Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mark

Mark

Titel: Mark
Autoren: Celia Jansson
Vom Netzwerk:
knirschendem Sand
aus seinen Gedanken in die Wirklichkeit zurück. Als er aufsah, erblickte er
Mark, der direkt auf ihn zukam.
    Hastig tat er einen Schritt zurück, als würde er
einen Angriff fürchten.
    Mark blickte ihn nur ruhig an. „Hallo Dan. Ist
ziemlich lange her, dass wir uns gesehen haben.“
    „ Ist es“, brachte er nach kurzem
Zögern heraus.
     
     
     
    Es war ein heißer und schwüler Tag, an dem er sein
Mathebuch beiseitelegte und beschloss, dass er auch mit fünf Punkten in diesem
Fach leben konnte. Daniel erhob sich von seinem Schreibtischstuhl und streckte
seine Glieder. Sein offenes Fenster erlaubte ihm einen Blick auf die im Garten
spielenden Nachbarskinder und deren Vater, der mit einem verknoteten
Gartenschlauch kämpfte. Daniel musste sich auf das Fensterbrett setzen und
hinauslehnen, um die Straße überblicken zu können. Gerade fuhr das Auto seiner
Mutter in die Einfahrt. Sie stieg aus und lud Einkäufe aus dem Supermarkt und
einen Klapptisch aus. Er fragte sich, was sie mit einem weiteren Tisch
vorhatte. Das ganze Haus war schon vollgestellt mit Möbeln, die sie niemals
benutzten. Ein Transportauto, welches ein Haus weiter hielt, erweckte seine
Neugier. Das Haus hatte wochenlang leer gestanden, nachdem das ältere Ehepaar
in ein Seniorenhaus umgezogen war. Einige kräftige Männer luden Möbel aus, eine
lederne Couch, Sessel, Bücherregale, Teile, die zusammengesetzt ein Bett
ergeben mussten. Eine Frau mittleren Alters erteilte den Männern Anweisungen,
als würde sie das täglich machen. Der dazugehörige Mann kam mit einem Mercedes.
Ein Junge stieg mit ihm aus und entlud Zimmerpflanzen. Sein Vater schickte ihn
damit ins Haus, aus dem er erst eine ganze Weile später wieder heraus kam.
Daniel hatte inzwischen beobachtet, wie diverse Regalbretter und Kartons von
der Frau in die richtigen Zimmer dirigiert wurden. Die neuen Nachbarn waren ihm
eine willkommene Abwechslung. Sonst konnte er von seinem Zimmer aus nur die
Kinder der direkten Nachbarn beobachten, die den ganzen Sommer im Garten
spielten und ihnen dabei zuzusehen, war nicht gerade das, was er unter guter
Unterhaltung verstand. Schließlich wurde aus dem Transporter sogar ein Klavier
herausgetragen, was die Frau mit Aufschreien begleitete, die Männer sollten
doch vorsichtiger sein.
    Der Junge lächelte nur amüsiert. Er war so alt wie
Daniel selbst – etwa sechzehn oder siebzehn. Eine Jeans und ein schwarzes
T-Shirt verhüllten kaum seine sportliche Figur. Sein Gesicht konnte Daniel erst
genauer erkennen, als er sich umsah. Der Junge fragte sich wohl, in was für
einer verschlafenen Gegend er gelandet war. Er sah gut aus. Daniel seufzte. Er
fand jeden Jungen gutaussehend, den er die letzten zwei Wochen gesehen hatte
und der halbwegs in seinem Alter war. Es waren nicht viele gewesen, nur eben
jene, die an seinem Fenster vorbeigelaufen waren. Schließlich durfte er das
Haus nicht verlassen. Nur jeweils zwei Stunden am Morgen, wenn sich niemand in
seinem Alter in den Sommerferien freiwillig nach draußen begab, sondern es
vorzog zu schlafen. Die Situation hatte er sich selbst zuzuschreiben. Wie hatte
er glauben können, zwei Tage Berlin wären zwei Wochen Hausarrest wert? Er
kletterte von der Fensterbank und zog ein T-Shirt über. Er hatte stundenlang
aus dem Fenster gesehen, und es war Abend geworden, ohne dass er irgendetwas
Sinnvolles getan hatte.
    „ Daniel“, hörte er seine Mutter von
unten rufen.
    „ Ja?“ Er ging zur Treppe.
    „ Hast du die neuen Nachbarn gesehen?
Ich gehe mal eben rüber und begrüße sie.“ Sie hatte einen Korb mit selbst
gebackenen Plätzchen dabei. „Um halb sieben gibt es Essen. Mike kommt später.“
    Daniel nickte nur. Es gab jeden Abend um halb sieben
essen, und Mike kam immer später. Als seine Mutter aus dem Haus ging, trat er
ebenfalls vor die Tür und sah zu den Nachbarn herüber, aber der Junge war
nirgends zu sehen.
     
    Im Bett liegend, dachte Daniel wieder an den Jungen.
Es gab ja auch kaum etwas anderes, über das er nachdenken konnte, wollte er
nicht an die Schule oder den dämlichen Ausflug nach Berlin denken. Falls der
Junge in seinem Alter war, würde er wahrscheinlich auf seine Schule kommen, es
sei denn, er machte eine Ausbildung, aber dann wäre er wohl kaum mit seinen
Eltern hierhergezogen. Er sah wirklich gut aus, nicht nur, weil er ein Junge in
seinem Alter war. Die Mädchen würden sicherlich reihenweise auf ihn stehen.
Daniel seufzte und schloss die Augen.
     
    Gähnend
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher