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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2
Autoren: Gary Jennings
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Schlachtrössern und Milchstuten unterwegs.
    Von den verschiedenen führenden Offizieren, die von meinen Gastgebern genannt wurden, kannte ich nur den Namen des Ilkhan Kaidu. Deshalb fragte ich, ob sie jemals vom Khakhan Kubilai in eine Schlacht geführt worden seien, den ich in nicht allzu ferner Zukunft kennenzulernen hoffte. Sie erklärten, nie der Ehre teilhaftig geworden zu sein, unter seinem direkten Kommando zu stehen; freilich hätten sie das Glück gehabt, seiner unterwegs ein-oder zweimal ansichtig geworden zu sein. Sie sagten, er sei von männlicher Schönheit, soldatenhafter Haltung und staatsmännischer Weisheit; die eindrucksvollste seiner Eigenschaften freilich sei sein viel gefürchtetes Temperament.
    »Er kann noch wütender werden als unser Ilkhan Kaidu«, sagte einer von ihnen. »Kein Mensch ist darauf erpicht, den Zorn des Khakhan Ku-bilai zu erregen, nicht einmal Kaidu.«
    »Und die Elemente des Himmels und der Erde auch nicht«, sagte ein anderer. »Die Leute rufen den Khakhan mit Namen an, wenn es donnert - ›Kubilai‹ -, auf daß der Blitz sie nicht treffe. Ich bin dabeigewesen, wie selbst der furchtlose Kaidu das getan hat.«
    »Wahrlich«, ließ ein anderer sich vernehmen, »im Beisein des Khakhan Kubilai wagt der Wind es nicht, zu heftig zu wehen, und der Regen nicht, schwerer herniederzugehen als ein Nieselregen, oder Schlamm gegen seine Stiefel aufspritzen zu lassen. Selbst das Wasser in seiner Schöpfkelle weicht ängstlich vor ihm zurück.«
    Ich meinte, das müsse recht unangenehm sein, wenn er durstig sei. Wiewohl das eine lästerliche Bemerkung über den mächtigsten Mann auf Erden war, schob keiner der Anwesenden eine Braue in die Höhe, denn inzwischen waren wir alle schon ziemlich betrunken. Wir hatten uns wieder in der yurtu niedergelassen, meine Gastgeber hatten etliche Krüge kumis geleert, und ich hatte eine ganze Menge von ihrem arkhi getrunken. Die Mongolen begnügen sich nie, nur einen Becher zu trinken oder gar ihrem Gast nur einen anzubieten, denn sobald dieser ausgetrunken ist, rufen sie: »Man kann nicht auf einem Bein gehen!« und schenken weiter ein. Und dieser Fuß braucht wieder einen anderen und so fort. Die Mongolen gehen gleichsam trinkend in den Tod. Ein gefallener Krieger wird unter einem Steinhaufen begraben, in sitzender Haltung, das Trinkhorn in Hüfthöhe in der Hand.
    Es war dunkel geworden, als ich meinte, gut daran zu tun, jetzt mit dem Trinken aufzuhören; sonst lief ich womöglich Gefahr, selbst begraben zu werden. Ich raffte mich daher hoch, dankte meinen Gastgebern für ihre Gastfreundschaft, grüßte und verabschiedete mich von ihnen, während sie herzlich hinter mir herriefen: »Mendu, sain urkek! Ein gutes Pferd und eine weite Ebene, bis wir uns wiedersehen!« Ich war nicht zu Pferd, sondern zu Fuß, und wankte daher ziemlich. Doch das trug mir keinerlei Bemerkungen von irgend jemand ein, als ich mich durchs bok wand und durchs Stadttor von Kashgar wieder in die von tausend Gerüchen erfüllten Gassen heimkehrte, zur Herberge Zu den Fünf Glückseligkeiten. Ein großer, schwarzgewandeter und schwarzbärtiger Priester stand da, als ich unsere Kammer aufsuchte. Ich brauchte eine Weile, um ihn als meinen Onkel Mafìo zu erkennen, und da ich nicht mehr ganz klar im Kopf war, fiel mir nichts weiter ein als der Gedanke: »Ach, du liebe Güte -in welchen Abgrund der Verworfenheit ist er jetzt gesunken? Uu?«
    3
     
    Grinsend ließ ich mich auf eine Bank fallen, als mein Onkel sich geziert frömmelnd in seiner Soutane drehte. Mein Vater schien ärgerlich, als er ein altes Sprichwort zitierte: »Kleider machen zwar Leute, aber eine Kutte macht noch keinen Mönch.
    - Von einem Priester ganz zu schweigen, Mafio. Woher hast du die?« »Die habe ich Vater Boyajian abgekauft. Du erinnerst dich gewiß noch von unserem letzten Aufenthalt hier an ihn, Nico.«
    »Ja. Ein Armenier wäre vermutlich imstande, selbst die heilige Hostie zu verschachern. Warum hast du ihm nicht dafür ein Angebot gemacht?«
    »Weil eine Oblate dem Ilkhan Kaidu nichts bedeuten würde diese Verkleidung aber wohl. Seine eigene Hauptfrau, die Ilkhatun, ist zum Christentum übergetreten -wenn auch nur zum nestorianischen. Ich rechne daher damit, daß Kaidu dieses Gewand achtet.«
    »Wieso denn das? Du tust es doch selbst nicht. Ich habe dich das Christentum in Tönen kritisieren hören, die fast schon Ketzerei waren. Und jetzt diese Gotteslästerung!«
    »Die Soutane selbst ist kein
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