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Marianne & David (German Edition)

Marianne & David (German Edition)

Titel: Marianne & David (German Edition)
Autoren: Reimund J. Dierichs
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Alibi-Funktion hatten, wenn er die Küsse, die ausgetauscht wurden, richtig deutete.
    Nirgends konnte er George entdecken. Eine Viertelstunde lang nahm er jeden Tisch und jeden Winkel in Augenschein. Vergeblich. Er befürchtete schon, dass falsche Lokale aufgesucht zu haben und hatte sich gerade überlegt, höchstens noch eine weitere Viertelstunde zu warten, als sich die Tür öffnete und Patrick eintrat. Er schaute sich nach allen Seiten um, nahm dann, nachdem er David entdeckte hatte, den direkten Weg zur Theke und ging schnurstracks auf ihn zu. Er schüttelte ihm die Hand und bestellte sich dann ein Bier.
    „ Sie hätte ich hier am allerwenigsten erwartet.“
    David wäre gerne im Boden versunken, aber in den Schank-räumen der Neuzeit gab es kaum mehr Falltüren.
    „Ich...“ begann er zögernd.
    „Ach was“, unterbrach ihn der andere, „Sie sind mir doch keine Erklärung schuldig. Wahrscheinlich hatten Sie einfach keine Lust, mit den beiden Frauen gemeinsam den Abend zu verbringen.“
    „Und Sie?“
    „Ich? Ich hatte dazu auch keine Lust.“
    „Nein, ich meine, was machen Sie in diesem Lokal?“
    Patrick lachte und schüttelte den Kopf. „Sie stellen merk-würdige Fragen. Ich bin hier, um in Ruhe mein Bier zu trinken.“
    „Entschuldigung, ich wollte mich nicht aufdrängen.“
    „Unsinn, so war das doch überhaupt nicht gemeint. Außerdem hab ich mich ja aufgedrängt. Ich freue mich, dass ich Sie getroffen habe. Ehrlich.“ Er legte David freundschaftlich die Hand auf die Schulter. „Wenn Sie wirklich wissen wollen, wie ich von diesem Lokal erfahren habe: es wird in einem Führer erwähnt. Ich war in den letzten Tagen schon zweimal hier, und da es mir gefallen hat, bin ich zum Wiederholungstäter ge-worden."
    David verzichtete darauf, weitere Fragen zu stellen.
    „Und Sie?“
    „Ich?“ David suchte krampfhaft nach einer Antwort. „Ich bin sozusagen auf Empfehlung hier“, sagte er schließlich. „Jemand hat mir einen Tipp gegeben.“ Der Tip-Geber konnte jeden Moment im Türrahmen stehen und die Situation noch komplizierter gestalten. Wie hätte er Patrick seine wahren Absichten klar machen sollen?
    „Hast du schon mal was mit 'nem Mann gehabt oder genießt du einfach die Atmosphäre solcher Orte?“
    Die Frage war wie eine Ohrfeige. David wusste nicht, was ihn mehr irritierte: die Frage als solche oder die plumpe Ver-traulichkeit, die Patrick an den Tag legte. Seine Hände begannen zu zittern, weshalb er versuchte, sie in seinem Schoß zu verstecken. Dem anderen war die plötzliche Nervosität natürlich nicht entgangen.
    „Tut mir leid. Ist mir mal wieder nicht gelungen, meine Klappe zu halten. Also doch zum ersten Mal hier?“
    David nickte.
    „ Na, dann pass aber bloß auf, weil du dich hier sonst vor Verehrern nicht retten kannst.“
    „Ich?“
    „Na klar, du bist doch ein attraktiver Typ.“
    „Ach Unsinn“, entgegnete David in einer Mischung aus Unsicherheit und Koketterie.
    „Aber keine Angst, ich werde alle Annäherungsversuche abschmettern, die eigenen mal ausgenommen.“ Er musste über seinen Witz lachen. „Ich meine es ernst. Du bist ein attraktiver Mann. Mir gefällst du jedenfalls.“
    David spürte, wie sein Gesicht heiß wurde. Sicher sah er jetzt wie ein Hypertoniker aus. Um von sich abzulenken, wechselte er das Thema.
    „Fährst du immer gemeinsam mit deiner Mutter in Urlaub?“
    Patrick hob abwehrend die Hände hoch; dann wurde sein Gesicht ernst. „Es ist unsere erste gemeinsame Reise seit meiner Kindheit. Meine Mutter ist im letzten Herbst an Krebs erkrankt und musste sich einer Chemotherapie unterziehen. Im Frühjahr hat mein Vater sie dann verlassen, weil er es nicht mehr ausgehalten hat, dem Tod ins Auge zu sehen. Diese Worte hat er wirklich benutzt. Tatsächlich hat er Probleme mit dem Älter-werden. Die Krankheit meiner Mutter hat ihm drastisch vor Augen geführt, dass wir alle dem Verfall preisgegeben sind. Wir können uns noch so sehr abmühen, unsere Körper in Fit-nessstudios schinden, uns gesund ernähren und regelmäßig zum Arzt gehen; alt werden wir trotzdem und sterben müssen wir auch.“
    „Klingt nicht gerade ermutigend“, gab David zu bedenken.
    „Wenn ich mich nur darauf beschränke, meinem Körper die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen, ist es das auch nicht.“ Er machte eine Pause, so als ob er über etwas nachdächte. „Mein Vater stammt aus Syrien, wo meine Mutter ihn auf einer Forschungsreise kennenlernte.“
    „Deine
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