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Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)

Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)

Titel: Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)
Autoren: René Grandjean
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Richtung Bärengehege.
    Ich bleibe zurück, setze mir die Kopfhörer auf die Ohren und drücke auf Play. Bandrauschen. Rauschen. Rauschen.
    We build this city.
    Ich senke den Kopf. Mein Blick wird lauernd.
    We build this city on rock and roll.
    Ich scharre mit dem Fuß wie ein wilder Stier.
    We build this city.
    Ich schnaufe wie eine Lokomotive.
    We build this city on rock and roll.
    Mein Puls beschleunigt, mein Atem geht keuchend.
    Klaus schaut über die Schulter, stupst Martin an.
    Ich bemerke eine innere Barriere. Houston, wir haben ein Problem! Die Mauer muss weg! Mach die Handbremse los, Nori. Tritt aufs Gas! Volle Pulle durchtreten! Abdrehen! Leinen los! Trommelwirbel. Adrenalinschub. Beat. Die Band setzt ein.
    Und dann schieße ich mich selbst aus der Kanone!
    Das ist Kino, hier ist Bomont. Ich bin
Ren MacCormack
und wir sind
Footloose
. Mein Kopf zuckt rhythmisch wie unter Stromschlägen. Ich tänzle vorwärts, streife mir die Jeansjacke ab und wirble sie über dem Kopf wie eine erbeutete Flagge. Klaus und Martin feuern mich an. Die 8a wird aufmerksam. Eine Gasse bildet sich für mich. Drei schnelle Schritte, und ich rutsche auf den Knien mitten hinein. Staub wirbelt auf. Ich werfe den Kopf in den Nacken, und mein rechter Arm bearbeitet kreiselnd meine Luftgitarre. Bettina und Silvia kreischen und klatschen in die Hände. Ich springe auf, lass die Hüfte kreisen. Meine Beine zucken, sie sind aus Gummi. Jörg stellt sich mir in den Weg. Ich tanze ihn einfach nieder. Ich schleudere die Jacke weg und schmeiße mich rückwärts gegen einen Baumstamm. Wie unter Maschinengewehreinschlägen vibriert mein Körper. Um mich herum lachende Gesichter.
    We just want to dance here
    someone stole the stage
    they call us irresponsible
    write us off the page.
    Ich tanze schlecht, ich singe schlecht und es ist mein gottverdammtes Recht! Ich bin ein kleiner Junge, der sich wie ein kleiner Junge aufführt, und es fühlt sich unvorstellbar gut an. Mit gespielter Erschöpfung stütze ich mich mit ausgestreckten Armen auf ein Geländer, schaue zu Boden, atme schwer. Und mit dem letzten Takt des Liedes stoße ich mich nach hinten und falle wie tot in den Staub.
    Applaus. Ich stehe auf und verbeuge mich tief. Autogramme gibt’s später. Was ist bloß los mit mir?
     
    Wir sitzen am Tisch vor der Imbissbude des Zoos. Es ist heiß. Heiner lutscht den Ketchup von seiner Currywurst, tunkt das Stück wieder ein, um es endlich für immer in seinem Mund verschwinden zu lassen. Dabei redet er ohne Punkt und Komma auf mich ein. Klar, ich mag Comics. Aber ich mag auch, wenn man mal die Klappe hält.
Und ich weiß nicht, ob Rocky Balboa den unglaublichen Hulk fertigmachen könnte, wenn Rocky auch Superkräfte hätte. Echt, keine Ahnung
.
    Mir gegenüber sitzen Thomas und Claudia. Sie füttern sich gegenseitig mit Pommes, wie nur Verliebte es können. Natürlich teilen sie sich eine Portion. Nachher ist keiner satt. Vor Kopf sitzt Martin, der den Stuhl beansprucht hat, weil er angeblich hier Platz für seine Krücken hat. Schon klar. Der Stuhl ihm gegenüber ist leer.
    Bettina sitzt mit Klaus bei den Langweilern. Jörg hat sich zum Rauchen verdrückt.
    Ich esse nichts, weil in meinem Portemonnaie kein Geld war. Claudia schafft es, ihren verzückten Blick von Thomas loszureißen.
    „ Am Wochenende sind meine Eltern nicht da“, sagt sie zu niemand Bestimmtem.
    Schon schiebt Thomas ihr das nächste Kartoffelstäbchen zwischen die Lippen. Heiner hält endlich die Klappe.
    „ Fete?“, fragt Martin. Wie er das sagt. Als würden wir das jedes Wochenende machen. Keiner von uns war jemals auf einer Fete.
    „ Wir könnten in den leeren Büros feiern“, fährt Claudia fort. Nur ich weiß, dass wir das wirklich tun werden.
    „ Cool“, finde ich. Muss ja auch mal was sagen. „Ich kann Platten mitbringen“, schlage ich vor. Niemand widerspricht. Meine Platten, mein Abend!
    „ Und ich was zu trinken“, meint Thomas. „Wir haben soviel im Keller, da kann ich was abzweigen. Merkt keiner.“
    Ich schmunzle. Weiß ich doch, dass diese freie Verfügbarkeit bei Thomas’ großem Bruder in Kürze zu einem schweren Alkoholproblem führen wird. Aber ich kann mich schließlich nicht um alles kümmern.
    „ Wir können Luftschlangen aufhängen. Luftballons“, ereifert sich Heiner. Martin gibt ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.
    „ Wie alt bist du? Fünf oder was?“
    Wieso ist Martin eigentlich so ein Arsch? Ich glaube plötzlich zu wissen, warum. Weil
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