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Marshall McLuhan

Marshall McLuhan

Titel: Marshall McLuhan
Autoren: Douglas Coupland
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außerdem von einer Zeit, die inzwischen lange abgeschlossen ist, in der Gesetze neu geschrieben wurden, Nationalstaaten sich definierten und die Zukunft so deutlich und wunderbar vor uns lag wie ein Ort, den man eines Tages hoffte, besuchen zu können, so wie Rom oder Neuseeland. Wir können wehmütig an diese Zeit zurückdenken oder wir können nach vorne schauen und das Beste aus ihr mitnehmen. Und ein Teil davon bleibt unbestreitbar erhalten.
    Wie gesagt, wäre Marshall nicht geboren worden, wäre an seiner Stelle ein Loch in der Welt, und ein Loch im Himmel. Wir können froh sein, dass er gelebt hat.
    Ich habe mich unter anderem dazu entschlossen, dieses Buch zu schreiben, weil Marshalls Familie meiner eigenen so sehr ähnelt. Vor einem Jahr las ich in seiner Biographie, und es fühlte sich an, als sähe ich in einen Spiegel. Ich hörte mir seine Stimme auf YouTube an, und es war die Stimme meines Großvaters, Arthur Lemuel Campbell, geboren 1900, gestorben 1971, der bestaussehende Mann der kanadischen Prärie, ein Vertreter, der jeden Tag bei Wind und Wetter von der Stadt ins letzte Nest bis zum nächsten Genossenschaftsladen fuhr, und dabei an was weiß ich dachte – vielleicht an die Weite, die ihn umgab? Den Himmel und die Lerchen? Der Chevrolet macht ein seltsames Geräusch, soll ich ihn in die Werkstatt bringen? Vielleicht kam er sich modern vor, wie er mit seinem preiswerten, benzinbetriebenen Wagen Hunderte von Meilen zurücklegte, über Schlamm, Steine und Stoppelfelder, durch Insektenwolken, vorbei an Rindern und verwitterten Scheunen, in das platte, eintönige Land, zu den Menschen der Prärie – den Engländern, Iren, Schotten, Ukrainern, Isländern, Norwegern und den Mennoniten in den Trachten der AltenWelt – und an Gott dachte, an die Verdammnis, an Polio, Gesundheitsvorsorge und Fürst-Pückler-Eis, und wie er knauserig war, und sich fragte, ob die Evangelisten die Wahrheit sagten oder logen oder vielleicht beides taten, ohne es zu merken. Sich an einem rostigen Nagel zu verletzen, konnte tödlich enden. Zu viel Stolz machte die Seele kaputt. Ungeerntetes Korn war schlecht für die Seele – die Seele! Immer die
Seele
! Vielleicht würde er abends etwas zu trinken bekommen, ein Bier, einen Flachmann. Vielleicht ein Zimmer, vermietet von einer verlassenen Ehefrau, einem verbitterten Weibsstück oder einer kleingeistigen Kleinstadtschlampe. Und in den anderen Zimmern saßen die anderen Männer, die durch diese flache Einöde streiften, die gerade erst ans Stromnetz angeschlossen worden war und jetzt in Radiowellen schmorte. Was für Gedanken gingen Arthur Lemuel Campbell durch den Kopf? Hasste er die Vergangenheit? Wollte er in die Zukunft fahren, und wenn ja, wo glaubte er, war die Zukunft – im Westen? Im Osten? Über ihm? Die ganze Fahrerei, nichts als plattes Land, all die Sonntage und die Herbergsessen mit aufgeworfenen Lippen, Haxe mit Maisbrei und jeder Menge Gottesfurcht. Vater unser, der Du bist im Himmel. Und die Familie weit weg – High River, Regina, Edmonton, Swift Current – die einen drehen durch, die anderen werden religiös, die nächsten sterben jung. Beklage dich nicht und suche nicht nach Erklärungen. Versuch, den Schaden klein zu halten. Vergiss deine Familie, bevor sie dich vergisst. Sei schwach. Sei verrückt. Sei wahnsinnig. Sei demütig. Verneige dich vor Gott. Tu so, als wärest du etwas, das du nicht bist. Gehe über deine Grenzen und bezahle den Preis. Behalte deine Meinung für dich. Stirb allein, wenn auch umringt von anderen. Man wird über dich urteilen. Du wirst nie Frieden finden. Du wirst nie Zuflucht finden, weil am anderen Ende des Horizonts immer etwas ist, das auf dich lauert und dich bedroht. Zahl’ immer bar. Kredit ist der Teufel. Dies ist das Jahr des Herrn 1930. Dies ist das Jahr des Herrn 1931.Dies ist 1932. 1933. Der Himmel ist kornblumenblau, und die Wolken sind aus Hollywood. Es gibt nicht genug zu essen, nur um gerade so über die Runden zu kommen. Fahr, Arthur,
fahr
– vor dir liegt eine Zukunft. Du wirst in Winnipeg leben. Du wirst Kinder haben. Sie werden Kinder haben. Diese Kinder werden das Band zwischen Himmel und Erde zerschneiden – werden sie das wirklich? Hat dieses flache Land etwas, das uns ewig an Gott bindet? Was werden diese Monsterkinder behalten, und was werfen sie weg? Technik schafft Generationen: Werden sie die Giftmörder sein oder werden sie bloß vergiftet? Denn all das sitzt irgendwo in deinem Kopf, Arthur Lemuel
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