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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell
Autoren: Vom Winde verweht
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ein Taschentuch bei dir gehabt hättest.«
    Sie nahm
das Taschentuch, putzte sich die Nase und setzte sich wieder. Er wollte sie
also nicht in die Arme nehmen. Allmählich wurde ihr klar, daß alles, was er von
seiner Liebe sagte, nichts mehr bedeutete. Es war ein Märchen aus vergangener
Zeit, das er sich betrachtete, als hätte er es nicht selber erlebt. Das war
furchtbar. Fast gütig sah er sie mit seinen nachdenklichen Augen an.
    »Wie alt
bist du, Kind? Du hast es mir nie sagen wollen.«
    »Achtundzwanzig«,
sagte sie undeutlich in ihr Taschentuch hinein.
    »Das ist
kein Alter. Du bist noch sehr jung dafür, daß du die ganze Welt gewonnen und
deine Seele dabei verloren hast, findest du nicht auch? Mach nicht ein so
angstvolles Gesicht. Ich meine damit nicht, daß du wegen deiner Affäre mit
Ashley in die Hölle kommst, ich meine es nur bildlich. Seitdem ich dich kenne,
hast du zweierlei gewollt: Ashley und so viel Geld, daß dir die ganze übrige
Welt gestohlen bleiben konnte. Reich genug bist du jetzt, der Welt hast du
deutlich deine Meinung gesagt, und Ashley kannst du haben, wenn du willst. Aber
es sieht mir nicht so aus, als ob du nun zufrieden seiest.«
    Sie
ängstigte sich, aber es war nicht die Angst vor dem Höllenfeuer. Sie dachte:
»Meine Seele ist ja Rhett, und ihn verliere ich. Wenn ich ihn aber verliere,
ist mir alles andere nichts mehr wert. Wenn ich ihn nur hätte, wäre es mir
sogar recht, wieder arm zu sein. Dann schadete es nichts, wenn mich wieder
fröre und hungerte. Er kann doch nicht sagen wollen ... nein, das kann er
nicht!«
    Sie
trocknete sich die Augen und sagte in ihrer Herzensangst:
    »Rhett,
wenn du mich einmal so sehr geliebt hast, so muß doch irgend etwas davon noch
übrig sein.«
    »Zweierlei,
sehe ich, ist mir aus allem geblieben. Gerade das, was dir am meisten verhaßt
ist ... Mitleid, und eine seltsame Regung von Güte.«
    Mitleid!
Güte? »O mein Gott«, dachte sie verzweifelt, »alles andere, nur nicht Mitleid
und Güte.« Jedesmal, wenn sie diese beiden Gefühle für jemand empfunden hatte,
so waren sie von Verachtung begleitet gewesen. Verachtete er sie auch? Alles
wäre ihr lieber als das, selbst seine zynische Kühle aus der Kriegszeit, die
trunkene Tollheit, die ihn, mit ihr auf dem Arm, die Treppe hinauf jagte,
damals in der Nacht, als seine rohen Hände ihr weh taten, oder auch die
bissigen Worte, die, wie sie jetzt erkannte, nur der verschämte Ausdruck einer
wirklichen Liebe gewesen waren. Alles, nur nicht die unpersönliche Güte, die
ihm jetzt deutlich auf dem Gesicht geschrieben stand!
    »Du willst
also damit sagen, daß ich alles zertrümmert habe ... und daß du mich nicht mehr
liebst.«
    »So ist
es.«
    »Aber«,
sagte sie hartnäckig wie ein Kind, das immer noch meint, wenn es seinen Wunsch
ausspreche, sei er schon erfüllt, »ich liebe dich doch!«
    »Dann ist
das dein Unglück.«
    Geschwind
blickte sie auf, ob wohl Spott hinter diesen Worten steckte, aber nein, er
stellte nur die Tatsache fest. Allein, die Tatsache wollte und konnte sie
nimmermehr glauben. Mit ihren schrägen Augen, die in herzbrechendem Eigensinn
glühten, sah sie ihn an. Der harte Umriß ihres Unterkiefers, der sich plötzlich
in ihren weichen Wangen abzeichnete, war ganz Geralds.
    »Mach
keinen Unsinn, Rhett! Ich kann dich ... «
    In
spöttischem Entsetzen hob er die Hand, die schwarzen Brauen zogen sich empor zu
ihrem alten höhnischen Halbrund.
    »Mach
nicht ein gar so energisches Gesicht, Scarlett. Du jagst mir Angst ein. Ich
sehe, du hast vor, deine stürmischen Gefühle für Ashley auf mich zu übertragen,
und mir bangt um meine Freiheit und meine Gemütsruhe. Nein, Scarlett, ich lasse
mich nicht verfolgen wie der unglückselige Ashley. Übrigens fahre ich weg.«
    Ihr
zitterte das Kinn, Sie verbiß es sich mit Gewalt. Weg? Nur das nicht! Wie
konnte sie ohne ihn weiterleben? Alle waren sie weggegangen, an denen ihr lag,
bis auf Rhett. Er durfte es nicht. Aber wie sollte sie ihn halten? Gegen seine
kühle Überlegenheit, seine gleichmütigen Worte war sie machtlos.
    »Ich gehe
weg. Ich wollte es dir sagen, wenn du aus Marietta zurückkamst.«
    »Du
verläßt mich?«
    »Spiel
nicht die tragische verlassene Frau, Scarlett, die Rolle steht dir schlecht. Du
willst also keine Scheidung, nicht einmal eine Trennung. Gut, dann komme ich so
oft zurück, daß es kein Gerede gibt.«
    »Was
schert mich das Gerede«, rief sie trotzig. »Dich will ich, nimm mich mit!«
    »Nein«,
erwiderte er. Es
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