Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Marais-Fieber

Marais-Fieber

Titel: Marais-Fieber
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
Aber sagen Sie mal, die Agentur Fiat Lux kommt im Moment nicht
gerade vor Arbeit um, hm?“
    „Sie haben einen feinen
Riecher!“
    „Ich bin eben ein Flic.“
    „Das heißt noch gar nichts...
Nein, wir haben nicht gerade mordsmäßig zu tun, wenn ich das so sagen darf.“
    „Ist auch schon bestimmt ‘n
halbes Jahr her, seitdem Ihr berühmter Name in Ihren geliebten Zeitungen stand,
einschließlich der von Marc Covet...“
    „Acht Monate“, seufzte ich.
    „...Und da Sie ja weder ein
bekanntes Callgirl sind „Ich möchte doch bitten...“
    „...noch ein Filmstar, und da
Sie keine Perlenkette zu verlieren haben,...“
    „Leider nein!“
    „...müssen Sie was anderes
finden, um trotzdem im Gespräch zu bleiben, nicht wahr?“
    „Werbung ist alles. Aber ich
versteh nicht „Lassen Sie mich ausreden“, schnauzte Faroux. „Ich will’s Ihnen
sofort erklären. Und dann leg ich auf. Ich hab nämlich genug Arbeit. Hab
schon viel zu viel Zeit mit Ihnen vertrödelt. Wie oft sind Sie mir in die Quere
gekommen? Jetzt haben Sie endlich mal nichts damit zu tun; also versuchen Sie nicht,
sich einzumischen. Nur um auf der Titelseite Ihrer Lieblingszeitung zu lesen:
Nestor Burma hier, Nestor Burma da... Kapiert?“
    „Donnerwetter! Sie haben einen
Ton drauf…“
    „Salut, Burma!“
    Er legte auf. Ich stieß einen
Seufzer aus. Der Erleichterung? Vielleicht. Doch da war noch ein anderes
Gefühl. Ich legte ebenfalls auf, hatte aber meine liebe Not, meine Hand vom
Hörer zu nehmen. So feucht war sie.
    Ich setzte meinen Hut auf und
ging aus dem Haus.
    Auf der Straße hatte ich es
nicht eilig. Wollte nicht den Eindruck erwecken, daß ich mich zu gierig auf die
versprochenen fünfzigtausend Francs des Arztes stürzte. In den Abendzeitungen
stand nichts Neues über den Fall Cabirol. Von der Zeichensetzung und einigen
Druckfehlern abgesehen, war das derselbe Text, der den Lesern vorher schon zum
Fraß vorgeworfen worden war.
    Mein Medizinmann hatte alle
Hände voll zu tun und ließ mir durch sein pralles Dienstmädchen einen
ebensolchen Umschlag geben — was mir ganz angenehm war. Das sparte Zeit und
weitere Erklärungen. Im nächsten Bistro brach ich den ersten
Fünftausendfrancschein an. Danach sprang ich in das nächste Taxi und ließ mich
zur Place de la République fahren. Von dort ging ich zu Fuß in die Rue du
Temple.
    Ich suchte das Haus, in dem den
Zeitungen zufolge Maurice Badoux wohnte, der junge Student, der die Polizei
über Cabirols Unannehmlichkeiten benachrichtigt hatte. Es befand sich kurz
hinter dem Square du Temple, an der Brasserie Foulard. In diesem Abschnitt der
Rue du Temple bilden die funkelnd hervorspringenden Schilder der Möbelhändler
so etwas wie einen Bogen über den Köpfen der Fußgänger. Von weitem schon
erkannte ich meinen Freund, den Hampelmann von Omnium du Rire. Er hielt
immer noch Wache an der schmalen Stelle des Bürgersteigs, schien sich aber
etwas weniger über mich lustig zu machen. An der Toreinfahrt des betreffenden
Hauses war eine ganze Reihe von Metallschildern angebracht. Sah aus wie bei
einem prämierten Rind auf einer Landwirtschaftsausstellung. Ich suchte den
Namen Badoux, fand ihn aber nicht. Sohn eines bekannten Industriellen...
Vielleicht fabrizierte der Herr Papa woanders. Als ich mich in den großen Hof
schlich, konnte ich so gerade zwei energiegeladenen Arbeitern mit ihren
Sackkarren ausweichen. Im Hof standen kreuz und quer Fahrräder, Kinderwagen und
jede Menge Kisten. Hinter einem dicken Kater und einer Topfpflanze saß die
Concierge und verdarb sich die Augen — oder das, was von ihrem Augenlicht noch
übrig war — bei einem Roman über Liebe, Haß und Leidenschaft. Sie widmete mir
keinerlei Aufmerksamkeit, als wäre ich Luft; so sehr war sie in ihre Lektüre
vertieft und an das ständige Hin und Her vor ihrer Loge gewöhnt. Lind ich legte
meinerseits keinen Wert darauf, sie nach Badoux zu fragen. Der junge Mann
konnte bestimmt keine Flics oder Journalisten mehr sehen und hatte
entsprechende Anweisungen gegeben. Also mußte ich mir wohl eine andere
Informationsquelle suchen. Solch eine Quelle sprudelte schon im nächsten
Augenblick in Form eines leicht blassen Gesichts: ein Laufbursche, höchstens
sechzehn Jahre alt, strubbeliges Haar, pfiffige Augen. Er trug gerade
Pappkartons von einem Geschäft zum andern, als wären rohe Eier dringewesen. Ich
sprach ihn in einer Ecke an, wo die Concierge uns nicht sehen konnte.
    „Salut, Toto“, sagte ich.
    Er blieb stehen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher