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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einen Vorwurf machen, daß ich fleißig war?«
    Die Kriminalpolizei schloß darauf die Akten. Wegen Geringfügigkeit wurden die Nachforschungen eingestellt. Ehe man sich im Dschungel verirrt, kehrt man ihm lieber den Rücken.
    Zwei Jahre lebte die Familie Schütze mit zäher Arbeit und persönlicher Beschränkung. Der Verdienst wurde in Ware angelegt. Das war zwar auch strafbar und fiel unter den Begriff Hortung, aber da alles in diesen Jahren Sicherheiten sammelte für den in der Luft liegenden Tag X, stand auch die Familie Schütze nicht zurück und schloß sich der stillen Reservenhäufung an. Sogar Amelia stimmte dem jetzt zu. Sie war diejenige, die die Waren unauffällig auf das Land verlagerte.
    1948 kam mit der Währungsreform die große Stunde Heinrich Emanuels. Am 20.6.1948 wurde die Deutsche Mark geboren, brach der Schwarzmarkt zusammen, begann der Aufstieg Deutschlands aus dem Schlamm einer durchhungerten Nachkriegszeit.
    Am 21.6.1948, also einen Tag nach der harten Währung, bot Heinrich Emanuel den großen Kaufhäusern Frankfurts, Mainz', Wiesbadens und Kassels einen Posten neuer, bester Textilien an. Mäntel, Kleider, Schürzen, Meterware, Unterwäsche aus Interlok, Strümpfe, Baumwollgewebe, Schlafdecken aus Wolle.
    Am 23.6.1948 hatten die Einkäufer die Lieferverträge unterzeichnet. Am 24.6.1948 entkorkte Heinrich Emanuel eine Flasche Sekt, umarmte Amelia, Giselher, Uta und setzte sich den kleinen Fritz auf die Schulter.
    »Ich habe euch die Mitteilung zu machen«, sagte er äußerst feierlich, »daß wir heute Besitzer von baren 200.000 harten Deutschen Mark sind.«
    »Du bist ein Genie, Papa!« jubelte Uta.
    »Dann wird es dir nichts ausmachen, mir monatlich 50 DM mehr Taschengeld zu geben«, meinte Giselher bescheiden.
    »Und mein Pelzmantel ist auch fällig«, sagte Amelia glücklich.
    »Nichts von alledem.« Heinrich Emanuel griff in die Brusttasche, zog einen Plan heraus und entfaltete ihn. »Das ist an der Reihe. Unser neues Haus. Morgen kaufe ich das Grundstück. Noch Widersprüche?«
    »Wer könnte das, Papa?« Giselher lächelte und studierte den Grundriß. »Ob Regiment oder Familie … befehlen tut ja doch nur einer.«
    Am Sonntag fuhren sie alle hinaus in den Taunus. Bei Bad Soden lag das Grundstück, das Heinrich Emanuel ausgesucht hatte. Ein flacher Hang nach Süden, mit einem kleinen Bach, der gluckernd über die Steine sprang, mit einem weiten Blick in die Täler.
    »Ein Paradies«, sagte Amelia und faltete die Hände. Fritzchen lief bereits mit Steinen den Hang hinab und bewarf in der Nähe fressende Schafe. Als Giselher ihm eine Ohrfeige gab, brüllte er los und setzte sich ins hohe Gras.
    »Ruhe!« schrie Schütze. Sofort verstummte das Geschrei. Vom Beginn des Denkens ab hatte auch Fritzchen gelernt, daß gegen den väterlichen Befehl nicht aufzukommen war.
    »Wir werden einen Wagen kaufen«, verkündete Schütze. »Mit ihm fahren wir drei – Uta, Giselher und ich – jeden Tag in die Stadt. Wenn Giselher sein Physikum mit Erfolg besteht, bekommt er vielleicht einen eigenen, kleinen Wagen.«
    »Und ich?« rief Uta.
    »Du? Tja … für dich müssen wir einen Mann suchen.«
    »Heinrich.« Amelia schüttelte den Kopf, aber sie lächelte dabei. »Man kann nicht alles kommandieren. Gerade das nicht. Das solltest du am besten wissen.«
    Schütze schwieg. Fünfunddreißig Jahre verschwanden. Er sah Hauptmann Stroy, wie er sich um die kleine, süße Amelia v. Perritz bemühte und den lächerlichen Fähnrich Schütze wie eine Wanze betrachtete. Und trotzdem hatte Stroy nicht Amelias Herz zu sich kommandieren können. Trotz Kaisermanöver nicht und Riesenblamage des armseligen Fähnrichs.
    »Hier kommt die Terrasse hin«, erklärte er später. Amelia und Uta hielten den großen Bauplan, Giselher hatte Stöcke gesammelt und steckte die Grundrisse des Hauses ab. Provisorisch nur, die Maße abschreitend. Nur, um sich ein Bild zu machen. Wie alle zukünftigen Bauherrn fieberten sie vor Ungeduld. »Und hier das Wohnzimmer … acht Meter lang, Kinder … hier Arbeitszimmer, Schlafzimmer, für jeden eins, Küche, Bad, WC, Diele, ein Gastzimmer … Na, was sagt ihr nun?«
    Die Pflöcke staken. Amelia stand im ›Wohnzimmer‹ und sah sich um. Es kam ihr alles ziemlich klein vor. Nicht umbaut, sieht auch die Grundfläche eines Riesenhauses wie eine Hütte aus.
    »Reicht das?« fragte sie zaghaft.
    »170 qm Wohnfläche. Ich bitte dich.«
    »Das ist ein Palast!« rief Uta. Sie stand in ihrem
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