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Man muss das Kind im Dorf lassen: Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land (German Edition)

Man muss das Kind im Dorf lassen: Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land (German Edition)

Titel: Man muss das Kind im Dorf lassen: Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land (German Edition)
Autoren: Monika Gruber
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auch wenn die Drehtage immer recht lang und anstrengend waren. Wir arbeiteten mit dem kleinstmöglichen Aufwand und einem minimalen Team: Wir schrieben alle Sketche selbst, Helmut inszenierte und machte Kamera, wir hatten einen Kollegen für Licht und einen für Ton am Set, Helmuts Assistentin Tanja war gleichzeitig für Script und Continuity zuständig, und die unersetzliche Mel(anie) Graf, ein original Allgäuer Gewächs und inzwischen fester Bestandteil des Grünwald-Freitagscomedy-Teams, war Mädchen für alles: Setaufnahmeleiterin, Kameraassi, Location Scout und Fahrerin. In Petras Keller war der Kostümfundus und ein langer Tisch für die beiden Maskenbildner eingerichtet, im Erdgeschoss war der Mittelpunkt fürs Catering, denn Petra kochte jeden Tag für die äußerst verfressene Crew, und der Rest des Hauses – Schlaf- und Kinderzimmer inklusive – musste uns teilweise als Set zur Verfügung stehen.
    Wir vom Team wohnten in einem Familienhotel eine Minute von Petras Haus entfernt, aber trotzdem hingen wir auch in jeder freien Minute bei ihr in Küche, Wohnzimmer und Garten herum, weil wir uns dort so wohl fühlten. Wir belagerten das Haus regelrecht über eine Woche lang, doch was für jede andere Familie der fleischgewordene Horror gewesen wäre, war für Petra und ihren Mann Armin kein Problem. Im Gegenteil: Wie immer hatte eines der Mädel ihre Tage? Petra stand mit Buscopan, einem heißen Tee und tröstenden Worten zur Seite. Irgendwer im Team war gerade frisch verliebt oder frisch getrennt oder stand gerade vor der Trennung? Kein Thema: Petra und Armin plünderten den privaten Weinkeller, hörten sich geduldig alle noch so unwichtigen Details an, gaben Ratschläge, trockneten Tränen und hatten nichts dagegen, dass man abends stundenlang das häusliche Festnetz blockierte, denn Handys waren damals noch die Ausnahme. Am nächsten Morgen stellte immer irgendwer fest, dass eines von den fünf Gläsern Rotwein schlecht gewesen sein musste? Egal: Petra hatte immer so viel Aspirin in ihrer Küche, dass sie selbst Charlie Sheen bis an sein Lebensende damit hätte versorgen können. Es stand ein Drehtag in sommerlicher Gluthitze bevor? Keine Panik: Petra reichte bereits zum morgendlichen Cappuccino Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50. Irgendetwas am Set musste in letzter Minute noch geklebt, gedübelt oder geschraubt werden? Kein Problem: Armins Werkstatt gab alles her, sodass er eigentlich den Titel »Bob, der Baumeister« verdient hätte.
    Einmal durfte sogar Petras jüngste Tochter Carolin in einem Sketch in einer Sprechrolle mitspielen und bekam natürlich eine offizielle Gage für ihren Auftritt. Ich glaube, es waren damals fünfzig Mark, und Carolin war ganz stolz auf ihr erstes selbst verdientes Geld. Und sie erzählte ihrer Schwester Isabell davon, während sie beide unter den Schminktischen im Keller saßen, wo Eva und ich gerade als Nutte, Rotkäppchen oder böse Nachbarin gestylt wurden, so genau weiß ich es nicht mehr. Aber ich weiß noch sehr genau, wie wir plötzlich Isabell zur kleinen Carolin sagen hörten: »Du, fünfzig Mark, das ist nicht schlecht, aber wenn du mich deine Agentin sein lässt, dann hol ich mehr für dich raus!«
    Tja, drei Tage im Ellerschen Einfamilienhaus und das oberflächliche Filmgeschäft hatte bereits deutliche Spuren hinterlassen.
    Als wir wieder zurück in München waren, fragte mich Günter Grünwald während eines Studiodrehs, warum ich denn kein eigenes Soloprogramm schreiben würde. Ich antwortete ihm: »Ich weiß doch gar nicht, ob ich das kann.«
    Er meinte nur: »Aber wieso nicht, du schreibst ja jetzt auch schon dein eigenes Zeug.«
    Ich dachte noch: Da hat er eigentlich recht. Aber ein ganzes Programm? Allein vor Publikum? »Wer sollte da kommen?«, fragte ich ihn.
    »Ich komme«, antwortete er. »Ich komme, sitze in der ersten Reihe, und ich verspreche, ich werde auch lachen.«
    Und so kam es. Ich fing an zu schreiben, und noch bevor ich mein Programm fertig hatte, fragte ich Georg Maier, ob er mir den Iberl-Saal an einem spielfreien Tag für meine Premiere zur Verfügung stellen würde. Würde er. Also lud ich Freunde, Bekannte, Familie und Kollegen ein. Und alle kamen. Und in der ersten Reihe saßen Günter Grünwald, Eva Mähl und Helmut Milz, der Mann, dem ich meinen ersten Drehtag im Fernsehen verdanke und der seitdem alle meine Solo-Programme fürs Bayerische Fernsehen aufgezeichnet hat.
    Was für ein wunderbarer, anstrengender, launischer,
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