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Maschinenkinder

Maschinenkinder

Titel: Maschinenkinder
Autoren: Shayol Verlag
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aus seinem Kopf wachsen. Und in einem sehe ich tatsächlich etwas, das wie ein Auge aussieht. »Dann hör genau zu«, flüstere ich, und im selben Augenblick öffnet sich das Auge entsetzt, denn Schraubenladen begreift. Nur nicht schnell genug. Auf Maximum ist die koreanische Polizeisirene an meinem Bein so was wie der große Bruder der Trompete von Jericho. Modesta und der andere Typ reißen die Hände hoch. Aber nicht Schraubenladen. Dessen Hirnfunktionen brechen unter der Überlastung durch den ins Unermessliche verstärkten Impuls einfach zusammen. Lautlos sackt er in sich zusammen, bleibt liegen, Kopf, Arme und Beine verdreht wie eine Marionette, deren Schnüre man zerschnitten hat.
    Während ich aufspringe, blinkt das Warnicon am Rand meines Sichtfeldes in tiefem Purpur. Die Dosis ist zu hoch. Scheißegal. Ich will nur Modesta. Unter meinen Händen, und es wird nichts geben, was mich dazu bringt, ihn loszulassen, bevor er aufhört zu atmen. Nichts, außer dem Kerl hinter mir. Er ist schneller wieder da, als ich geglaubt habe. Meine Fäuste sind vor Modestas Gesicht, der mit blutenden Ohren vor mir zurückweicht, aber der andere Typ hat mein Bein und zerrt mich zurück.
    Alles, was ich zu fassen kriege, ist das Shimano.
    Mich herumwälzend sehe ich Regenmantel hinter mir, der mich mühelos zu sich zieht. Ich schwinge das Shimano über den Kopf, lasse es auf ihn hinunter rauschen. Er fängt es gelassen ab. Aber nun ist seine Hand da, wo ich sie haben wollte. Ein kurzer Zug an dem Hebel, der das Shimano in der Mitte zusammenlegt – mit seinen zerbrechenden Fingern dazwischen. Regenmantels Schrei fällt unerwartet weibisch aus. Der Typ ist modifiziert, aber keine ernsthaften Schmerzen gewöhnt.
    Modesta schreit entsetzt auf, als ich mich auf ihn stürze. Wundervoll erlösende Sekunden lang bearbeite ich ihn mit den bloßen Händen, bis von dem Kameralächeln nicht mehr viel übrig ist. Aber ich kann es nicht zu Ende bringen, Ein wuchtiger Umriss stürzt aus dem Helikopter auf mich zu. Das Ding mag mal ein Hund gewesen sein. Zumindest bevor jemand Anabolika hineingepumpt und es mit Stahlkiefern modifiziert hat. Das ist also das Letzte, was ich sehen werde. Der Scheißköter, wie er mein Gesicht verschluckt. Was für eine Ironie. Aus dem purpurnen Warnlicht wird ein gelbes. Mein Körper würde es eigentlich überleben.
    Ich schließe die Augen, und dann reiße ich Modesta hoch, dessen Kopf jetzt zwischen mir und dem Riesenvieh ist. Die Wucht des Aufpralls lässt den Alten auf mir landen. Kiefer schließen sich krachend um Modestas Hals. Im selben Moment rauscht etwas an meiner Wange vorbei, der Hund wimmert, fällt um, Herrchen immer noch zwischen seinen Zähnen. Beide rühren sich nicht mehr.
    Regenmantel ist immer noch hinter mir. Er ist auf den Beinen, gafft zum Tempel und der kleinen Gestalt vor den LEDs, will genau wie ich wissen, woher der Stahlbolzen kam, der jetzt im Köter steckt. Ein Klicken, ein Rauschen. Regenmantel sieht überraschter aus als ich. Ein Aufblitzen, als sich Licht unten aus der immer lauter werdenden Stadt im Metall des Bolzens in seiner Stirn spiegelt, dann schlägt er der Länge nach hin. Lange bevor die kleine Gestalt ihn erreicht und mit der Spitze eines fleckigen Gummistiefels anschubst.
    Aus dem gelben Warnlicht auf meiner Netzhaut wird ein grünes.
    Ich kenne den Mann. Er sagte mir, das hier oben sei ein taoistischer Tempel. Der kleine Kerl schaut, die Armbrust im Arm, schräg von unten zu mir hoch und spuckt dabei aus, »Ich mag’s nicht, wenn hier wer die Tempelruhe stört.« Die Sache ist für ihn erledigt. Er wendet sich ab.
    »Und was mach ich jetzt?« Warum frage ich das ausgerechnet ihn?
    Der Tempelbaumeister schaut auf den Regenmantel. Auf seinen Facetten wiederholt sich die Szene noch immer in Endlosschleife. Ich, wie ich das Sabotagegerät unter den Schreibtisch klebe.
    Er blickt mich über die Schulter an. »Schätze, du bist berühmt. Am besten, du verschwindest.« Er schnauft. »Oder …«
    »Oder was?«
    Er grinst. »Oder du machst was draus.«
    »Daraus, ein gesuchter Terrorist zu sein?«
    Er nickt schmunzelnd in Richtung Stadt. »Daraus, dass du da unten jetzt ’ne Menge Fans hast.«
    »Aber wie?«
    Er schaut sich um, scheint sich dabei über etwas zu amüsieren. Und dann bedeutet er mir, ihm zu folgen. »Hast du noch was vor heute?«
    Ich hebe die Schultern und trotte hinter ihm her, als er hinzufügt: »Vielleicht hätte ich da ein paar Ideen …«
    Immerhin,
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