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Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln)

Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln)

Titel: Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln)
Autoren: Lassal
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Mutter natürlich nicht.

Marie wacht auf
    I n ihrem bösen Traum reichte Marie das kalte Wasser jetzt bis zum Kinn. Ihre Locken schwammen auf der schimmernden Oberfläche und bereiteten sich um sie herum aus, wie ein heller, leuchtender Kranz. Obwohl sie wusste, dass sie träumte, war es für sie unglaublich schwer, keine Angst zu haben, denn der Traum fühlte sich wie immer sehr wirklich an: Die Kälte, das Wasser und das Gefühl, gleich nicht mehr atmen zu können, waren unerträglich. Maries Herz schlug wie die Flügel des Vogels, der sich in ihrem Zimmer verloren hatte.
    Kurz bevor die Wellen über ihrem Kopf zusammenschlugen, schnappte sie noch einmal verzweifelt nach Luft und — wachte auf.
    Marie saß aufrecht in ihrem Bett und keuchte schwer. Ihr Haar klebte ihr an der Stirn, ihr Herz schlug wild und schnell. Sie senkte den Kopf, um sich zu konzentrieren und ihren Atem zu beruhigen. Aber die kleinen Goldfische auf ihrem Nachthemd waren wie die in ihrem Traum und die Erinnerung an das eisige Wasser, das in ihre Nase drang, ließ sie gleich wieder nach Luft schnappen. Marie drehte sich zum Nachttisch und knipste die Leselampe an. Sie schob mit gerümpfter Nase und spitzen Fingern die Medizinflasche zur Seite und griff erleichtert nach ihrer Spieldose, die auch in der Pension immer neben ihrem Bett stehen musste. Sobald sie das leichte Klicken spürte und den Deckel vorsichtig nach hinten geklappt hatte, ergoss sich die müde Musik wärmend in die Stille und die kleine, schlafende Ballerina begann, ihre winzigen Pirouetten zu drehen.
    Marie schaute eine Weile zu und strich behutsam mit zittrigen Fingern über den klitzekleinen Tüllrock. Wie wunder-wunderschön diese zierliche Figur doch war. Und wie liebend gerne sie, Marie, auch eine Ballerina wäre. Wenn sie nur so ein Kleidchen hätte und sich so anmutig drehen könnte, wie wunderbar wäre das Leben und wie glücklich würde sie sein! Sie würde all ihre Sorgen vergessen und bestimmt nie wieder diesen gemeinen Albtraum haben. Möglicherweise konnte sie ja ganz langsam tanzen, wie ihre kleine Ballerina — das sah nicht sehr schwer aus; vielleicht ginge das auch mit ihren schwachen Lungen? Die Ballettschule in der Stadt warb damit, für jedes Kind den passenden Kurs zu haben. Aber als sie das ihrer Mutter erzählte, hatte diese sie so traurig angeschaut, dass Marie ganz erschrocken war und nie wieder von der Ballettschule gesprochen hat. Sie wusste nicht, ob ihre Mutter wegen ihrer Krankheit so traurig gewesen war, oder weil sie nicht das Geld für den Unterricht hatten. Vielleicht war es beides. Sie wollte es lieber nicht so genau wissen.
    Marie drehte sich auf den Rücken und schaute an die Decke. Draußen schimpfte das Meer mit den Felsen, die ihm den Weg zum Strand versperrten, während der Wind beruhigend durch das Dünengras flüsterte, als wollte er den Streit schlichten. Marie schloss die Augen und hörte beiden eine Weile zu.
    Morgen war ihr elfter Geburtstag. Sie hatte sich von ihren Eltern nur eine einzige Sache gewünscht: ein Tutu. Seit Monaten sprach sie von nichts anderem, als von einem Ballettkostüm und sie hatte sich auch vorsichtshalber nichts anderes gewünscht, obwohl ihre Mutter sie mehrmals darum gebeten hatte. Marie wollte einfach sichergehen, dass sie ihr Tutu bekam.
    „Bitte, Marie, du musst doch noch irgendeinen anderen Wunsch zum Geburtstag haben?”
    „Ein Tutu, Mama. Nichts in der Welt sonst.”
    „Wofür, meine Kleine, wenn du doch nicht tanzen darfst?”
    „Ich kann mit einem Tutu aber viel besser so tun, als ob!”
    Marie hatte schon ganz häufig mit ihrem Nachthemd vor dem großen Schrankspiegel posiert, wenn sie nicht schlafen konnte. Aber mit einem richtigen, echten Ballettkostüm würde das natürlich noch viel besser gehen , dachte sie; das wäre dann fast so, als ob sie selbst eine Ballerina wäre.
    „Wie wäre es mit einem Buch über eine große Ballerina?”
    Marie überlegte kurz, aber nur sehr kurz. Sie hatte schon ganz viele Bilder von Ballerinen aus der Zeitung ausgeschnitten und in ein Album geklebt, und ihr Vater hatte ihr immer alle Ballettprogramme aus dem Theater mitgebracht. Sie kannte die Namen aller großen Tänzerinnen und Tänzer sämtlicher Ballettgruppen weltweit. Das war gar nicht so schwer, denn es gab nicht so fürchterlich viele davon, und da Marie immer krank im Bett lag, hatte sie sehr viel Zeit, um die Programme immer und immer wieder zu lesen, bis sie sie auswendig konnte.
    Ihr Traum war,
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