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Mansfield Park

Mansfield Park

Titel: Mansfield Park
Autoren: Jane Austen
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blind auf seine Worte, daß sie fünf Minuten lang wirklich glaubte, sie wären damit fertig. Dann aber begann er von neuem, genau so oder ganz ähnlich, und erst das vollständige Erwachen Lady Bertrams konnte dem Gespräch ein Ende machen. Bis dahin redeten sie weiter von Miss Crawford, und wie sie ihn gefesselt hatte und wie entzückend sie von Natur aus war und welch ein herrlicher Mensch sie geworden wäre, wäre sie nur rechtzeitig in bessere Hände gekommen … Fanny, die sich jetzt berechtigt fühlte, offen zu sprechen und zu seiner Erkenntnis von Miss Crawfords wahrem Charakter einiges beizutragen, deutete ihm an, daß die schwache Gesundheit seines älteren Bruders an Miss Crawfords Wunsch, sich wieder mit ihm auszusöhnen, nicht ganz unbeteiligt sein mochte. Das war keine angenehme Eröffnung, und die menschliche Natur sträubte sich zuerst dagegen. Es wäre viel erfreulicher gewesen, an eine uneigennützigere Zuneigung glauben zu dürfen – doch Edmunds Eitelkeit war nicht groß genug, um der Vernunft lange Widerstand zu leisten. Er mußte sich zu dem Glauben bequemen, daß Toms Krankheit sie beeinflußt hatte, und behielt sich nur den Trost vor, daß in Anbetracht so vieler Dinge, die ihrer ganzen Erziehung und Einstellung nach gegen ihn sprachen, ihre Zuneigung doch stärker gewesen war, als man hätte erwarten sollen, und daß sie um seinetwillen näher daran gewesen war, das Rechte zu tun. Fanny war genau der gleichen Meinung. Sie stimmten auch in der Überzeugung überein, daß diese Enttäuschung sich seinem Gemüt unauslöschlich und unveränderlich einprägen würde. Die Zeit würde seinen Schmerz zweifellos etwas lindern, aber gänzlich überwinden würde er ihn niemals im Leben; und daß er jemals wieder einer Frau begegnen könnte, die … Das war so völlig ausgeschlossen, daß man einen solchen Gedanken nur aussprechen konnte, um ihn mit Entrüstung von sich zu weisen. Nein, Fannys Freundschaft war alles, was ihm auf dieser Welt blieb.

48. Kapitel
    Mögen andere Federn bei Schuld und Jammer verweilen. Ich wende mich, so bald ich nur kann, von so widerwärtigen Themen ab, voller Ungeduld, jedermann, der nicht allzuschwer gesündigt hat, halbwegs glücklich werden zu lassen, und mit allen übrigen rasch fertig zu werden.
    Meine Fanny muß zu dieser Zeit, das sage ich mir mit großer Befriedigung, allem zum Trotz sehr glücklich gewesen sein. Ja, sie muß ein glückliches Geschöpf gewesen sein, so innig sie an dem Kummer der Menschen um sie herum teilnahm oder teilzunehmen glaubte. Sie hatte so viel Anlaß, sich zu freuen, daß die Freude sich nicht unterdrücken ließ. Sie war wieder in Mansfield Park, sie fühlte sich nützlich und geliebt; sie war vor Mr. Crawford sicher, und als Sir Thomas heimkehrte, bewies er ihr, soweit er in seiner bedrückten Stimmung dazu fähig war, auf jede Weise, daß er sie billigte und daß sie in seiner Achtung gestiegen war. Und so glücklich sie das alles auch machte, so wäre sie ohne jeden weiteren Grund schon deshalb glücklich gewesen, weil Edmund jetzt nicht mehr von Miss Crawford betört wurde.
    Es stimmt, daß Edmund selbst nichts weniger als glücklich war. Er litt an Enttäuschung und Liebeskummer, er grämte sich um alles, was gewesen war, und dachte voll Sehnsucht an das, was niemals sein konnte. Fanny wußte das, und er tat ihr leid. Doch diese Kränkung wurzelte in einer so tiefen Befriedigung und Erleichterung, sie stimmte so harmonisch mit ihren beglückendsten Empfindungen überein, daß wohl die meisten Menschen gern die größte Lustbarkeit gegen einen solchen Kummer eintauschen würden.
    Sir Thomas, der arme Sir Thomas, ein Vater, der sich bewußt war, seine Vaterpflichten schlecht erfüllt zu haben, litt wohl am längsten von allen. Er fühlte nun deutlich, daß er die Heirat seiner Tochter niemals hätte zulassen dürfen, daß er ihren damaligen Gemütszustand gut genug gekannt hatte, um durch sein Nichteingreifen selbst schuldig zu werden, daß er sein Rechtsgefühl dem äußerlichen Vorteil geopfert und sich von selbstsüchtigen, weltlichen Beweggründen hatte leiten lassen. Das waren Überlegungen, denen nur die Zeit ihren Stachel nehmen konnte. Doch die Zeit ist ein mächtiger Heilkünstler. Obwohl er in Marias Verhalten auch weiterhin wenig Trost für das von ihr verschuldete Unglück fand, erlebte er an seinen anderen Kindern bald größere Freude, als er erwartet hatte. Julias Heirat betrachtete er nun nicht mehr als eine so
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