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Manner Lieben

Manner Lieben

Titel: Manner Lieben
Autoren: Hanna Julian
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Reporter nicht ausgeschlachtet haben, dass ich nicht zu meiner eigenen Vernissage erschienen bin."
    Chris lächelte verkniffen.
    „Aber das nutzt Ihnen doch gar nichts, denn alle anderen haben es getan."
    „Aber Sie nicht", erwiderte Marriott.
    Er trat zur Seite, um Chris einzulassen. Während dieser die Wohnung betrat, erklärte der Künstler: „Ich hatte Ihnen gesagt, dass es mir wichtig ist, dass Sie nicht darüber schreiben - und Sie haben es nicht getan. Dafür schulde ich Ihnen etwas." „Dann würde es mich freuen, wenn Sie mich nicht mehr hassen", erwiderte Chris unbeholfen, jedoch voller Hoffnung. Marriott wiegte unschlüssig den Kopf hin und her, was seinen verführerischen Hals betonte.
    „Es würde mir wirklich viel bedeuten", sagte Chris und fügte an: „Seit ich mich so unmöglich benommen habe, fühle ich mich wie ... Koyotenfutter."
    Ein Lächeln huschte über das Gesicht des anderen Mannes, sodass Chris den unbändigen Wunsch verspürte, ihn auf der Stelle küssen zu wollen. Er räusperte sich.
    „Sich wie Koyotenfutter fühlen — kommt mir bekannt vor", sagte Marriott und machte eine Geste zur Küche. „Kommen Sie, ich mache uns einen Kaffee." Chris war fasziniert davon, wie Marriott sich um Lockerheit bemühte.
    Während der Künstler mit dem Kaffeemehl hantierte, blickte Chris ins Wohnzimmer.
    „Darf ich Sie was fragen?", erkundigte er sich.
    Marriott hielt inne, sein Blick wurde finster. „Darf ich davon ausgehen, dass Sie nicht hergekommen sind, um Ihr Interview nun doch noch nachzuholen?" „Ich bin aus rein persönlichen Gründen hier." Die Augen des Malers waren immer noch kritisch auf ihn gerichtet. „Die Couch ... Sie ist rot", brachte Chris schließlich hervor und gratulierte sich selbst zu dieser trotteligen Feststellung.
    „Ja, die ist rot", gab Marriott mit spöttischem Unterton zurück. Chris strich sich abermals durchs Haar.
    „Sie haben ansonsten eine eher ... eintönigere Farbauswahl bei Ihrer Einrichtung getroffen."
    Marriott lachte plötzlich. Ein tiefes Lachen, das sehr sympathisch klang, obwohl Chris nicht sicher wusste, ob er gerade verhöhnt wurde.
    „Sie vermuten irgendeine künstlerische Inspiration dahinter, vermute ich mal. Ein Kontrast, der Ihnen in meinen Bildern fehlt. Irgendetwas muss es in Ihren Augen ja zu bedeuten haben, richtig?"
    Chris nickte kaum merklich.
    Marriott ließ ihn nicht aus dem Blick, als er antwortete: „Ich habe die Couch nicht selbst ausgesucht. Das war mein ExFreund. Er ließ sie hier, als er auszog."
    Chris spürte die Hitze, die Marriotts Erklärung ihm durch den gesamten Körper jagte. Es war überdeutlich, dass der Künstler sich ihm ganz bewusst gegenüber geoutet hatte, und nun fügte Marriott an: „Ich habe damals Ihren Bericht über den Bildhauer gelesen. Den, über den Sie rein zufällig herausgefunden hatten, dass er in schwulen Clubs verkehrt. So etwas findet man nicht heraus, wenn man sich nicht selbst dort herumtreibt. Ich bin zwar niemand, der gerne aus dem Haus geht, aber ganz weltfremd bin ich nicht, Christopher O'Gehry." Chris musste sich auf die Lippe beißen. Offensichtlich hatte Marriott die richtigen Schlüsse gezogen — Schlüsse, die manche seiner Kolleginnen offenbar nicht in Betracht ziehen wollten. Und noch etwas wurde Chris nun ganz deutlich. Marriott hatte ihn schon gekannt, bevor er bei ihm aufgetaucht war. Und nun forderte der andere ihn heraus — ein Geständnis, dass Marriott mit seiner Vermutung richtig lag.
    „Ja, ich verkehre selbst in diesen Kreisen. Und ... ich mag Ihre rote Couch."
    Marriott lachte in sich hinein. Ohne ein weiteres Wort goss er den Kaffee schließlich in zwei Tassen, stellte sie auf ein Tablett und ging damit — gefolgt von Chris — ins Wohnzimmer. Er stellte die Kaffeetassen auf den Tisch und setzte sich auf die Couch. Chris blieb unschlüssig stehen, denn außer dieser einen Sitzgelegenheit gab es keine weitere. Schließlich setzte er sich auf den Boden.
    Abermals lachte Marriott leise.
    „Ich habe selten Gäste", erklärte er dann und fügte an: „Ich glaube, Sie sind, außer meiner Freundin Mandy, der Erste seit zwei Jahren."
    „Das ist lange", erwiderte Chris und nippte von seinem heißen Kaffee.
    Marriott nickte. Seine Stimme war leise. „Ja, sehr lange. Und das Verrückte ist, dass ich es in dem Moment bedauerte, als Sie in meiner Wohnung standen. Ich fand es plötzlich gar nicht mehr so schlimm, mein Reich wieder zu teilen. Aber ...", er verstummte.
    Chris
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