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Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln)

Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln)

Titel: Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln)
Autoren: Lassal
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aber gab es weder Ballettschule noch Tanztheater. Es war nur eine kleine Insel mit wenigen Einwohnern und ohne Kinder. Sobald die ersten Herbststürme kamen und die Touristen nach Hause fuhren, lebten hier nur einige Fischer, das Ehepaar, das den kleinen Tante-Emma-Laden führte, ein Hauslehrer, ein Pastor, der auch der Inseldoktor war und … Opa Donnersee mit seinem Hund Robbie.
    Alois Donnersee war nicht wirklich ihr Opa, aber solange sie sich erinnern konnte, hatte sie ihn so genannt. Er kannte ihren Papa schon, seit dieser als kleiner Junge selbst mit seinen Eltern auf der Insel Urlaub gemacht hatte. Und später, als er von Maries Krankheit hörte, hatte er ihrem Vater auch die Arbeit bei der Pension vermittelt. Opa Donnersee passte immer gerne auf Marie auf, wenn ihre Eltern arbeiten mussten und daher keine Zeit für sie hatten.
    Wenn der alte Mann auf einem der Felsen vor dem Strand seines Hauses saß, übersah man ihn fast, so sehr glich er der Landschaft. Seine Haut wie auch seine Kleidung waren rau von Salz und Wind und grob wie der Stein, auf dem er saß. Sein Gesicht bestand aus Sanddünen, auf denen wild-struppiges, gebleichtes Gras wuchs, das sich hin und her wog, wenn er sprach und lachte. Manchmal bewegte sich das weiße Gestrüpp nach oben und gab den Blick frei auf zwei tiefblaue Augen, in denen sich die Sonne spiegelte — oder der Schalk, was man nie so genau sagen konnte. Seinen Mund sah man eigentlich nie, denn dafür war der weiße Bart zu lang und zu buschig. Aber wenn Opa Donnersee lachte, und das tat er oft, dann meinte Marie zu wissen, woher er seinen Namen hatte. Er konnte zwar auch so leise lachen, dass man nur seinen Bauch hüpfen sah, aber meistens hielt die Mutter lieber ihr Glas fest, wenn Opa Donnersee loslegte, so laut war er.
    Es gab noch etwas, das Marie sehr an Opa Donnersee mochte, und das war sein Hund Robbie. Robbie hieß eigentlich Robbe und war ein schokoladenbrauner Setter mit langem, seidig-glänzenden Fell und lustigen Schlappohren, die er, je nach Lust und Laune, auf alle möglichen und unmöglichen Arten abknicken konnte. Robbie konnte ein richtiger Clown sein. Er genoss es, wenn alle auf ihn achteten und seinem Ohrentanz folgten. Dann leuchteten seine großen Augen und jeder glaubte, er würde ihnen zuzwinkern.
    Wenn die Sonne schien, ging Marie nach dem Frühstück auf die Terrasse der Pension und legte sich, von der Mutter dick in eine Decke gewickelt, auf einen der gemütlichen Klapp-Liegestühle, auf dem die Touristen sich während der Hochsaison sonnten. Jetzt, wo keine Gäste da waren, hatte ihr Vater die meisten Liegestühle in den Schuppen gestellt, nur die zugeklappten Sonnenschirme, die noch gereinigt werden mussten, flappten nach wie vor frech im Wind. Marie genoss es sehr, auf der Terrasse in der Sonne zu liegen, von der sie zu Hause so wenig hatte. Meistens dauerte es dann nicht sehr lange, bevor Robbie hinter den Dünen auftauchte, den Kopf in ihre Richtung drehte, die Ohren spitzte und wie ein Sandwirbel auf sie zu gerannt kam.
    Aufgeregt leckte er ihr zur Begrüßung die Finger, als ob an ihnen noch etwas Frühstücksschinken kleben könnte. Dann legte er seinen Kopf auf ihren Schoß und beide schauten stundenlang aufs Meer hinaus, während Robbie sich von ihr hinter den Ohren kraulen ließ und wohltuende Brummtöne von sich gab.
    Hin und wieder, wenn es Marie besonders gut ging, durfte sie Opa Donnersee besuchen gehen. Er wohnte mit Robbie in einem großen strohgedeckten Haus, das sich hinter der nächsten Sanddüne versteckte. Ein kurzer Weg, mit grobem Kopfsteinpflaster ausgelegt, verband die Pension mit Opa Donnersees Haus. Er führte zwischen zwei Dünen hindurch und war nicht länger als hundert Meter. Hoch und heilig hatte Marie ihrer Mutter dieses Jahr versprechen müssen, immer diesen kurzen Weg zu wählen, wenn sie alleine unterwegs war. Es gab nämlich noch einen zweiten Weg: einen schmalen, gewundenen Pfad, der die Klippen hinab zu einer versteckten Meeresbucht führte, bevor er sich wieder mühsam hoch zu Opa Donnersees Haus schlängelte. Er war nur bei Ebbe passierbar und immer ein bisschen glitschig. Da die Inselbesucher lieber den sicheren Weg durch die Dünen wählten, wussten nur wenige von der kleinen Meeresbucht voller Felsen, deren schwarze Rücken bei Ebbe wie verkrustete, uralte Schildkrötenpanzer aus dem Wasser ragten.
    Es war Robbies Lieblingsort, und er hatte ihn Marie schon vor vielen Jahren gezeigt. Aber das wusste ihre
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