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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell
Autoren: Vom Winde verweht
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hatte. Ihr dämmerte, was in Rhetts
Gemüt vorging, als er von diesem einzigen Menschen Abschied nahm, den er auf
der Welt hochgeachtet hatte, und wieder überkam sie das trostlose Gefühl der
Unwiederbringlichkeit so mächtig, daß es weit über die Gestalt der Toten
hinauswuchs. Sie konnte nicht ganz nachfühlen und erkennen, was er empfand,
doch ihr war, als hätten auch sie leise raschelnde Kleider gestreift in einer
letzten zarten Liebkosung. Durch Rhetts Augen hindurch sah sie es vorüberziehen
- nicht eine Frau, sondern eine Sagengestalt, die Verkörperung der sanften,
selbstlosen und doch stahlharten Frau, auf die der Süden im Kriege gebaut und
in deren stolze liebevolle Arme er nach der Niederlage heimgekehrt war.
    Sein Blick
kam zurück, seine Stimme hatte einen anderen Ton, kühl und leichthin sagte er:
    »Nun ist
sie also tot. Jetzt hast du es gut, nicht wahr?«
    »Wie
kannst du nur so etwas sagen!« Der Pfeil hatte getroffen, rasche Tränen traten
ihr in die Augen. »Du weißt doch, wie ich sie geliebt habe!«
    »Nein, das
kann ich nicht behaupten. Es kommt mir ganz unerwartet, und es macht dir in
Anbetracht deiner Vorliebe für minderwertige Naturen Ehre, daß du sie endlich
zu würdigen weißt.«
    »Wie
kannst du nur so reden? Selbstverständlich habe ich gewußt, was ich an ihr
hatte. Du aber nicht. Du hast sie nicht so gekannt wie ich! Du hast nicht den
Sinn dafür, zu verstehen, wie gut sie war ... «
    »So? Mag
sein ...«
    »Sie
dachte an alle, nur nicht an sich selbst. Ja, und mit ihren letzten Worten
sprach sie von dir.«
    In seinen
Augen leuchtete es von echtem Gefühl auf, als er sich rasch zu ihr umwendete.
    »Was hat
sie gesagt?«
    »Ach,
jetzt nicht, Rhett.«
    »Sag!«
    Sein Ton
war kühl, aber seine Hand, die nach ihrem Gelenk griff, tat ihr weh. Sie wollte
es ihm nicht sagen, auf diesem Wege hatte sie nicht von ihrer Liebe anfangen
wollen, aber gegen seinen Griff kam sie nicht auf.
    »Sie hat
gesagt ... sie hat gesagt ... >Sei gut zu Kapitän Butler, er liebt dich so
sehr.«
    Er sah sie
groß an und ließ ihre Hand los. Dann senkten sich die Lider, sein Gesicht war
dunkel und leer. Plötzlich stand er auf und ging ans Fenster, zog die Vorhänge
auf und schaute gespannt hinaus, als gäbe es draußen etwas anderes zu sehen als
blinden Nebel.
    »Hat sie
sonst noch etwas gesagt?« fragte er, ohne sich umzuwenden.
    »Sie hat
mich gebeten, für den kleinen Beau zu sorgen, und ich habe versprochen, er soll
sein wie mein eigener Junge.«
    »Was sonst
noch?«
    »Sie sagte
... Ashley ... sie bat mich, ich möge mich auch um ihn kümmern.«
    Einen
Augenblick schwieg er, dann lachte er leise.
    »Es ist
wohl sehr bequem, die Einwilligung der ersten Frau zu haben, nicht wahr?«
    »Was soll
das heißen?«
    Er drehte
sich um, und in all ihrer Verwirrung überraschte es sie, daß in seinem Gesicht
keinerlei Spott zu finden war. Es lag kaum mehr Anteil darin als in dem Gesicht
eines Menschen, der sich den letzten Akt einer nicht besonders unterhaltsamen
Komödie ansieht.
    »Ich
sollte denken, das ist deutlich genug. Miß Melly ist tot. Beweise hast du
genug, um gegen mich auf Scheidung zu klagen. Dein Ruf ist nicht mehr derart,
daß eine Scheidung dir noch viel schaden könnte. Von Religion ist dir nicht
viel geblieben, auf die Kirche kommt es also nicht an. Nur zu. Der Traum
verwirklicht sich, und Miß Mellys Segen habt ihr obendrein.«
    »Scheidung?«
rief sie. »Nein, nein!« Ihre Gedanken gingen wild durcheinander, sie sprang
auf, stürzte auf ihn zu und packte ihn am Arm. »Ach, das ist ja alles ganz
falsch! Entsetzlich falsch! Ich will mich nicht scheiden lassen, ich ... « Sie
brach ab, denn sie fand keine Worte mehr.
    Er faßte
sie unters Kinn, hob ihr das Gesicht sacht in den Lampenschein und blickte ihr
gespannt in die Augen. Sie schaute zu ihm empor, in ihren Augen lag ihr ganzes
Herz. Ihre Lippen bebten, als sie zu sprechen versuchte, aber die Worte
gehorchten ihr nicht Sie suchte in seinen Zügen nach einer Antwort auf ihr
Gefühl, suchte, ob nicht ein Funke von Hoffnung und Freude darin aufspringe.
Jetzt mußte er doch wissen, wie es in ihr aussah! Aber ihre suchenden
verlangenden Augen fanden nichts, nur die matte dunkle Leere, die sie so oft
zurückgescheucht hatte. Er ließ ihr Kinn los, wendete sich ab und sank wieder
müde in seinen Stuhl. Die Glieder streckte er von sich, das Kinn fiel ihm auf
die Brust, seine Augen blickten unter den schwarzen Brauen teilnahmslos und nur
sachlich
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