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Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Walter Mosley
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benötigten Kontakte knüpfen können.«
    »Und das Geld, das vor dem Raubüberfall aus dem Tresor geräumt wurde?«, fragte ich.
    »Das hätte er mit Hilfe von Clay Thorn bewerkstelligen können«, sagte sie. »Das war lange vor den neuen Sicherheitsbestimmungen. Wenn Rutgers kurzfristige Sicherungen übernimmt, wird das Geld eingelagert und für Kreditvorschüsse verwendet.«
    »Wenn die beiden zusammengearbeitet haben, werden wir das herausfinden«, versicherte Kitteridge. Er war kein Mann von leeren Versprechen. »Kommen Sie heute Nachmittag in die Elizabeth Street?«
    »Morgen früh«, sagte ich. »Ich habe einen bedeutsamen Abend vor mir. Ich soll mit meinem Vater essen gehen.«
    Kit runzelte die Stirn. Er kannte meine Vergangenheit besser als irgendjemand außer Aura. Er betrachtete mich wie ein wilder Hund das Exkrement seiner Beute.
    »Um neun bin ich da«, sagte ich.
    Kit war nicht glücklich, aber weise genug, es auf sich beruhen zu lassen.
    »Neun«, sagte er, zeigte mit einem Finger auf mich und verließ den kalten sonnigen Raum. Antoinette und ich blieben allein zurück.
    »Das haben Sie aber verdammt knapp kalkuliert, oder nicht?«, fragte sie.
    »Das dachte ich auch gerade, als Ihr Chef hereinkam.«
    »Sollen wir uns setzen?«

56
    Ich spürte eine geradezu elektrisch aufgeladene Spannung auf Antoinettes Seite, als wir uns gegenübersaßen. An der Art, wie sie mich ansah, merkte ich, dass ich irgendeinen unbewussten Test bestanden hatte, den ihr Es jedem schwarzen Mann auferlegte.
    Ich bin ein New Yorker des 21. Jahrhunderts und hatte deshalb wenig Zeit, über Rasse nachzudenken. Nicht, dass es keinen Rassismus gab. Viele Menschen in New York und sonst wo hassen andere Menschen aufgrund ihrer Farbe und ihres Geschlechts, ihrer Religion und ihrer nationalen Herkunft. Es ist nur so, dass ich mir über diese Dinge nur selten Gedanken mache, weil es hinter dem ganzen Unsinn eine reale Welt gibt – eine Welt, die praktisch jeden Moment eines jeden Tages meine volle Aufmerksamkeit verlangt.
    Rassismus ist ein Luxus in einer Welt, in der Ressourcen knapp sind, der ökonomische Wettbewerb eine Waffensportart geworden ist und sogar das Klima sich gegen uns verschworen hat. In einer solchen Arena ist Rassismus eher eine Unterhaltungseinlage in der Halbzeitpause, eine Lieblingssitcom, wenn der Tag geschafft ist. Trotz alldem war Antoinette eine Rassistin. Sie hasste ihre eigenen Leute, weil sie sie nicht als die wahrnahmen, die sie war. Sie hatte sich von schwarzen Männern betrogen gefühlt, und dann kam ich daher. Ich weckte ein Kribbeln in ihrem Herzen und vielleicht auch in ihrem Unterleib. Das war alles gut und schön, sie war eineattraktive, mutige und intelligente Frau, doch ich war abgelenkt von einem so tiefen Schmerz, dass ich kaum wusste, ob es allein meiner war.
    »Warum haben Sie die Bullen und mich erst im letzten Moment angerufen?«, fragte sie mit einer eigenartigen Freundlichkeit.
    »Ich hab Sie sofort verständigt, nachdem Alton mich angerufen hatte.«
    »Sie haben ihm nicht geglaubt?«
    »Er kam mir nicht vor wie der Typ, der spontane Entscheidungen trifft«, sagte ich. »Er würde einen Vizepräsidenten wie Brighton nie verraten, wenn ihm die Sache nicht todsicher erscheint. Ich dachte, entweder arbeiten die beiden zusammen, oder Alton war Johanns Trottel.«
    »Sie haben sich geirrt.«
    »Ja. Das habe ich, und es wird wieder passieren. Ich hab fast mein ganzes Leben lang auf der Strafbank gesessen, aber das heißt nicht, dass ich nicht mehr im Spiel bin.«
    Antoinette Lowry lächelte. Ich glaube, sie war sich dessen selbst nicht bewusst. Ihr ganzes Leben lang hatte sie einen Mann wie mich gesucht. Auch das hatte sie nicht gewusst.
    »Ich bin bereit, Ihren Namen anzugeben, wenn es um die Belohnung geht«, sagte sie, eine Königin, die ihren Thron einem ungestümen Barbaren auf Eroberungszug darbot.
    »Sechshundertfünfzehntausend«, sagte ich.
    »Falls wir nicht noch mehr finden.«
    »Bestimmt nicht. Nichts, was sich beweisen ließe.«
    »Wie können Sie sich da so sicher sein?«
    »Alton hat wahrscheinlich zwanzig Jahre lang an dem Plan gearbeitet. Ich wette, Sie werden herausfinden, dass es auch fingierte Verbindungen zwischen Harlow und Brighton gibt, vielleicht ein Nummernkonto. Sie werden keine Verbindung zu Plimpton nachweisen können. Er wollte genug Staub aufwirbeln, um in dem Sandsturm zu entkommen. Wenn Zella nicht aus dem Gefängnis entlassen worden wäre und die Polizei den
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