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Maigret und das Verbrechen in Holland

Maigret und das Verbrechen in Holland

Titel: Maigret und das Verbrechen in Holland
Autoren: Georges Simenon
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seine Mütze, die in der Badewanne gefunden wurde. Das einzige Problem ist, daß er nur Pfeife raucht … Aber er muß ja nicht unbedingt allein gewesen sein …«
    »Ist das alles?«
    »Nein! Monsieur Popinga, der überall Beziehungen hat oder vielmehr hatte, wurde vor zwei Wochen zum Vizekonsul von Finnland in Delfzijl ernannt …«
    Der hagere, blonde junge Mann schnaufte vor G e nugtuung.
    »Wo war sein Schiff in der Nacht, als der Mord g e schah?«
    Es hörte sich beinahe wie ein Aufschrei an:
    »In Delfzijl! … Am Kai! … In der Nähe der Schleuse! Das heißt fünfhundert Meter vom Haus entfernt.«
    Maigret stopfte seine Pfeife, ging im Büro auf und ab, blickte gelangweilt auf die Berichte, von denen er kein Sterbenswörtchen verstand.
    »Haben Sie nichts anderes herausgefunden?« fragte er plötzlich und bohrte seine Hände in die Taschen.
    Es überraschte ihn kaum, als er sah, wie der Polizeib e amte rot wurde.
    »Wissen Sie schon …?«
    Er fing sich wieder:
    »Stimmt, Sie haben ja den ganzen Nachmittag in Delfzijl zugebracht … Französische Methode!«
    Er redete verlegen.
    »Ich weiß noch nicht, was diese Aussage wert ist … Es war am vierten Tag … Madame Popinga war hier … Sie hat mir gesagt, daß sie den Pastor um Rat gefragt hat, ob sie reden soll. Kennen Sie das Haus? … Noch nicht? … Ich kann Ihnen einen Plan davon geben.«
    »Danke! Ich habe einen!« sagte der Kommissar und zog ihn aus der Tasche.
    Verblüfft redete der andere weiter:
    »Sehen Sie das Schlafzimmer der Popingas? … Vom Fenster aus kann man nur ein kleines Stück von der Straße sehen, die zum Hof führt. Genau das Stück, das alle fünfzehn Sekunden vom Leuchtturm angestrahlt wird.«
    »Und Madame Popinga beobachtete eifersüchtig i h ren Mann?«
    »Sie schaute … Sie sah die beiden Radfahrer, die zum Hof fuhren. Dann ihren Mann, als er zurückkam. Dann, kurze Zeit später, hundert Meter dahinter, Beetje Liewens …«
    »Anders ausgedrückt, nachdem Conrad Popinga Beetje nach Hause gebracht hatte, kam sie ganz allein zum Haus der Popingas zurückgefahren. Was sagt sie dazu?«
    »Wer?«
    »Das Mädchen.«
    »Bis jetzt nichts. Ich wollte sie nicht gleich verne h men, denn das ist ziemlich schwerwiegend. Und Sie h a ben das Wort schon ausgesprochen: Eifersucht! Verst e hen Sie? … Monsieur Liewens ist Mitglied des Stadtrats …«
    »Wann ist Cor auf das Schulschiff zurückgekehrt?«
    »Das wissen wir. Fünf Minuten nach Mitternacht.«
    »Und wann wurde der Schuß abgegeben?«
    »Fünf Minuten vor Mitternacht. Doch da sind die Zigarre und die Mütze …«
    »Hat er ein Fahrrad?«
    »Ja. Jeder fährt hier mit dem Fahrrad. Das ist pra k tisch. Ich selbst … Aber an jenem Abend hatte er es nicht dabei.«
    »Wurde der Revolver untersucht?«
    »Ja! Es ist der Revolver von Conrad Popinga. Seine Dienstpistole. Er war mit sechs Kugeln geladen und lag immer im Nachttisch.«
    »Aus wieviel Metern Entfernung wurde geschossen?«
    »Ungefähr aus sechs. Das ist die Entfernung vom B a dezimmerfenster aus. Es ist auch die Entfernung vom Zimmer von Monsieur Duclos aus. Und vielleicht wu r de der Schuß gar nicht von oben abgefeuert. Man weiß es nicht, denn vielleicht hat sich der Lehrer, als er sein Rad unterstellte, gerade gebückt. Doch da ist die Mütze und die Zigarre … Vergessen Sie das nicht!«
    »Zum Teufel mit der Zigarre«, brummte Maigret zw i schen den Zähnen.
    Und laut:
    »Weiß Mademoiselle Any von der Aussage ihrer Schwester?«
    »Ja.«
    »Was sagt sie dazu?«
    »Sie sagt nichts! Sie ist ein sehr gebildetes Mädchen und redet nicht viel. Sie ist nicht wie die anderen Mä d chen.«
    »Ist sie häßlich?«
    Ganz eindeutig hatte jede Zwischenfrage Maigrets die Eigenschaft, den Holländer zusammenzucken zu lassen.
    »Nicht gerade hübsch!«
    »Gut! Also ist sie häßlich. Und Sie sagten, daß …?«
    »… sie den Mörder finden will. Sie bemüht sich. Sie hat darum gebeten, die Berichte lesen zu dürfen.«
    Es war reiner Zufall. Ein junges Mädchen kam he r ein, eine Aktenmappe unter dem Arm, und war so streng gekleidet, daß es beinahe geschmacklos aussah.
    Sie ging direkt auf den Polizeibeamten aus Groningen zu. Ohne den Fremden zu bemerken – vielleicht übersah sie ihn auch absichtlich –, fing sie an, in ihrer Mutte r sprache zu reden.
    Der andere errötete, trat von einem Bein auf das a n dere, blätterte in Papieren, um Haltung zu bewahren, deutete mit dem Blick auf Maigret. Aber sie wollte von diesem keine Notiz
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