Lisa beschäftigt und hatte seinerseits nur mit einem halben Ohr hingehört. »Details? Ja, klar, meinetwegen. Mach das ruhig.«
    Lisa war vielleicht in höchster Lebensgefahr. Wo mochte sie nur sein? Er konnte sich nicht daran erinnern, dass sie ihm etwas von einer Verabredung oder einem Termin erzählt hatte. Frank versuchte, sich zu beruhigen. Es mochte auch sein, dass sie beim Frauenarzt oder noch zum Einkaufen unterwegs war. Er fluchte leise. Hatte sie ihm nun etwas erzählt oder nicht? Verdammt noch mal, er wusste es nicht. Lisa hatte auch kein Handy. Bisher hatte sie sich vehement gegen den »unnötigen Kram« gewehrt. Frank mochte es überhaupt nicht, wenn Lisa nicht erreichbar war. Sie hingegen argumentierte, wer sie sprechen wollte, würde auch später noch
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