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Make it count - Gefühlsbeben (German Edition)

Make it count - Gefühlsbeben (German Edition)

Titel: Make it count - Gefühlsbeben (German Edition)
Autoren: Carrie Price
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Hand an meine Wange gelegt hat. Seine Nähe.
    „Ach, das war nur eine kleine Rangelei. Du solltest mal den anderen sehen.“
    Damit zwinkere ich ihr frech zu und verschwinde ins Bad, wo ich schnell die Tür schließe und erst mal durchatme. Die kleine Schramme an meiner Schulter ist eine schmerzhafte Erinnerung an das, was passiert ist. Sie ist nichts im Vergleich zu der Schramme auf meiner Seele, in meiner Erinnerung. Ich starre in den Spiegel. Würde er mich überhaupt wieder erkennen? Mit meinen streichholzkurzen Haaren? Die ich mir damals abgeschnitten habe und seitdem immer auf genau dieser Länge halte. Aber ja, er würde mich erkennen, weil ich vielleicht mein Aussehen drastisch verändert habe – aber nur ein Blick und er würde sehen, dass ich noch immer das gleiche Mädchen bin, das damals in Oceanside vom dicken Ast des großen Baumes in den Fluss gesprungen ist. Ich bin noch immer die Lynn, die beim Angeln zu schnell die Geduld verloren hat, und die Angst vor dem Keller hat. Selbst wenn ich mir eine Glatze rasieren und mir ein Piercing durch meine Nase jagen würde, es würde nie die Person verändern, die sich hinter der harten Schale verstecken will. Zum Glück kann das hier niemand sehen, weil niemand hier weiß, wie ich früher war. Oder wieso ich mich verwandeln musste. Entschlossen drehe ich das Wasser der Dusche auf und ziehe das T-Shirt aus, stopfe es in den Wäschesack und befreie mich aus dem BH. Wieso mir ausgerechnet jetzt Jareds Berührungen wieder einfallen und ganz andere, sehr ablenkende Gedanken mit sich bringen, kann ich nicht verstehen. Sicher, Jared Parker ist der Typ Mann, auf den so viele Frauen hier auf dem Campus stehen. Aber nur die wenigsten hätten auch den Mut, sich das einzugestehen oder ihn anzusprechen, denn Jared gilt als explosiv und man weiß nie, wann er das nächste Mal in die Luft geht. Er ist ein paar Jahre älter als ich. Durch seine Jobs als Barkeeper und Rausschmeißer im Red Lion Pub sorgt er nicht nur für die besten Cocktails in der ganzen Stadt, sondern auch für eine entspannte Atmosphäre. Wenn es an den Billardtischen zum Streit kommt – und das passiert ganz gerne mal –, greift er ein und befördert die Streithähne mit sicheren Handgriffen zur Tür. Nein, mit ihm will sich sicher keiner anlegen. Nicht selten enden solche Zwischenfälle mit blutigen Nasen, aber nie ist es Jared, der blutet. Es lässt meine Gedanken eine Runde Achterbahn fahren, ihn heute von einer anderen Seite zu erleben. Viele Frauen würden sich dennoch gerne seine Hände auf ihrem Körper vorstellen wollen. Ich gehöre nicht dazu. Zumindest versuche ich, mir das immer wieder erfolglos einzureden, denn gerade draußen auf dem Flur, da wäre meine Standhaftigkeit fast gestolpert. Während ich die Jeans und meinen Slip ausziehe und endlich unter den erlösenden Wasserstrahl steige, schiebe ich alle Gedanken an Jared von mir. Hier gibt es nur mich und das Wasser, das alle Erinnerungen an den heutigen Abend von meinem Körper spült.
     
     
    Auf Claire ist eben Verlass. Obwohl ich ihr gestern nur sehr vage Häppchen hingeworfen habe, scheint das ausreichend gewesen zu sein, um ihre Fantasie in andere Sphären zu heben. Als ich am nächsten Morgen über die Gänge des Colleges marschiere, bemerke ich die Blicke der anderen. Noch bevor ich den Vorlesungssaal erreiche, habe ich bereits vier verschiedene Gerüchte über mich gehört. Die Tatsache, dass man diese sogar mir erzählt, lässt mich erahnen, dass viele nicht mal wissen, wer ich überhaupt bin.
    Version 1: Ich war in eine fiese Schlägerei verwickelt.
    Version 2: Ich bin dem sexuellen Übergriff eines betrunkenen Professors nur knapp und mit Gegenwehr entkommen.
    Version 3: Beim Versuch eines Tankstellenüberfalls wurde ich vom Besitzer angeschossen.
    Version 4: Ich habe mich einem Sonderkommando der Navy Seals angeschlossen und fluchtartig die Stadt oder sogar das Land verlassen.
    Mit jeder neuen Geschichte wurden die angeblichen Geschehnisse absurder und verrückter. So läuft das eben. Jemand hat von jemandem gehört, dass jemand gehört hat, wie jemand gehört hat, dass ich jemandem die Geschichte genau so erzählt habe … Mich juckt das alles reichlich wenig, weil ich genau weiß, was die Wahrheit ist. Aber je mehr falsche Gerüchte kursieren, desto weniger Menschen wissen, wie es wirklich in mir aussieht.
    Heute ist mir nicht nach einer weiteren Vorlesung über die Literatur des siebzehnten Jahrhunderts. Mir ist auch nicht
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