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Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)

Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)

Titel: Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
Autoren: Mara Lang
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gewehrt und versucht, jemand anderes zu sein. Natürlich hätte sie dies auch ihren Lebensumständen anlasten können, ihren Eltern, der Konvention, im weitesten Sinne den Merdhugern. In Wahrheit aber war jeder für sich selbst verantwortlich. Gamón hatte es lange vor ihr erkannt: Es sind nicht die Merdhuger. Du bist es selbst. Die Ferin, die sie heute war, die Pheytana, die Heilerin, die Frau an Martus Seite, konnte es nur geben, weil sie ihre wahre Natur akzeptiert hatte. So hatte ihr das Leben doch noch beschert, wovon sie immer geträumt hatte: Freiheit und Liebe.
    Dennoch war das Glück in ihrem Inneren nicht rein und unbändig, wie es hätte sein sollen. Sie hatte Rhys’ Tod nicht verwunden, noch lange nicht. Hier am Dorfplatz zu sitzen und auf seine verlassene Hütte zu blicken, war mehr, als sie im Augenblick ertragen konnte. Sein Lachen hallte in ihrem Kopf wider, und fast erwartete sie, er würde auf einmal vor ihr abbremsen und sie in Staub hüllen. Er war hier. Sein Geist atmete auf diesem Platz, vor den Hütten, zwischen den Bäumen. Vor ihren Augen tanzten Erinnerungssplitter an ihre gemeinsame Zeit. Rhys, der sie auf dem Pferd hielt. Der ihre Hand mit dem Dolch führte. Der sich ständig die Haare aus der Stirn strich. Rhys, der sich über sie lustig machte. Der sich neben sie legte und sie beschützte.
    Erst wollte sie die Bilder beiseiteschieben, weil sie ihr gesamtes Leid wieder an die Oberfläche brachten. Dann besann sie sich auf Martus Worte und ließ sie zu. Und seltsamerweise linderte dies ihren Schmerz. Auch wenn die Tränen wieder hochkamen, auch wenn sie glaubte, vor Kummer ersticken zu müssen, fand sie Trost darin, an Rhys zu denken. Vielleicht hatte Martu recht. Vielleicht war das der beste Weg, mit dem Tod eines geliebten Menschen umzugehen. Man musste ihn in Herz und Seele behalten, dort, wo er auch zu Lebzeiten zu Hause gewesen war.

    Ein wenig unschlüssig standen Ferin und Martu am Abend vor ihrer Hütte. Ihrer Hütte – denn dass sie ab nun nicht mehr jeder für sich schlafen würden, stand außer Frage. Keiner von beiden konnte sich überwinden, zuerst hineinzutreten. Sie hatten seit dem Wiedersehen im Spiegelsaal kaum Zeit für sich gefunden. Mehr als ein flüchtiger Kuss oder eine Umarmung aus Verzweiflung war es nicht gewesen. Die Ereignisse hatten sie entfremdet, ohne dass sie es bemerkten, und nun war die Nähe des anderen überraschend neu.
    Martu fasste nach Ferins Hand. »Komm«, sagte er und zog sie zu Boden.
    Nebeneinander lehnten sie sich an die Hüttenwand und blickten hoch zu den Sternen, die zum Greifen nah über dem Dorfplatz hingen. Als könnte man sie vom Himmel pflücken, dachte Ferin.
    Sie blieben still, bis er sich räusperte. »Ich habe mir überlegt …« Ein schwaches Stöhnen entwich ihm, er zupfte an der Bandage an seinem Arm. Es war das erste Mal seit seiner Rückkehr, dass er sie trug, und erst jetzt dämmerte es Ferin, was der Grund dafür sein mochte. »Ich habe mir Gedanken gemacht. Über …«
    »Über?«, fragte sie und fand die Situation plötzlich zutiefst komisch, so dass sie kichern musste. »Worüber denn?«
    »Du lachst«, sagte er perplex.
    »Entschuldige …« Schuldbewusst schlug sie die Hand vor den Mund, was ihre Erheiterung nur noch anstachelte. »Aber du und ich – wie ein altes Ehepaar.«
    »Also, ich …«, stammelte er.
    Ferin rang um Beherrschung. »Verzeih, das ist eine ernste Sache.«
    Nun schmunzelte er doch. »Es ist schön, dich lachen zu hören.«
    »Ja«, meinte sie ruhiger. »Es gab nicht viel zu lachen in letzter Zeit. Ich staune selbst über mich.«
    »Wir haben viel durchgemacht, gemeinsam …«
    Gleichmäßiges Knacken im Dickicht ließ sie aufhorchen.
    Einen Herzschlag später wusste Ferin, wer da durch den Wald streifte. Sehnsüchtig hielt sie nach seiner weißen Maske Ausschau. Nach den Bernsteinaugen. Erwartete sein Prusten. Die Freude wallte heiß durch ihre Brust, als er sich schließlich aus der Dunkelheit schälte und schräg gegenüber Aufstellung nahm. Neben Tamirs Hütte.
    »Ziagál«, lockte sie ihn. Sie wollte ihm danken. Dafür, dass er ihr Leben gerettet hatte. Sie alle gerettet hatte.
    Er kam nicht näher. Stand regungslos und schickte sein goldgelbes Blinzeln zu ihnen herüber. Belebte die trostlose Leere mit seiner Gegenwart. Ferin erwiderte seinen Blick, bis er sich umdrehte und auf weichen Sohlen davontappte. Sie seufzte auf und bemühte sich, ihre Enttäuschung zu bezwingen. Es war seine
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